Die Gästesegmente von Schweiz Tourismus (ST) sind langsam, aber sicher in die Jahre gekommen – zuletzt wurden sie im Rahmen des Tourismus Monitor Schweiz (TMS) 2017 erhoben und validiert. Zudem weisen sie einige Schwächen und Ungenauigkeiten auf und entsprechen nicht mehr der zeitgemässen Marketingpraxis. Die neuen sogenannten Personas geben dem Tourismusmarketing neuen Fokus, sind wissenschaftlich fundiert, bieten einzigartige Neuerungen sowie viele zusätzliche Informationen.

Während die alten Gästesegmente vor allem auf Aktivitäten basierten, stehen bei Personas die Gästebedürfnisse sowie -milieus im Vordergrund. Die wissenschaftliche Fundierung beinhaltet im Unterschied zu den Segmenten nicht nur die Gäste, die in der Schweiz waren, sondern auch Menschen mit einer Idee für eine Schweizer Reise in den nächsten zwei Jahren. Der Bestimmung der Personas unterliegen wissenschaftliche, repräsentative Daten wie etwa eine statistische Segmentierungsanalyse. 

Dank den Personas verfügt die Tourismuspromotion von Schweiz Tourismus und der Branche jetzt über einen noch gästeorientierteren Ansatz. Das Marketing kann noch personalisierter erfolgen, die Wahrscheinlichkeit von Resonanz der Botschaften steigt, die «Treffsicherheit» erhöht sich. Personas unterstützen zudem strategische Entscheidungen – sie vermitteln ein klares Bild davon, was Gäste wünschen. Nicht zuletzt tragen Personas auch dazu bei, eine Marke von der Konkurrenz abzuheben, indem sie ein einzigartiges, massgeschneidertes Erlebnis für bestimmte Teile der Zielgruppe bieten.

Schweiz Tourismus wird nun das neue Konzept gemeinsam mit seinen Märkten und für die Branche implementieren. Am Hospitality Summit am 15. Juni lädt Schweiz Tourismus die Hotelièren und Hoteliers sowie die Marketing-Fachleute der Hotellerie zu einem Workshop ein, wo sie eine «Toolbox» für ihr tägliches Marketing erhalten werden.


Gästeprofile

Jo - aktives Abenteuer

[IMG 3]Jo wählt den Ferienort aufgrund der dort angebotenen Aktivitäten aus. Das Natur- und Outdoor-Erlebnis und die Nachhaltigkeit sind wichtig. Jo ist aktiv in der Natur. Jo will individuelle Tipps statt Pauschalpakete oder Gruppenangebote.

Stärkste Märkte: in allen untersuchten Märkten vertreten
Alter: 30–44 Jahre
Ausgaben: etwas mehr als der Durchschnittsgast
Unterkunft: Mittelmass zwischen Luxuskategorie und Basic – Swiss-Bike- Hotels, Snow-Sports-Hotels

Kris- Entdeckerinnen und Entdecker

Kris will authentische Kulturen und neue Orte entdecken. Das Interesse an «versteckten Perlen», an Geschichte und Traditionen, am «Lifestyle der Einheimischen» ist gross. Kris sucht den Kontakt zu Einheimischen und will dem eigenen «busy lifestyle» kurz entfliehen.[IMG 4]

Stärkste Märkte: Frankreich, Italien, USA, Indien, Schweiz
Alter: 18–44 Jahre
Ausgaben: etwas mehr als der Durchschnittsgast
Unterkunft: authentische und spezielle Hotels, weit weg von Ketten und globaler Einförmigkeit

Lou - einen Gang zurückschalten

[IMG 5]Lou will eine Auszeit vom Alltagsstress – primär in der Natur oder auf einem Stadtspaziergang oder im Spa. Lous Kinder sollen sich mit eigenen Aktivitäten beschäftigen. Für Lou steht die sorgenfreie Erholung im Vordergrund, sicher kein Ferien- oder Aktivitäten-Stress.

