Kurt Röösli (50) arbeitet seit 1991 im 5-Sterne-Hotel Waldhaus in Sils-Maria und seit 1996 ebendort Küchenchef. Nach der laufenden Wintersaison wird er das Hotel verlassen und im Sommer den Küchenchef-Posten in der Stiftung Wagerenhof in Uster übernehmen, einem Heim für Menschen mit geistiger Behinderung. Im Gespräch mit der htr hotel revue erzählt er, wieso er sich zum Wechsel entschieden hat.
Kurt Röösli, was waren die Hauptgründe dafür, dass Sie sich zu diesem Wechsel entschieden haben?
Ich war schon als junger Koch sehr an der Diätküche interessiert und habe zum Beispiel nach der Lehre im Spital in Sursee gearbeitet und später dann im Inselspital Bern. Ich hatte früh Einblick in diese Welt und bis heute sehr gute Erinnerungen an coole Anlässe und ein tolles Umfeld ohne nervenzehrende Situationen am Pass (lacht). Im Ernst: Für mich schliesst sich nun quasi ein Kreis, und die Gelegenheit kommt zum absolut richtigen Zeitpunkt. Ich bin jetzt 50 Jahre alt, meine beiden Töchter sind im Teenageralter, die grössere studiert bereits im Unterland. Meine Frau hat jahrelang zurückgesteckt, obwohl sie in ihrem Beruf viele Weiterbildungen absolviert hat. Es war nun an mir, etwas zu ändern. Bis 65, bis zur Pension in diesem hohem Tempo weitermachen – das ist für niemanden schlau.
Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Eine Berufskollegin meiner Frau arbeitet im Wagerenhof und so ist der Kontakt entstanden. Im November sind wir nach Uster gereist, um uns vor Ort alles anzuschauen. Als ich den grossen Garten sah und den Bauernhof, der zur Stiftung gehört, war ich sofort begeistert, diese Kombination wollte ich schon immer. Die Menschen, die im Wagerenhof leben, sind im Bauernhof oder in der Schreinerei integriert, helfen mit…. Es ist eine tolle Atmosphäre, auf die ich mich sehr freue.
Was erwarten Sie für sich persönlich und Ihre Arbeit am neuen Ort?
Ich freue ich mich auf die neue Herausforderung, weil es eine ganz andere Form von Wertschätzung ist. Und anders als im Hotel täglich für die gleichen Leute zu kochen, bringt auch einen völlig neuen Aspekt hinein. Und mir gefällt, dass die Stiftung eine Art Dorfcharakter hat mit Gärtnerei bis Bauernhof und was alles noch dazu gehört. Natürlich ist so ein Weggang nach über 20 Jahren aber nicht nur leicht. Meine Kinder haben in der „Waldhaus“-Küche quasi Laufen gelernt, sie haben ebenfalls einen tiefen Bezug zur Küche und zum Hotel. Meine Tochter Anna hat zum Beispiel regelmässig mitgeholfen und –gekocht, wenn im Oktober die Lernenden in der Blockzeit waren. Ich habe lange gezögert, diesen Schritt zu machen, aber jetzt ist die richtige Zeit gekommen. Und wir sind ja nicht ab der Welt – in zweieinhalb Stunden sind wir im Engadin und können unsere Freunde besuchen und unsere langjährige Heimat geniessen.
Was war Ihnen besonders wichtig?
Ich will wirklich für die Familie künftig mehr Zeit zu haben, mehr im Haushalt mithelfen können, endlich einmal einen Computerkurs machen, mehr Bücher zu lesen… solche Dinge sind mir für den neuen Lebensabschnitt wichtig. Ausserdem laufe ich sehr gerne und habe deshalb vor, den dreieinhalb Kilometer langen Arbeitsweg zu Fuss zu gehen.
Haben Sie schon Ideen, was Sie am neuen Ort kulinarisch umsetzten wollen?
Ich war nie der Typ, der unbedingt Kaviar und Gänseleber braucht. Ich habe zum Beispiel die Idee, passend zur Jahreszeit Themenwochen zu machen. Im Herbst eine piemontesische Woche mit Carne Crudo und Herbstrüffel – das kann man gut kalkulieren und kostet nicht die Welt. Auch kleine Dinge, die aber eine schöne Wirkung haben, möchte ich einführen, das könnte zum Beispiel in regelmässigen Abständen ein anderes Fleur de Sel auf dem Tisch sein. Ich möchte auch gewisse Dinge produzieren und zum Kauf anbieten, zum Beispiel gefüllte Ravioli oder eine schöne Terrine an Weihnachten zum Selbstkostenpreis. Ich freue mich darauf, das alles umzusetzen.