Schlechte Neuigkeiten gibt es für Festivals und andere Open-Air-Veranstaltungen im Sommer: Laut Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind solche Grossveranstaltungen – auch nach Juni oder Juli – stark gefährdet. Sie bildeten ein «riesiges Risiko für eine Weiterverbreitung des Virus». Auch eine Rückverfolgbarkeit von positiven Corona-Fällen würde unmöglich.
Dennoch sei es noch viel zu früh, um Prognosen zu machen. «Der Bundesrat wird zu gegebenem Zeitpunkt entscheiden – aber sicher noch nicht diese oder nächste Woche», sagte Mathys am Montag an einer Point de Presse im Medienzentrum des Bundeshauses.[RELATED]
Neuansteckungen in der Schweiz weiterhin rückläufig
Innerhalb eines Tages wurden in der Schweiz 204 Neuansteckungen mit dem Coronavirus registriert. Die Zahl der Neuansteckungen sei weiter rückläufig, so Mathys.
Das gilt nach seinen Angaben auch für die Zahl der Todesfälle und der Intensivpflegefälle: Laut Mathys werden in den Schweizer Spitälern derzeit noch 260 Personen auf Intensivstationen wegen
Covid-19 behandelt. Vergangene Woche waren es noch rund 400 gewesen. «Es ist eine Tendenz zu einer weiteren Abnahme zu sehen», fasste der BAG-Experte die Entwicklung zusammen.
Vor diesem Hintergrund hatte der Bundesrat vergangene Woche eine Lockerung der Massnahmen zur Eindämmung der Epidemie in Aussicht gestellt. Derzeit liefen die Vorbereitungen, sagte Mathys, der im BAG die Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit leitet.
Noch keine Schutzkonzepte
Insbesondere werden in den Branchen die nötigen Schutzkonzepte erarbeitet, um ein Wiederaufflammen der Virusausbreitung zu verhindern. Der Bund stellt nur Grobkonzepte zur Verfügung. Diese sollen am Mittwoch veröffentlicht werden, wie Mathys sagte.
Auch andere Fragen hat der Bundesrat vorläufig offengelassen. Für Verwirrung sorge insbesondere der Entscheid, Mitte Mai die Schulen wieder zu öffnen, Kontakte zwischen Kindern und Grosseltern aber weiterhin zu vermeiden. Die Antwort darauf sei nicht so einfach und klar, sagte Mathys.
Kinder könnten sich anstecken und die Krankheit auch übertragen, sie seien aber sicher nicht die wesentlichen Treiber der Epidemie. Antworten sollen spezifische Studien liefern. Die genauen Schutzkonzepte für die Schulöffnung würden derzeit zusammen mit der Erziehungsdirektorenkonferenz ausgearbeitet, sagte Mathys.
Leiden im Altersheim
Offene Fragen gibt es auch im Sport. Einzelsportarten könnten bedenkenlos ausgeübt werden, sagte Mathys. Anders ist die Situation bei Kontakt- und Mannschaftssportarten. Derzeit würden Konzepte und Vorgehensweisen erarbeitet, sagte Mathys. Einen konkreten Zeitplan nannte er aber nicht.
Keine rasche Lockerung konnte Mathys beim Besuchsregime in Altersheimen in Aussicht stellen. Dafür gebe es keine neuen Empfehlungen, sagte er. Die Frage werde aber geprüft. «Wir wollen nicht durch Kollateralschäden mehr anrichten als wir schützen.» Die Heime hätten dabei aber auch gewisse Freiheiten.
Vorläufig keine Predigt
Auch die Religionsgemeinschaften müssen sich noch gedulden. Laut Mathys fallen alle religiösen Veranstaltungen unter das Versammlungsverbot. Eine Lockerung hat der Bundesrat vergangene Woche nur für Beerdigungen in Aussicht gestellt. An diesen soll nun auch der weitere Familienkreis teilnehmen können.
Mathys äusserte sich auch zur Frage der serologischen Tests. Es handle sich dabei nicht um Immunitätstests, stellte er klar. Damit könne nur nachgewiesen werden, dass jemand Kontakt mit dem Virus gehabt habe. Die Aussagekraft sei daher gering. Insbesondere sei es gefährlich, auf dieser Basis die Vorsichtsmassnahmen zu vernachlässigen.
Zu früh für Contact-Tracing
Insgesamt sei es schwierig, die weitere Entwicklung der Pandemie vorherzusehen, sagte Mathys weiter. Klar sei für ihn, dass die Bevölkerung gewisse Ermüdungserscheinungen zeige. «Wir werden alle müde, die Massnahmen umzusetzen.» Vielen falle die Decke auf den Kopf.
Für ein sogenanntes Contact-Tracing ist es laut dem BAG-Experten noch zu früh. Die Infektionszahlen müssten noch deutlich tiefer sein, sagte er. – «hundert maximal». Für Umsetzung werden die Kantone zuständig sein.
Beängstigende Entwicklungen im Ausland
Mathys sprach auch die weltweite Entwicklung des Virus an. Diese sei weniger positiv. Die Fallzahlen nähmen weiterhin deutlich und rasant zu, sagte Mathys.
Als beängstigend bezeichnete er die Entwicklung in Russland, wo innerhalb eines Tages 6000 Neuansteckungen verzeichnet wurden. Absoluter Hotspot sind aber weiterhin die USA. Beunruhigend ist laut Mathys auch die Entwicklung in Singapur, wo die Epidemie lange Zeit unter Kontrolle schien, die Zahlen nun aber wieder ansteigen. (sda)