Stärkste Märkte: Schweiz, Deutschland, Benelux-Staaten 
Alter: 18–44 Jahre
Ausgaben: eher preissensibel, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Unterkunft: Spa & Vitality-Hotels, Swiss-Family-Hotels, gemütlich und bezahlbar

Max - Sehenswürdigkeiten und Attraktionen

Max will in kurzer Zeit so viel wie möglich sehen. Max behält in den Ferien Gewohnheiten bei, reist ohne viele Kenntnisse über das Reiseland und die Sprache. Max bucht über Reiseveranstalter mit Paketen und beispielsweise geführten Touren.[IMG 6]

Stärkste Märkte: Grossbritannien, Italien
Alter: 45–59 Jahre
Ausgaben: eher preissensibel, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Unterkunft: Hotels mit Halbpension, Essen aus dem Herkunftsland, All-inclusive-Pakete

Pat - Entdecken und Lernen gemeinsam mit den Liebsten

[IMG 7]Pat hat hohe Ansprüche an sich selbst und strebt Ausgeglichenheit an. Pat reist im Familienverbund, will gemeinsam Neues entdecken und Wissen an die Mitreisenden weitergeben. Auch Fun-Aktivitäten dürfen sein. Eine neue Kultur kennenzulernen, ist für Pat eine Bereicherung.

Stärkste Märkte: Schweiz, Grossbritannien, Deutschland, Benelux-Staaten
Alter: 30–44 Jahre
Ausgaben: eher preissensibel, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Unterkunft: Ferienwohnung mit vollständiger eigener Infrastruktur

Quinn - auf der Suche nach Genuss

Quinn ist Connaisseur mit Sinn für Ästhetik. Quinn ist reiseerfahren, versteht sich als «Insider». Quinn hat Lust auf Städtetrips mit luxuriösen Einkäufen und Privattouren. Quinn bucht über erstklassige Reiseveranstalter mit entsprechenden Paketen.[IMG 8]

Stärkste Märkte: USA, Golfstaaten, Indien
Alter: 18–44 Jahre
Ausgaben: etwas mehr als der Durchschnittsgast
Unterkunft: gehobenes Segment, egal ob Hotel, Parahotellerie oder Serviced Apartments


Fachbeitrag

4500 Menschen in neun Ländern befragt

Mit einer Marktsegmentierung unterteilt man Gäste in homogene Teilgruppen, mithilfe verschiedenster Kriterien. Diese Gäste- und Zielgruppen soll das Tourismusmarketing mit Kampagnen und Aktivitäten gezielt ansprechen. Mit dem sich stetig ändernden und vervielfältigenden Konsumverhalten wird das immer schwieriger.

Ein Lösungsansatz ist hier das Konzept der «Personas mit Mindset»: Die Definition von typischen Vertreterinnen und Vertretern von Zielgruppen ist ein neuer Weg, damit sich das Marketing besser in diese Gruppen eindenken kann. Personas sind Werkzeuge des strategischen und operativen Tourismusmarketings. Nur wer seine Zielgruppe wirklich gut kennt und beste Insights hat, kann den Marketingfranken effizient investieren. [IMG 2]

Um solche Personas für sich und die Tourismusbranche zu entwickeln, führte Schweiz Tourismus eine weltweite Marktstudie sowohl mittels quantitativer als auch qualitativer Methoden durch. Diese Analysen geschahen im Heimmarkt Schweiz, in wichtigen Nahmärkten (Deutschland, Benelux, UK, Italien, Frankreich) sowie in den Fernmärkten USA, Golfstaaten und Indien. Gemeinsam mit zwei Marktforschungsinstituten und einer Agentur für Customer Experience wurden für die quantitative Studie total 4500 Menschen in neun Ländern befragt. Fokus der qualitativen Analyse waren 30 Interviews in drei Ländern. Mit dem einzig- und neuartigen Ansatz, sowohl Gäste zu interviewen, die bereits einmal in der Schweiz Ferien gemacht haben, als auch solche, die dies erst noch vorhaben.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Personas keine «abgeschlossenen Schubladen» oder Ähnliches darstellen. Ein Gast, eine Touristin kann jeweils mehrere Personas sein, je nach Reisebedürfnis. So reist man beispielsweise einmal im Familienverbund, ein anderes Mal unter Freundinnen. Darüber hinaus werden die Personas stets weiterentwickelt – etwa indem Schweiz Tourismus Trends und Wandel im Reise- und Konsumverhalten beobachtet sowie die Personas laufend mit neuen empirischen Daten anreichert.
stnet.ch

Nina Kölbl ist Marketing Managerin «Unterkunfts- und Gastronomie-Marketing» Schweiz Tourismus und Projektleiterin «Personas».

André Aschwanden, Schweiz Tourismus