Leonie Liesch ist Präsidentin des Verbands Schweizer Tourismusmanager.
Das Klischee, dass Touristikerinnen und Touristiker mit Bergschuhen und Mammutkleidern am Computer sitzen, ist nicht ganz falsch. Wir haben eine Vorliebe für das Skifahren und das Wandern. Unsere Instagram-Kanäle werden überschwemmt mit Bildern von Bergen, Seen und Sonnenuntergängen.
Fast 90 Tourismusmanagerinnen und Tourismusmanager nahmen am alljährlich stattfindenden VSTM Managementseminar vom 3. zum 5. November 2021 teil. In diesem Jahr begleitete ein thematischer Schwerpunkt das Seminar: der Kulturtourismus. Alle haben ihn, aber die meisten wissen nicht so recht, was damit anfangen. Daher tun wir uns oftmals schwer in der Zusammenarbeit mit den Kulturschaffenden. Besonders die ländlichen Tourismusorganisationen brennen mehr für die Natur als für die Kultur. Das hat viel mit persönlichen Interessen sowie dem Angebot vor Ort zu tun. In den Städten sieht das Bild etwas anders aus, da das kulturelle Angebot vielseitiger und vielschichtiger ist. Dennoch gibt es sicher noch viel Luft nach oben, wenn es um die Zusammenarbeit von Tourismus- und Kulturschaffenden geht.
Doch der 77-jährige Marco Solari kennt als ehemaliger Direktor von Ticino Turismo und heutiger Präsident des Filmfestival Locarno beide Seiten. Im Interview mit Moderator Jürg Schmid bringt er es auf den Punkt: Tourismusmanagerinnen und Tourismusmanager sind Vernetzer und Synergieschaffende. Sie müssen die richtigen Leute zusammenbringen, damit auch Themen in der Destination zum Fliegen kommen, die uns weniger am Herzen liegen. [RELATED]
Kultur ist ein weitläufiger Begriff. Dies haben die Ideen und Projekte der zahlreichen Referentinnen und Referenten deutlich aufgezeigt. Und alle stehen in enger Verbundenheit mit lokalen Gegebenheiten und der Natur. Der Bündner Kulturschaffende Giovanni Netzer bringt Weltstars auf die Bühne in der Burg Riom oder auf die eigens kreierte Bühne im Turm auf der Passhöhe des Juliers. Im 16-Seelen Dorf Mulegns verschiebt er ein geschichtsträchtiges Haus um einige Meter, um es am Leben zu erhalten. Mélanie Eppenberger, Präsidentin der Toggenburg Bergbahnen AG, hat auf dem Chäserrugg mit den Stararchitekten Herzog & de Meuron ein Gebäude geschaffen, das so beeindruckend wie im Einklang mit der Natur ist, sodass sie von der Stiftung Landschaftsschutz zur «Landschaft des Jahres 2021» ausgezeichnet wurde.
Zuletzt, aber nicht weniger beeindruckend, erlebten alle im Saal wie Stefano Stoll, Direktor von «Images Vevey» – dem grössten Fotografie-Festivals der Schweiz – für sein Projekt brennt. Von 10'000 auf 190'000 Besucherinnen und Besucher wuchs das alle zwei Jahre stattfindende Festival innerhalb von 12 Jahren. Seine Hauptbotschaft: Nicht die Mittel nach dem Giesskannenprinzip verteilen, sondern den Mut haben, zu bündeln und alles auf eine Karte setzen. Nur dann gelingt es, einen echten USP zu entwickeln, der allen etwas bringt. So werden auf unseren sozialen Medien Berge zu Kunst-Highlights, Seen zu Food-Festivals und Sonnenuntergänge zu architektonischen Publikumsmagneten.