Bereits sieben Jahre ist es her, seit ich von meiner Heimat Niederösterreich mit Sack und Pack in die Schweiz gezogen bin. Beim Einladen des Zügelwagens bin ich damals fast verzweifelt – wer hätte gedacht, dass ein einzelner Mensch wirklich so viele Sachen haben kann?! Nach knapp zehn Stunden anstrengender Autofahrt über diverse Pässe und kurvenreiche Strassen hatte ich dann endlich mein Ziel, das Wallis, erreicht. Und dann begann das grosse Schleppen auch schon wieder von neuem. Hätten die Zermatt Bergbahnen dazumal bereits an der höchsten 3S Bahn der Welt gebaut, hätte ich mein Umzugsmaterial wahrscheinlich bequem über die italienisch-schweizerische Grenze anliefern lassen. In der 650 m2 grossen Lagerhalle auf Laghi Cime Bianche hätte die Spedition mein ganzes Hab und Gut kurz zwischenlagern können. Von der Couch über den Schrank bis zu meiner nicht ganz unbedeutend grossen Schuhkollektion hätte anschliessend alles problemlos mit der neuen Materialseilbahn ins Wallis transportiert werden können, hat diese doch eine Tragkraft von acht Tonnen.
Natürlich darf die neue Materialseilbahn nicht für private Transporte verwendet werden, sondern befördert lediglich Baumaterial für die neue Bergstation und die Stütze 3 von Laghi Cime Bianche via Testa Grigia auf Matterhorn glacier paradise (3'883 m ü. M.). Die von der Moosmair GmbH gebaute Schwerlast-Seilbahn überwindet auf der rund vier Kilometer langen Strecke über 1'000 Höhenmeter. Besonders herausfordernd beim Bau dieser Materialseilbahn war, wie mir unser Bau-Chef Toni Lauber verriet, der Seilzug, der im Mai mithilfe eines Kamov Grosshelikopters durchgeführt wurde. Im Anschluss an den spektakulären Vorseilzug wurden die beiden Tragseile sowie das Förderseil mithilfe von Seilwinden gezogen. Für diese rund einen Monat andauernden Arbeiten waren jeweils bis zu sechs Mitarbeiter involviert. Die alpinen Witterungsverhältnisse und die doch beträchtliche Höhe der Baustelle verkomplizierten dieses Unterfangen ohne Zweifel. Ende Juni kam dann nochmals der Grosshelikopter zum Einsatz, um den imposanten Baukran auf der neuen Bergstation zu montieren.
Noch vor den ersten Transportfahrten der Materialseilbahn liefen die letzten Felsaushubarbeiten. Aufgrund der exponierten Lage der Stütze 3 gestalteten sich die Arbeiten dort etwas anspruchsvoller als angenommen. So musste zuerst ein über den Gletscher antransportierter Schreitbagger das Eis abtragen und den Fels für die Aushubarbeiten freilegen. Mitte Juli hat die Materialseilbahn dann grünes Licht für den Betrieb erhalten und somit hat das nächste Kapitel zum Bau der 3S Bahn begonnen.
Die Autorin Die gebürtige Österreicherin und ehemalige Milestone-Nachwuchspreisträgerin Sandra Stockinger ist seit 2013 Leiterin Marketing & Verkauf bei der Zermatt Bergbahnen AG. In ihrer Baukolumne berichtet sie in loser Folge über Fortschritte und Herausforderungen beim Bau der höchsten 3S Bahnanlage der Welt. Weitere Informationen und Geschichten zum Bauprojekt der Superlative unter blog.matterhornparadise.ch. |