Dass die Restaurant weiter geschlossen bleiben, ist für den Branchenverband Gastrosuisse nicht nachvollziehbar. Präsident Casimir Platzer hält den Entscheid für fatal, wie er vor den Medien sagte.

Der Entscheid sei absolut unverhältnismässig und verstärke den kontinuierlichen Stellenabbau im Gastgewerbe. Hinzu kämen zeitverzögerte Folgeeffekte für Zulieferer und das gesamte Gewerbe.  «Wir sind enttäuscht und konsterniert», so Platzer.

Der bundesrätliche Entscheid entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage, betonte Platzer ausserdem und begründet. «Die Ansteckungsgefahr im Gastgewerbe ist gering. In den Tourismusorten kam es zu keinen Hotspots, obschon die Hotelrestaurants und teilweise Terrassen offen waren.» Nur rund 2 Prozent der Ansteckungen finden laut Bundesamt für Gesundheit in Bars und Restaurants statt.

Die Lage sei für die Branche in finanzieller, sozialer und moralischer Hinsicht dramatisch. «Die Situation ist explosiv und das Vertrauen schwindet.» Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Härtefall-Regelung noch nicht greift. Tatsächlich seien noch nicht einmal 200 Millionen Franken ausbezahlt.

Die Wirte verlangen dass der Bund die Branche direkt unterstützt, vor allem über A-Fonds-perdu-Beiträge, Entschädigungen für ungedeckte Fixkosten. Auch seien Korrekturen bei der Kurzarbeitsentschädigung sowie bei der Erwerbsausfallentschädigung nötig. Der Verband fordert  angesichts der epidemiologischen Entwicklung einen möglichst raschen Ausstieg aus der Lockdown-Strategie. Zudem brauche das Gastgewerbe endlich Gewissheit, wann und unter welchen Bedingungen die Betriebe wieder öffnen können.

SVP und FDP unzufrieden
Dass der Bundesrat nicht schneller öffne, sei ein Affront, befand die SVP. Die Mehrheit der Kantone sowie die nationalrätliche Gesundheits- und Wirtschaftskommission hätten ganz klar weitergehende und schnellere Öffnungen als der Bundesrat gewollt. Das sei eine reine Machtdemonstration und Schikane des Bundesrats. Für diese Entscheidung fehle jede Datenbasis.

Die FDP findet es unverständlich, dass der Bundesrat die Öffnung von Restaurants und anderen Betrieben nicht auf den 1. März zulässt. Das widerspreche einer Forderung der Mehrheit der Kantone und der Branche. Für weitere Öffnungen ab dem 22. März sehen die Freisinnigen keine Anzeichen.

Die Mitte stellte sich hinter die Regierung. Das Tempo der Lockerung liege unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage klar in der Kompetenz des Bundesrats. Bedauerlich sei aus Familiensicht die beibehaltene Fünf-Personen-Regel in Innenräumen.

Vernünftiger Kurs
Die SP bescheinigte dem Bundesrat, dass er am «vernünftigen Kurs festhält» und «wissenschaftlich abgestützte Öffnungsschritte plant». Zusammen mit der Impfkampagne gebe diese Lockerungsstrategie der Bevölkerung eine Perspektive für Frühling und Sommer.

Die Unternehmen erhielten ausserdem mehr Planungssicherheit, schreibt die SP Schweiz. Zu schnelle Lockerungen würden die Fortschritte der letzten Wochen zunichtemachen. Unbefriedigend blieben hingegen die begleitenden Wirtschaftshilfen.

Auch die Grünen und die Grünliberalen stellten sich hinter die Lockerungen der Landesregierung. Es sei wichtig, dass der Bundesrat vorsichtig und in einzelnen Schritten öffne. Sonst drohe ein Jojo-Effekt, teilten die Grünen mit.

Die Grünliberale Partei (GLP) hielt fest, der Bundesrat lasse sich vom Lärm derer, die nicht mehr wüssten, ob sie Regierungs- oder Fundamentaloppositionspartei seien, nicht beirren.

Wirtschaftsverbände wollten mehr
Für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse sind die Lockerungen ungenügend. Obwohl die Fallzahlen deutlich gesunken und die Intensivstationen nicht mehr an der Belastungsgrenze seien, verzichte der Bundesrat auf wichtige Öffnungsschritte.

Kritische Worte findet der Verband unter anderem für die anhaltende Schliessung von Aussenräumen von Restaurants und die Homeoffice-Pflicht. Der Schweizerische Gewerbeverband fordert weiterhin die vollständige Öffnung der Wirtschaft mit gezielten Schutzmassnahmen ab Ende Februar. Zudem brauche das Härtefall-Regime unverzüglich Korrekturen, also mehr Entschädigungen.

Der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse sieht im Vorziehen eines möglichen zweiten Lockerungsschritts auf den 22. März eine Konzession und begrüsst die vorsichtige Öffnung.

Enttäuschung wegen Terrassenöffnung
Die Mehrheit der Kantone stellt sich gemäss der Gesundheitsdirektorenkonferenz hinter die vorsichtige und schrittweise Lockerung. Nicht nachgekommen sei die Landesregierung aber der Forderung nach einer Öffnung der Gastro-Aussenbereiche, bedauerte sie.

