Die Veranstalter diverser Schweizer Lichtevents sind im Dilemma: Zum einen ist Stromsparen das Gebot der Stunde – andererseits sind die Festivals wichtig für den Tourismus der jeweiligen Destination. So lockt etwa das alljährlich im Januar stattfindende Lichtfestival Murten jeweils 60 000 bis 90 000 Besucherinnen und Besucher an. Diese bringen laut Projektleiter Simon Neuhaus 4,5 Millionen Franken an zusätzlicher Wertschöpfung. Ab der ersten Durchführung im Jahr 2016 stiegen im Monat Januar die Übernachtungszahlen jeweils um 60 Prozent an.
Vergangene Woche haben die Verantwortlichen bekannt gegeben, dass sie durch früheres Lichterlöschen und weitere Massnahmen den Stromverbrauch reduzieren wollen. Laut Projektleiter Neuhaus hat das Festival in den Vor-Corona-Jahren jeweils rund 15 000 Kilowattstunden Strom verbraucht. Für die Ausgabe 2022 war der Verbrauch auf rund 10 000 Kilowattstunden gesunken – bedingt durch Pandemie-Einschränkungen. Im kommenden Januar wird das Licht der Installationen an Werktagen bereits um 21.15 Uhr gelöscht – 45 Minuten früher als in den Jahren davor. Insgesamt soll der Stromverbrauch auf 8000 bis 9000 Kilowattstunden sinken, was einer Einsparung von 40 Prozent gegenüber den Jahren vor Corona entspricht.
Noch einen Schritt weiter geht die Stadt Rheinfelden. Bereits Ende September hatte sie bekannt gegeben, dass die als «Adventsfunkeln» bekannten Lichtinstallationen im Stadtpark, auf dem Inseli und der Rheinbrücke in diesem Dezember entfallen. «Wir sind Energiestadt. Mit dieser Massnahme wollen wir ein Zeichen setzen und mit gutem Beispiel vorangehen», sagt Corinne Caracuta, in der Stadt Rheinfelden zusammen mit Tourismus Rheinfelden und dem Stadtmarketing zuständig für das Adventsfunkeln. Damit wolle man vorausschauend etwas beitragen gegen die angespannte Versorgungslage. [RELATED]
Gänzlich löscht in der Adventszeit allerdings auch Rheinfelden das Licht nicht: In der Altstadt und beim Rathaus wird auch diesmal die LED-Beleuchtung für Adventsstimmung sorgen. Man werde allerdings mindestens 50 Prozent weniger Leuchtmittel einsetzen.
«Zauberwald» von 20 auf 19 Tage verkürzt
Reduzieren, aber nicht ausfallen lassen: So handhaben es auch die Organisatoren des «Zauberwalds» in Lenzerheide. Am Anlass im Dezember unter freiem Himmel mit Klassik und Pop, Kinderprogramm und Gastronomie werden die Installationen diesmal kürzer leuchten. «Wir nehmen das Thema sehr ernst», sagt OK-Präsident Giancarlo Pallioppi. Der Zauberwald werde um einen Tag auf 19 Tage verkürzt. Pro Abend werde er zudem eine Stunde weniger lang geöffnet sein. «Die Vernissage haben wir diesmal gestrichen», sagt Pallioppi. Ausserdem werde das Gelände am 24. Dezember geschlossen bleiben und die Lichter nur während zweier Stunden an sein.
Laut dem OK-Präsidenten hat dabei der Anlass im Freien schon jetzt sehr wenig Strom verbraucht: 0,4 Kilowattstunden pro Besucher. Der Strom sei einer der kleineren Budgetposten des Events. «Der Zauberwald ist ein wichtiges Instrument, um in Lenzerheide die Saison zu starten», sagt Pallioppi. Wichtig sei aber auch, dass die Besucherinnen und Besucher nach vielen negativen Nachrichten in den letzten Monaten am stimmungsvollen Anlass einmal eine unbeschwerte Zeit geniessen könnten. Das Problem mit dem drohenden Strommangel müssten alle gemeinsam angehen. «Den Zauberwald komplett ausfallen zu lassen, wäre falsch. Es darf nicht wieder nur die Kultur- und Eventbranche treffen», sagt Pallioppi.
Zu Hause würden Besucher mehr Strom verbrauchen
In Luzern hat man sich den Entscheid, ob das Lichtfestival stattfinden soll, nicht leicht gemacht, wie die Verantwortlichen mitteilen. Man habe bereits in den letzten Jahren Energieoptimierungen vorgenommen und wolle dieses Jahr den Energieverbrauch um weitere 30 Prozent senken, unter anderem indem auf Installationen verzichtet und die Strassenbeleuchtung an den inszenierten Orten so weit möglich abgestellt werde.
Stromexperten haben uns davon abgeraten, den Event ausfallen zu lassen.
Auch das Illuminarium in Zürich will noch sensibler mit dem Thema Strom umgehen und künftig jeweils unmittelbar nach Tagesschluss die Lichter löschen. Laut Sprecher Raphael Jansen haben die Organisatoren darüber diskutiert, ob das Festival diesmal komplett ausfallen soll. «Stromexperten haben uns davon abgeraten», so Jansen. Laut Berechnungen auf Basis der Daten des Bundesamts für Energie sei es mit der erwarteten Besucherzahl stromneutral, wenn nicht gar stromsparend – «da der durchschnittliche Alternativstromverbrauch unserer Gäste zu Hause für Kochen, Licht und Home Entertainment pro Kopf höher ausfällt», so Jansen.
Hotel reduziert Weihnachtsbeleuchtung
Für Touristen ist das Hotel Schweizerhof in Luzern bei einem abendlichen Stadtbummel auf Anhieb erkennbar: Mit seinen ganzjährig farbig erleuchteten Fenstern hebt es sich von umliegenden Gebäuden ab. «Die Beleuchtung gehört zum Corporate Design», sagt Gian Walker vom Hotel Schweizerhof. Der Verbrauch der LED-Lampen sei verschwindend klein. Nach Gesprächen in der Geschäftsleitung habe man allerdings entschieden, die Weihnachtsbeleuchtung diesmal zu reduzieren und eine geringere Zahl von LED-Leuchtmitteln zu verwenden.
Für seine im Advent aufwendig mit Lichtern dekorierte Fassade ist das «Palace» in Lausanne bekannt. Laut Sprecher Jörg Denzler von der Sandoz-Stiftung haben die Hotels im Besitz der Stiftung noch nicht entschieden, wie sie die Beleuchtung diesen Advent handhaben. Das werde im Rahmen eines integralen Konzepts in den nächsten Wochen geschehen.
Ueli Abt