Der Nationalrat hatte die Vorschläge des Bundesrates abgeändert und zwischen stark und schwach verarbeiteten Produkten unterschieden. Für stark verarbeitete Lebensmittel würde ein Mindestanteil an Schweizer Rohstoffen von 60 Prozent gelten, für schwach verarbeitete ein Anteil von 80 Prozent.
Die Rechtskommission des Ständerates möchte hingegen, wie der Bundesrat, einen Mindestanteil an Schweizer Rohstoffen von 80 Prozent für alle Produkte. Damit tut sich die Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial) schwer.
«Damit droht verschiedenen Herstellern für einen Teil ihrer seit Jahren in der Schweiz hergestellten Produkte das Verbot, diese mit der Herkunft Schweiz auszuloben», sagte am Mittwoch fial-Präsident Rolf Schweiger vor den Medien in Bern. Es drohten eine Schwächung des Exportgeschäfts und eine Gefährdung von Arbeitsplätzen.
Savoir faire und Qualität wichtiger
Die exklusive Gewichtung der Herkunft des Rohstoffs blende die für die Produkte viel gewichtigeren Faktoren wie überliefertes Savoir faire, Qualität der Verarbeitung, Forschung und Entwicklung völlig aus. Ausländische Abnehmer führten Schweizer Lebensmittel primär in ihren Sortimenten, weil sie von hoher Qualität seien und in der Schweiz hergestellt wurden.
Sie stünden bei den ausländischen Konsumenten in erster Linie für Werte wie «Zuverlässigkeit», «Exklusivität» und «internationale Spitzenqualität» – für Tugenden also, für welche die rohstoffarme Schweiz mit ihren Produkten in der Welt bekannt sei, so Schweiger weiter.
Bei einem schwach verarbeiteten Produkt wie beispielsweise einem Käse oder einem Schinken hätten die Konsumenten eine Erwartung an die Herkunft des Rohstoffes. Bei stark verarbeiteten, aus vielen Rohstoffen hergestellten Produkten wie Beutelsuppen, Biskuits oder Fertigmahlzeiten sei es anders.
Besser 60 Prozent Rohstoffanteil
Für diese Produkte trage eine kumulativ geltende Gewichts- und Wertvorgabe von je 60 Prozent den Konsumentenerwartungen besser Rechnung, sagte der fial-Präsident.
Miriam Blocher, Inhaberin und Geschäftsleiterin der Läckerli Huus AG, sagte an der Medienkonferenz, für das seit dem 15. Jahrhundert hergestellte Schweizer Qualitätsprodukt würden mehr Honig und Mehl gebraucht als der Inland-Markt hergebe. «Bei 60 Prozent bleibt das Basler Läckerli ein Schweizer Produkt, bei 80 Prozent nicht mehr.»
Die gleiche Sorge plagt Daniel Meyer, General Manager der Kraft Foods Schweiz GmbH, die in Bern-Brünnen Toblerone für die ganze Welt herstellt: «Wir sind angewiesen auf Honig aus dem Ausland.» Auch Zucker müsse man allenfalls importieren. «Mit 80 Prozent müssen wir das Label Swiss Made von den Verpackungen nehmen.»
Betroffen sind ganz viele Produkte, unter anderen Ovomaltine, Parfait, Thomy Mayonnaise, Beutelsuppen, Bio Ketchup, Biscuits, Bonbons, Dosenravioli, Essiggurken, Getreideriegel, Gewürze, Glacen, Ice-Tea-Konzentrat, Konfitüren, Kräuterzucker, Müeslimischungen, salzige Snacks, Saucen und Senf. (npa/sda)
swissness
Nahrungsmittelbranche ist besorgt
Toblerone, Basler Läckerli und viele weitere «gutschweizerische» Produkte ohne «Swiss Made»-Aufdruck: Dieses Horrorszenario schwebt der Nahrungsmittelbranche wegen den neuen Swissnessregeln vor, wie sie der Bundesrat und die Rechtskommission des Ständerates planen.