Am Dienstag deckte das Bundesamt für Verkehr (BAV) auf, dass die Post-Tochter PostAuto mit Buchhaltungstricks während Jahren zu hohe Subventionen erschlichen hatte. Das Unternehmen muss nun mindestens 78 Millionen Franken an Bund und Kantone zurückzahlen. Wenn alle Fragen geklärt sind, könnten es über 100 Millionen Franken sein. Susanne Ruoff stand zu Beginn der Woch noch als Konzernchefin da, die mit beherztem Eingreifen überhaupt erst für Transparenz gesorgt hatte. Am Donnerstag hob BAV-Direktor Peter Füglistaler gegenüber Journalisten erneut ihre «vorbildliche» Rolle bei der Revision hervor. Dokumente, die der «Blick» am gleichen Tag veröffentlicht hatte, zeichnen ein anderes Bild.
Aus einer an Ruoff adressierten Aktennotiz geht hervor, das die vom BAV entdeckten Gewinnverschiebungen der Post-Spitze längst bekannt gewesen sein müssen. In dem Papier aus dem Jahr 2013 werden «Kostenumbuchungen zu Lasten des öffentlich finanzierten Verkehrs»erwähnt. 2011 betrugen sie elf Millionen Franken, 2012 waren es 19 Millionen Franken. Als Grund für die Umbuchungen werden die für PostAuto definierten Gewinnziele angegeben. Um die Objektivität der externen Untersuchung zu gewährleisten, hat Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller die Angelegenheit unterdessen zur Chefsache erklärt. Die Experten sollen direkt an ihn rapportieren, wie er am Donnerstag in einer Stellungnahme erklärte. Er sei seit Beginn der Untersuchungen in «engem Austausch» mit Ruoff.
Nichts gewusst
Laut BAV-Direktor Füglistaler war die damalige Verbuchungspraxis «mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit illegal.» Trotz der Hinweise in der Aktennotiz will Ruoff davon nichts gewusst haben: Sie habe Mitte November 2017 von den Vorwürfen des BAV erfahren. Erst die folgenden internen Abklärungen hätten die illegale Buchungen zu Tage gefördert, heisst es in einer Stellungnahme.
In den betroffenen Kreisen war das Thema längst ein Dauerbrenner.Meist ging es darum, welche Kosten die Transportunternehmen Bund und Kantonen in Rechnung stellen können. Die Fachleute beklagten gegenüber dem BAV regelmässig, dass es an Transparenz fehle. Werner Glünkin, der bis 2016 die kantonale Fachkonferenz KKDöV präsidiert hatte, sprach von einer «Blackbox». Befriedigende Antworten hätten die Verantwortlichen nie bekommen.Die Kantonsregierungen intervenierten erfolgreicher, wie «Bund« und «Tages-Anzeiger» berichteten. Auf ihr Betreiben hin wurde 2012 unter anderem eine Managementgebühr von fünf Prozent gestrichen. Im November desselben Jahres trafen sich die Spitzen von BAV, Post, PostAuto, Verkehrsdepartement und Finanzverwaltung. «Ich war der Meinung, dass wir damals geklärt haben, dass bei Subventionen keine Gewinne gemacht werden dürfen», sagte Füglistaler.
Aktive Täuschung
Bei PostAuto kam die Botschaft offenbar nicht an: Die Revision des BAV hat ergeben, dass das Unternehmen zwischen 2007 und 2015 Gewinne in Millionenhöhe in der Buchhaltung verschwinden liess, um höhere Subventionen zu kassieren. Ob auch in den folgenden Jahren getrickst wurde, ist zwischen Post und BAV umstritten.
Damit stellt sich die Frage, warum die Bundesbehörden nicht früher interveniert haben. Füglistaler hält fest, dass die Unternehmen für die korrekte Buchführung und für die Einhaltung des Subventionsgesetzes verantwortlich sind. Zudem stehen dem BAV nur15 Leute zur Verfügung, um die Kosten zu plausibilisieren, die über die Höhe der Subventionen entscheiden. Diese Arbeit machen sie nicht nur bei PostAuto, sondern bei insgesamt 150 Transportunternehmen.
Im Fall von PostAuto hätten jährlich 18'000 Buchungen kontrolliert werden müssen. Verschoben wurden jeweils nur kleine Beträge – teilweise wenige hundert Franken – dafür aber systematisch. Für Aussenstehende sei das praktisch nicht erkennbar, sagte Füglistaler. «Es war eine sehr aktive Täuschung.» Offen ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Ein erstes Treffen mit der Bundesanwaltschaft (BA) werde in diesen Tagen stattfinden, sagte Füglistaler. Bei der BA ist bislang noch keine Strafanzeige eingegangen, wie sie auf Anfrage erklärte. (sda/og)