Das Cassis-de-Dijon-Prinzip wendet die Schweiz seit 2010 an. Damit dürfen in der EU zugelassene Produkte auch in der Schweiz in Verkehr gebracht werden. Für Lebensmittel braucht es zusätzlich eine Bewilligung des Bundes. Die Schweiz ist durch das Prinzip nicht verpflichtet, EU-Produkte zuzulassen.
Den Bauern ist der erleichterte Import ein Dorn im Auge. Mit einer parlamentarischen Initiative beantragte Bauernverbandsdirektor und FDP- Nationalrat Jacques Bourgeois (FR), Lebensmittel vom Cassis-de-Dijon-Prinzip auszunehmen.
Deutliche Entscheide in beiden Räten
Weil die Wirtschaftskommissionen von National- und Ständerat zustimmten, liegt den Räten nun eine entsprechende Gesetzesänderung vor. Der Nationalrat hat dieser im Frühjahr deutlich zugestimmt. Der Ständerat beschloss im Sommer ebenso deutlich, gar nicht erst darauf einzutreten.
Am Dienstag war nun wieder der Nationalrat am Zug. Er bestätigte seinen Entscheid mit 105 zu 71 Stimmen bei 11 Enthaltungen. Nun geht die parlamentarische Initiative wieder in den Ständerat. Spricht er sich ein zweites Mal dagegen aus, ist die Gesetzesänderung vom Tisch.
Qualität in Frage gestellt
Die Kritiker des Cassis-de-Dijon-Prinzips für Lebensmittel aus den Reihen von SVP, CVP und Grünen sehen darin eine Gefahr für die hohen Schweizer Qualitätsstandards. Sie möchten, dass angeblich minderwertige ausländische Lebensmittel wie wässriger Schinken oder Sirup mit wenig Fruchtanteil wieder aus den Regalen verschwinden.
Die ausländischen Produkte schadeten der einheimischen Landwirtschaft, hiess es im Rat. Da die erwarteten Preissenkungen nicht eingetreten seien, gebe es keinen Grund, das Prinzip weiter aufrecht zu erhalten. Es bringe viel mehr Nachteile, etwa höhere Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Hansjörg Walter(SVP/TG) erwähnte auch die Swissness-Vorlage. Damit werde die Landwirtschaft belastet. Hier gelte es nun, sie zu entlasten.
Fragwürdiger Protektionismus
Die Befürworter sehen ihrerseits keinen Grund, das Cassis-de-Dijon-Prinzip abzuschaffen. Damit würde bloss der Einkaufstourismus gefördert, argumentierten sie. Den Bauernvertretern warfen sie vor, es gehe ihnen nicht um Qualität, sondern um Protektionismus und Ideologie. Es gebe auch gute ausländische Produkte, stellte Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) fest.
Der Bundesrat hatte damit gerechnet, dass durch das Cassis-de-Dijon-Prinzip die Preise spürbar sinken würden. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt, wie Bundesrat Johann Schneider-Ammann einräumte. Das Interesse des Handels an erleichterten Einfuhren war eher klein.
Nur wenige Produkte landeten bisher in den Regalen – aus Sicht der Befürworter ein weiterer Grund dafür, auch künftig die Konsumentinnen und Konsumenten entscheiden zu lassen. Cassis-de-Dijon habe der Schweiz vielleicht nicht viel genützt, aber auch nicht geschadet, befand Schneider-Ammann. (sda/it)