Schwer enttäuscht zeigte sich die Regierung des Kantons Graubünden. Die Bergbahnen in Graubünden würden am Freitag informiert, dass bei den Take-Away-Angeboten in den Skigebieten die Terrassen wieder geräumt werden müssten, sagte Regierungsrat Peter Peyer (SP) am Mittwoch in Chur in einer ersten Reaktion auf die Bundesratsbeschlüsse. Skitouristen würden nun wieder unkontrolliert im Schnee sitzen, statt kontrolliert an Tischen.[RELATED]

Den Bündnern missfällt auch, dass die Landesregierung die positiven Aspekte der Bündner Teststrategie nicht würdigte. «Wir sind in Graubünden auf einem guten Weg. Der Bundesrat hätte mutiger entscheiden können», betonte Peyer.

Der Zoo Zürich reagierte erleichtert auf den Bundesratsentscheid. Dass er am 1. März aber nur die Aussenbereiche öffnen darf und die Häuser geschlossen bleiben, finden die Zoo-Verantwortlichen unsinnig. Schliesslich dürften Museen ebenfalls öffnen. (sda/htr/npa)


Erste Lockerungen – eine Übersicht
Der Bundesrat hat am Mittwoch erste Lockerungen der geltenden Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus ab dem 1. März beschlossen. Als Erstes werden Aktivitäten mit geringem Übertragungsrisiko ermöglicht. Viele Massnahmen bleiben weitere drei Wochen in Kraft.

Läden und Märkte

  • Einkaufsläden und Märkte für Güter des nicht täglichen Bedarfs, Museen und Lesesäle von Bibliotheken sollen wieder öffnen können. Die Anzahl der Kundinnen und Kunden muss beschränkt werden. An all diesen Orten gelten Maskenpflicht, Abstandhalten und Kapazitätsbegrenzungen, auch für Einkaufszentren als Ganzes. Lebensmittelläden, Kioske, Bäckereien, Tankstellenshops, Apotheken, Optiker, Hörgeräteläden, Telekomanbieter, Reparatur- und Unterhaltsgeschäfte, Wäschereien, Coiffeursalons, Bau- und Gartengeschäfte, Blumenläden durften auch während des Shutdown offenbleiben.

Kultur- Freizeit- und Sportbetriebe

  • Aussenbereiche von Zoos, botanischen Gärten sowie Sport- und Freizeitanlagen wie Kunsteisbahnen, Tennis- und Fussballplätze oder Leichtathletikstadien dürfen wieder öffnen. Hier gelten neben Kapazitätsbeschränkungen Maskentragpflicht oder Abstandhalten, erlaubt sind jeweils nur Gruppen von maximal 15 Personen; Wettkämpfe und Veranstaltungen sind im Erwachsenen-Breitensport nicht erlaubt. Profispiele ohne Zuschauer sind weiterhin erlaubt.

  • Kinos, Casinos, Bars, Discos und Tanzlokale bleiben geschlossen.

  • Anlässe mit Publikum sind weiterhin verboten.

Veranstaltungen und Menschenansammlungen

  • Im Freien sollen private Veranstaltungen mit bis zu 15 Personen wieder erlaubt sein. An privaten Veranstaltungen im Innern dürfen weiterhin maximal fünf Personen teilnehmen. Kinder werden mitgezählt.

Jugendliche

  • Jugendliche unter 20 Jahren sollen den meisten sportlichen und kulturellen Aktivitäten wieder nachgehen können.

  • Zudem sollen Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit wieder zugänglich sein.

Restaurants

  • Gastronomiebetriebe müssen weiterhin geschlossen bleiben. Öffnen dürfen nur Take-aways, Schul- und Betriebskantinen sowie Hotelrestaurants für Hotelgäste. Auch Lieferdienste bleiben erlaubt.

Skigebiete

  • Über Skigebiete und Hotels entscheiden weiterhin die Kantone. Sie dürfen die Öffnung nur erlauben, wenn es die epidemiologische Lage zulässt und bei genügend Kapazitäten von Tests, Contact Tracing und Spitälern. Es müssen strenge Schutzkonzepte eingehalten werden. Après-Ski-Aktivitäten sind nicht erlaubt.

Homeoffice-Pflicht

  • Die Verpflichtung, möglichst zu Hause zu arbeiten, gilt weiterhin. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, Homeoffice überall dort anzuordnen, wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist.

  • Der Arbeitgeber schuldet den Arbeitnehmenden keine Auslagenentschädigung etwa für Strom- oder Mietkosten.

Maskenpflicht am Arbeitsplatz

  • Wo Homeoffice nicht oder nur zum Teil möglich ist, gilt in Innenräumen überall dort eine Maskenpflicht, wo sich mehr als eine Person in einem Raum aufhält.

  • Wer sich von der Maskentragpflicht dispensieren will, braucht ein Attest einer Ärztin, eines Arztes, einer Psychotherapeutin oder eines Psychotherapeuten.

Schutz gefährdeter Personen

  • Besonders gefährdete Personen haben das Recht auf Homeoffice oder auf einen gleichwertigen Schutz am Arbeitsplatz. Ist das nicht möglich, muss der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmenden unter voller Lohnzahlung von der Arbeitspflicht befreien. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz.

Öffentliche Einrichtungen

  • Spitäler, Kliniken und Arztpraxen, soziale Einrichtungen (Anlaufstellen), Dienststellen der öffentlichen Verwaltung und der Polizei, Schalter von Betrieben des öffentlichen Verkehrs und die Autovermietung dürfen weiterhin öffnen.