Die Aufenthaltsverlängerung ist in aller Munde. Dennoch wird die durchschnittliche Anzahl der Logiernächte im Kanton Genf 2024 kaum über zwei Tagen liegen. Die Situation ist in allen anderen Schweizer Städten ähnlich. Für den Städtetourismus ist dies eine echte Herausforderung. Warum sind die Besuche so kurz? Wie können wir das ändern, wenn Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Auswirkungen vor Ort im Vordergrund stehen? Es geht darum, das touristische Angebot neu zu denken, um die Besucherinnen und Besucher zu einem längeren Aufenthalt zu animieren.

Städtetrips und Geschäftsreisen fördern Kurzaufenthalte, bei denen das Wesentliche innerhalb kurzer Zeit besichtigt wird. Dieser Trend kurbelt zwar die Touristenströme an. Die Auswirkungen auf die lokale und nachhaltige Entwicklung sind jedoch begrenzt. Gäste, die sich auf die Innenstädte konzentrieren, übersehen oft das reiche Angebot im Umland. Die Erkundung des näheren Umfelds der Stadt und der Region kann aus einem kurzen Aufenthalt einen längeren machen.

Vielversprechend ist auch die Entwicklung von Bleisure – Arbeit und Freizeit werden miteinander verbunden. Durch das Angebot besonderer Erlebnisse sollen Geschäftsreisende dazu ermutigt werden, eine oder zwei Nächte anzuhängen, sodass aus geschäftlichen Terminen unvergessliche Erinnerungen werden. Um diese Zielgruppe zu erreichen, ist es wichtig, sich mit den Organisatoren der Business-Events zu vernetzen.

Kampagnen müssen mit der Destination und den Veranstaltern erfolgen.

Bereits bei der Anmeldung zu einem Kongress oder einer Veranstaltung müssen wir «Pre-/Post-Event-Stays» anbieten. Gezielte Kommunikationsmassnahmen wie zum Beispiel die aktuelle Kampagne «Fly another day!» von Schweiz Tourismus sind sehr gut, reichen aber nicht aus. Sie müssen auf der Ebene der Destination, in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern und über deren Plattformen erfolgen, um ihre volle Wirkung zu entfalten.

Wir brauchen bereits im Vorfeld der Reise ein neues Narrativ, um die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern. Kreative Kampagnen und strategische Partnerschaften sollen Routen anpreisen, die Abenteuer in der Stadt mit Erlebnissen auf dem Land verbinden. Ziel ist es, die Gäste zu begeistern und davon zu überzeugen, dass sie mehrere Tage brauchen, um alles zu erkunden. Diese Optionen mit konkreten Beispielen und Preisvorschlägen in die Planungsphase einzubinden, ist ein entscheidender Schritt der Customer Journey.

Trotz der bereits unternommenen Bemühungen hat sich die Aufenthaltsdauer der Gäste kaum verlängert. Doch Genf hat gute Karten, um sich als Herzstück eines nachhaltigen und unvergesslichen Erlebnisses zu positionieren. Viele Schweizer Städte stehen vor der gleichen Herausforderung. Ihnen und Genf kann sie als Sprungbrett dienen, um die Neuerfindung des Schweizer Städtetourismus wegweisend voranzutreiben.

Der Schlüssel zum gewünschten Erfolg liegt in der Zusammenarbeit der Tourismusakteure, verbunden mit einer inspirierenden Marketingkommunikation, die alle Facetten des Kantons und seines Umlands beleuchtet. Vor allem müssen wir vor der Reiseentscheidung handeln, und zwar schnell!

Adrien Genier ist CEO Genf Tourismus.