Damit ist die Initiative deutlicher gescheitert als erwartet. Die Initianten machen dafür die «Angstmacherei der Behörden» verantwortlich. Es sei mit unfairen Mitteln gekämpft worden, die Informationen seien irreführend gewesen, klagte Raffael Wüthrich vom Kampagnen-Team. «Für uns als politische Newcomer war dies erschreckend zu sehen.» Die Initianten hatten die geschlossenen Bundesratsparteien, die grossen Verbände und die Nationalbank gegen sich. Der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter bezeichnete die Initiative als «Kamikaze-Experiment». Das Stimmvolk wolle offensichtlich nichts verändern, was funktioniere. Auch die Linke, die das Finanzsystem keineswegs für sicher hält, glaubte nicht an die Rezepte der Vollgeld-Initiative.
Den Initianten ist es offenbar nicht gelungen, ihr Anliegen deutlich zu machen. Lukas Golder von gfs.bern hält neue Ideen im politischen System zwar für wertvoll. Initiativen würden aber immer scheitern, wenn sie nicht zeigen können, wo das Problem wirklich liege, sagte er gegenüber Schweizer Fernsehen SRF. Schwer fassbar war schon die Urheberschaft der Vollgeld-Initiative, die sich vor allem aus Ökonomen und Aktivisten zusammensetzt. Prominente Aushängeschilder fehlten. Vor allem aber stellte der Inhalt der Initiative die Stimmberechtigten auf die Probe.
«Falschgeld» der Banken
Die Volksinitiative «für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank!» warf die Frage auf, wer in der Schweiz Geld «herstellen» darf. Die Nationalbank hat ein Monopol auf der Ausgabe von Banknoten. Bargeld stellt aber lediglich ein Zehntel des vorhandenen Geldes dar. Den grossen Rest gibt es nur als Buchgeld - «Falschgeld» oder «Fake Money», sagen die Initianten. Es handelt sich um virtuelle Werte, die als Zahl auf einem Bildschirm oder auf einem Kontoauszug existieren. Sie werden von den Geschäftsbanken geschaffen, zum Beispiel durch die Verleihung eines Kredits, für den die Bank keinen oder nur einen geringen Gegenwert besitzt.
Der Begriff «Kredit» kommt vom lateinischen Wort «Credere» – «Glauben». Die Initianten glauben nicht an dieses System. Buchgeld sei zu unsicher, argumentierten sie. Weil Banken Profitinteressen verfolgten, würden sie regelmässig zu viel Geld schaffen. Komme es zu einer grösseren Bankenkrise, sei das Geld verloren. Daher wollten die Initianten in der Verfassung festschreiben, dass nur noch die Nationalbank Geld erschaffen darf – sei es als Münzen, Noten oder elektronisches Buchgeld. Geschäftsbanken hätten bei der Nationalbank verzinsliche Darlehen aufnehmen müssen. Jener Teil des Geldes, den die Nationalbank nicht an Geschäftsbanken vergeben oder zum Kauf von Devisen verwendet hätte, wäre Bund, Kantonen und Bürgern gratis zur Verfügung gestellt worden.
Rund 442'400 Stimmberechtigte legten ein Ja in die Urne, rund 1'379'500 stimmten Nein. Die Stimmbeteiligung lag bei ungewöhnlich tiefen 34 Prozent. Das Ständemehr war nie in Reichweite: Genf sagte mit knapp 60 Prozent Nein, in den übrigen Kantonen lag der Nein-Stimmenanteil über 70 Prozent. An deutlichsten war die Ablehnung in der Innerschweiz: In Obwalden, Nidwalden und Uri sagten über 80 Prozent der Stimmbeteiligten Nein. (sda/og)
htr/og