Der Bundesrat hebt die Corona-Schutzmassnahmen weitgehend auf. Ab Donnerstag gibt es keine Zertifikats- und keine Maskenpflicht mehr in Läden, Restaurants und Kulturbetrieben. Die Maskenpflicht im ÖV und die fünftägige Isolation für Infizierte bleiben.
Sehen Sie sich die Medienkonferenz des Bundesrats hier an:
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Ab Donnerstag sind Läden, Restaurants, Kulturbetriebe und öffentlich zugängliche Einrichtungen sowie Veranstaltungen wieder ohne Maske und Zertifikat zugänglich, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Aufgehoben werden auch die Maskenpflicht am Arbeitsplatz, die Homeoffice-Empfehlung, die Bewilligungspflicht für Grossveranstaltungen und die Einschränkungen für private Treffen.
Überlastung des Gesundheitssystems «unwahrscheinlich»
Beibehalten werden einzig die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen. Und positiv Getestete müssen sich bis Ende März weiterhin für fünf Tage isolieren. Damit hebt der Bundesrat praktisch alle bisher geltenden Corona-Massnahmen in einem Schritt auf.
Welche Massnahmen fallen weg, welche bleiben?
Eine Übersicht:
Diese Massnahmen fallen weg:
ZERTIFIKATSPFLICHT: In Restaurants, Betrieben wie Kinos und Theater und an Veranstaltungen wird die Zertifikatspflicht aufgehoben. Nur in der Schweiz gültige Zertifikate, zum Beispiel für weder Genesene noch Geimpfte, die Antikörper im Blut nachweisen können, werden nicht mehr ausgestellt.
MASKENPFLICHT: Die Masken dürfen an vielen Orten fallen: In Läden, Restaurants, Betrieben wie Kinos und Theater und an Veranstaltungen wird die Maskentragpflicht aufgehoben.
GROSSANLÄSSE: Die Bewilligungspflicht für Grossanlässe wird aufgehoben.
PRIVATE TREFFEN: Für private Treffen gelten keine Auflagen und maximale Teilnehmerzahlen mehr.
TESTS: Generelle repetitive Tests in Betrieben werden nicht mehr empfohlen und auch nicht mehr vom Bund bezahlt. Regelmässige Reihen-Tests werden nur für Gesundheitseinrichtungen, sozialmedizinische Einrichtungen und für vom Kanton definierte Unternehmen finanziert, die zur kritischen Infrastruktur gehören.
ARBEITSPLATZ: Die Homeoffice-Empfehlung wird aufgehoben. Die Arbeitgeber bleiben aber verantwortlich für den Schutz ihrer Belegschaft, so wie es das Arbeitsgesetz vorsieht. Sie entscheiden, ob weiterhin zuhause gearbeitet wird und ob am Arbeitsplatz Masken getragen werden müssen. Die Schutzbestimmungen für besonders Gefährdete am Arbeitsplatz gelten noch bis Ende März.
ERWERBSAUSFALL: Ab Donnerstag kann kein Erwerbsausfall mehr geltend gemacht werden wegen Betriebsschliessungen, Veranstaltungsverboten, eingeschränkter Erwerbstätigkeit oder weggefallener Fremdbetreuung von Kindern. Die weitgehende Aufhebung dieser Hilfen dürfte zu Minderausgaben von mehreren hundert Millionen Franken führen.
KAPAZITÄTSBESCHRÄNKUNGEN: Die freiwilligen Kapazitätsbeschränkungen in Läden und auch in Seilbahngondeln werden aufgehoben.
LANDESGRENZEN: Die grenzsanitarischen Massnahmen bei der Einreise in die Schweiz entfallen. Es muss weder eine Impfung, eine Genesung noch ein negativer Test nachgewiesen werden, auch das Einreiseformular muss nicht mehr ausgefüllt werden.
Was noch bleibt:
BESONDERE LAGE: Der Bundesrat behält die besondere Lage gemäss Epidemiengesetz bis Ende März bei. Die entsprechende Verordnung regelt die noch verbleibenden Schutzmassnahmen - die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und Gesundheitseinrichtungen und die Isolationspflicht für Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet worden sind.
MASKENPFLICHT: In öffentlichen Verkehrsbetrieben und in Gesundheitseinrichtungen - Ausnahme sind Bewohner von Alters- und Pflegeheimen - gilt bis Ende März eine Maskentragpflicht. Die Kantone können strengere Bestimmungen und auch Ausnahmen für Gesundheitseinrichtungen erlassen. Auch Betriebe können Masken vorschreiben, etwa Arztpraxen oder Coiffeursalons.
TESTS: Für Schulen werden repetitive Tests bis Ende März empfohlen und vom Bund finanziert. Grund ist, dass das Coronavirus unter den Jüngsten weiterhin stark zirkuliert. Einzelne Antigentests werden weiterhin bezahlt. Für PCR-Tests werden die Kosten übernommen für Personen mit Symptomen und enge Kontaktpersonen von positiv getesteten Personen.
ERWERBSAUSFALL: Wer im Veranstaltungsbereich tätig ist und in der Erwerbstätigkeit wegen Schutzmassnahmen massgeblich eingeschränkt ist, kann noch bis Ende Juni Erwerbsausfall beantragen. Dasselbe gilt bis Ende März für Menschen, die wegen Schutzbedürftigkeit ihre Erwerbsarbeit unterbrechen müssen.
