Wie das BAV am Donnerstag mitteilte, hat es eine im vergangenen Jahr erarbeite Planungshilfe zugunsten von Reisenden mit eingeschränkter Mobilität angepasst. Es geht um die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG). Dieses fordert, dass der öffentliche Verkehr und damit die Bahnhöfe in der Schweiz bis Ende 2023 barrierefrei sein müssen. Ausnahmen sind zulässig, wo Umbauten unverhältnismässig wären. Um die Auslegung dieser Verhältnismässigkeit geht es in der Planungshilfe.
Konkret hat das BAV in der Planungshilfe das Vorgehen, die Art und Weise der Erfassung und Gewichtung einzelner Bewertungskriterien zugunsten Reisender mit eingeschränkter Mobilität angepasst. Dies in Abstimmung mit Inclusion Handicap. Noch im Mai 2017 hatte diese Organisation die Planungshilfe als ungenügend bezeichnet. Das BAV hat zudem im vergangenen Jahr die Bahnen beauftragt, ihre bisherigen Strategien zur Umsetzung des Behindertengesetzes weiterzuentwickeln. Seit diesem Frühling liegen dem BAV alle Umsetzungskonzepte vor und diese sind grösstenteils bereinigt.
«Was lange währt...»
«Was lange währt, wird endlich gut»: So kommentierte Inclusion Handicap am Donnerstag die neuste Entwicklung. Es sei allerdings «ärgerlich», dass das BehiG mit Verspätung umgesetzt werde, so der Behinderten-Dachverband in einer Mitteilung. Transportunternehmen und BAV hätten zu lange gewartet. Das Gesetz sei seit 2004 in Kraft. Der Ärger des Behinderten-Dachverbands bezieht sich auf den Umstand, dass Ende 2023 längst nicht alle Bahnhöfe hindernisfrei sein werden. Barrierefrei sein werden nach Schätzungen des BAV 74 Prozent aller Bahnhöfe, wobei allerdings 81 Prozent der Reisenden profitieren. Dies, weil vor allem grössere Bahnhöfe umgebaut sein werden.
Derzeit sind von den gut 1800 Bahnhöfen und Eisenbahn-Haltestellen in der Schweiz 41 Prozent behindertengerecht. 59 Prozent der Ein- und Aussteigenden können ebenerdig einen Zug besteigen respektive gelangen gut aufs Perron. Bis Ende 2023 werden für drei Milliarden Franken rund 580 Bahnhöfe modernisiert. In rund zehn Prozent der Bahnhöfe wird letztlich wegen unverhältnismässigem Aufwand nicht gebaut. An solchen Bahnhöfen müssen spätestens ab Ende 2023 Ersatzmassnahmen angeboten werden. Meistens bedeutet das, dass Angestellte der Transportunternehmen Behinderte zu Hilfe kommen, wenn diese den Zug benützen wollen.
Nicht Geld ist Problem
Nicht fehlendes Geld habe bisher bei der SBB dazu geführt, dass noch nicht alle Bahnhöfe behindertengerecht seien: Das sagte Philippe Gauderon, Leiter Infrastruktur, am Donnerstag an einer Medienkonferenz der SBB zu diesem Thema. Vielmehr sei es für die SBB eine Herausforderung, alle Bau- und Unterhaltsarbeiten zu koordinieren. Immer wieder komme es zudem zu Einsprachen. Das war beispielsweise beim Bahnhof Bern der Fall, der heute noch nicht barrierefrei ist und erst im Rahmen eines grossen Umbaus behindertengerecht wird. Dieser Umbau ist angelaufen.
Bei der SBB sind derzeit 335 oder 44,8 Prozent der total 747 Bahnhöfe hindernisfrei. Bis Ende 2023 werden 221 umgebaut, so dass der Prozentsatz der barrierefreien Bahnhöfe auf 74,4 Prozent ansteigt. Bei 123 Bahnhöfen wird die SBB die Behig-Umsetzungsfrist von Ende 2023 voraussichtlich nicht einhalten können. Sind wie vorgesehen in fünf Jahren 556 SBB-Bahnhöfe hindernisfrei, haben nach Angaben der SBB 93 Prozent der Reisenden keine Barrieren mehr auf ihrem Weg in den Zug. (sda)