Der Showdown sei längst fällig, sagte FDP-Präsident Philipp Müller der «Schweiz am Sonntag». Er forderte gar SVP-Chefstratege Christoph Blocher auf, seine angedrohte Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit zu lancieren.
Es brauche jetzt «das reinigende Gewitter einer solchen Initiative», sagte Müller im Interview. Die Stimmberechtigten müssten die Frage klären: «Wollen wir die bilateralen Verträge? Ja oder Nein?»
Denn was immer die Schweiz zur Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative auch tue, bringe Probleme mit sich. Eine einseitige Schutzklausel, wie sie der Bundesrat diese Woche vorgeschlagen hat, verbaue den Weg zu einer Einigung mit der EU. Werde die Einwanderung aber nicht wirklich reduziert, missachte man den Volkswillen.
Bilaterale in die Verfassung schreiben
Eine Klärung wünscht sich auch eine überparteiliche Gruppe von Bundesparlamentariern, angeführt von BDP-Chef Martin Landolt (GL) und Kathy Ricklin (CVP/ZH), wie die «Sonntags-Zeitung» berichtete. Ihnen schwebt vor, in einem sogenannten Europa-Artikel die bilateralen Verträge mit der EU in die Verfassung zu schreiben.
Die Idee ist, den Europa-Artikel den Stimmberechtigten als Gegenvorschlag zur RASA-Initiative vorzulegen, wie die BDP in einer Mitteilung vom Sonntag schreibt. Die Gruppe Raus aus der Sackgasse (RASA) verlangt in ihrem Begehren, dass der Text der Masseneinwanderungsinitiative wieder aus der Verfassung gestrichen wird.
Dieses Vorgehen kenne man in der Schweiz nicht und es sei wohl auch nicht mehrheitsfähig, sagte Landolt der Nachrichtenagentur sda. Das Ziel der Initianten, die Bilateralen zu retten, werde aber breit geteilt. Wichtig sei, dass der Bundesrat das Begehren schnell auf die Agenda setze. «Man darf das Problem nicht weiter aussitzen», sagte Landolt.
Regionale Schutzklausel
Genau ausformuliert ist der Europa-Artikel gemäss dem BDP-Präsidenten noch nicht. Auch hätten noch keine systematischen Gespräche über die Parteigrenzen hinweg stattgefunden. Dennoch sei es denkbar, dass die Idee eine breite Mehrheit finde.
Einen Vorschlag für eine regionale Schutzklausel will am Montag der ehemalige Staatssekretär und heutige ETH-Professor Michael Ambühl präsentieren. Er hat im Auftrag der Tessiner Regierung ein Schutzklausel-Modell erarbeitet, dessen Auslösemechanismus an Arbeitsmarktindikatoren statt an die Zuwanderung gebunden ist.
Das Projekt sei auch in anderen Grenzkantonen wie Genf, Basel-Stadt und Graubünden auf Interesse gestossen, sagte der Tessiner Finanzdirektor Christian Vitta bereits im Oktober.
Burkhalter: «Nahe an einer Lösung mit der EU»
Zuversicht verbreitete Aussenminister Didier Burkhalter in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Europa sei an einem einvernehmlichen Vorgehen interessiert. «Wir müssen meiner Meinung nach auch nicht mehr lange verhandeln, denn wir sind mit der EU nahe an einer Lösung.» Diese bestünde in einer einvernehmlichen Schutzklausel basierend auf dem Freizügigkeitsabkommen, sagte Burkhalter weiter.
Bei wichtigen Details gebe es aber Differenzen. Verhandelt werde etwa noch über die Frage der quantitativen Kriterien, die in einer einvernehmlichen Schutzklausel enthalten sein müssten, sowie darüber, wer entscheiden soll, dass die Schweiz Massnahmen gegen zu starke Einwanderung ergreifen darf.
Der Bundesrat bringe den Vorschlag der einseitigen Schutzklausel nun ins Parlament, weil es «trotz gutem Willen» nicht sicher sei, ob die rasche Lösung mit der EU tatsächlich zustande kommt, sagte Burkhalter weiter. (sda/vn)