ZERTIFIKATE: EU-kompatible Zertifikate für Reisen werden in der Schweiz weiterhin ausgestellt. Auch die Kantone können weiterhin Zertifikate vorschreiben.
ARZNEIMITTEL: Der Bund übernimmt vorerst die Finanzierung bestimmter neuer Arzneimittel, die bei Covid-Patienten mit einem Risiko für einen schweren Verlauf gebraucht werden.
TASK FORCE: Das Beratungsmandat der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes endet - auf deren Wunsch - vorzeitig Ende März anstatt wie geplant erst Ende Mai. Die Science Taskforce steht dem Bund seit dem Frühjahr unentgeltlich zur Verfügung.
Die epidemiologische Lage entwickele sich weiter positiv, begründete der Bundesrat in einer Mitteilung seinen Entscheid. Dank der hohen Immunität in der Bevölkerung sei eine Überlastung des Gesundheitssystems trotz der weiterhin hohen Viruszirkulation unwahrscheinlich.
Maskenpflicht im ÖV bis Ende März
Der Entscheid hat sich auch aufgrund der Antworten der Kantone auf die vom Bundesrat in Konsultation geschickten Vorschläge abgezeichnet. Die Mehrheit der Kantone wollte grundsätzlich eine Aufhebung der Corona-Massnahmen in einem Schritt. Uneins waren die Kantonsregierungen in der Frage, ob und - wenn ja - wo und für wie lange weiterhin eine Maskentragpflicht gelten soll.
Die Viruszirkulation sei noch immer sehr hoch und das Virus könne nach wie vor schwere Verläufe verursachen, hält der Bundesrat fest. Er hat deshalb die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr sowie in Gesundheitseinrichtungen aufrechterhalten. Ausgenommen sind die Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen.
Zudem steht es den Kantonen frei, strengere Schutzmassnahmen anzuordnen oder bestimmte Einrichtungen von der Maskenpflicht auszunehmen. So könnten Kantone etwa die Zertifikatspflicht beibehalten. Möglich ist auch, dass einzelne Betriebe wie eine Hausarztpraxis oder ein Coiffeursalon Masken vorschreiben.
Die eingeschränkte Maskenpflicht gilt voraussichtlich bis Ende März. Der Bundesrat behält sich vor, die Massnahme «je nach Viruszirkulation» früher aufzuheben.
«Normale Lage» ab 1. April
Die Aufhebung praktisch aller Corona-Massnahmen ist nicht gleichbedeutend mit der Rückkehr von der «besonderen» in die «normale Lage» gemäss Epidemiengesetz. Wenn sich die epidemiologische Lage «wie erwartet» entwickelt, plant der Bundesrat jedoch die Covid-19-Verordnung auf den 1. April ausser Kraft zu setzen und in die «normale Lage» zurückzukehren.
In dieser würden die Kantone in den allermeisten Punkten das Zepter wieder übernehmen. Weiterhin in Kraft bleiben die Regelungen im Rahmen der Bundeskompetenzen wie etwa zum internationalen Personenverkehr und zur Kostenübernahme von Medikamenten. Gültig bleiben auch die Regelungen zum Zertifikat oder zur Kostenübernahme von Tests. Für die Bevölkerung hätte der Entscheid vor allem symbolischen Charakter.
Weiterhin ausgestellt werden Covid-Zertifikate, die von der EU anerkannt sind. Diese können etwa für die Einreise in andere Länder genutzt werden, welche die Zertifikatspflicht noch vorschreiben oder für gewisse Bereiche im Inland. Nicht mehr erhältlich ist das Schweizer Covid-Zertifikat, das nur in der Schweiz gültig war.
Günstige Entwicklung der Richtwerte
Der Bundesrat hatte Anfang Februar mehrere Voraussetzungen formuliert, damit eine Lockerung infrage kommt. Die Omikron-Welle müsse ihren Zenit überschritten haben, die Immunisierung der Bevölkerung genug hoch sein und die Zahl der Ansteckungen und der Spitaleinweisungen abnehmen.
Zwar sind die täglich gemeldeten Fallzahlen noch immer hoch, sie sinken jedoch seit einiger Zeit. Im Wochenvergleich gingen die Fälle um einen Viertel zurück. Ausschlaggebend sind für den Bundesrat insbesondere die Spitalbelegungen. Auch diese nahmen in den vergangenen Tagen weiter ab - in Intensivpflege befinden sich seit längerem weniger als 200 Covid-19-Patienten.
Auch andere Länder sind am Lockern
Andere europäische Länder haben in den vergangenen Tagen ihren Ausstieg aus den Corona-Massnahmen beschlossen respektive einen solchen angekündigt. Von einem Schweizer Alleingang ist dieses Mal also keine Rede.
Wie andere Länder lockern, erfahren Sie hier.
Verschiedene Epidemiologen warnten in den vergangenen Wochen indes vor einem Trugschluss: Das Ausrufen der Normalität heisse nicht, dass das Coronavirus einfach verschwinde. Es gehe nun aber darum, im Alltag mit dem Virus zu leben. (sda/stü)
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