Simone Müller-Staubli war eine der Referentinnen am Swiss Innovation Day. Sie ist Gründerin und Mitglied des Verwaltungsrates der Schatz AG, einer Luzerner Agentur für Gastronomie- und Hotelbetriebe. In dieser strategischen, aber auch operativ ausgerichteten Tätigkeit schaut die 38-jährige Gastrounternehmerin hinter die Kulissen und hat gleichzeitig einen direkten Einblick, was an der Front abläuft.

Simone Müller-Staubli, hat die Pandemie das Verhalten der Gäste verändert?

Ja, im positiven Sinne. Die Gäste schätzen den Besuch im Restaurant viel mehr als vor der Pandemie. Sie reservieren vermehrt, kommen mit viel Vorfreude und konsumieren gut. Wir spüren Wertschätzung, Verbundenheit und Mitgefühl.

Was erwartet der Gast aktuell von einem Restaurantbesuch?

Der Gast hat hohe Erwartungen an die Qualität. Zudem ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Regionalität beim Gast gestiegen. Als Gastgeber müssen wir nicht nur entsprechend handeln, sondern auch darüber sprechen und informieren.

Corona hat der Digitalisierung einen Schub verliehen. Wird der Gast die Speisekarte in Zukunft nur noch digital studieren?

Es wird sich aufsplitten. Auf der einen Seite die Gastronomie, die das analoge Erlebnis zelebriert. Dazu gehören auch «richtige» Speisekarten. Auf der anderen Seite wird sich der digitale Bestellprozess von der Auswahl der Gerichte und Getränke bis hin zum Bezahlen bei jenen Betrieben durchsetzen, die auf die reine, schnelle Verpflegung ausgerichtet sind.

«Was und wie biete ich es an: Das sind zentrale Überlegungen zur Digitalisierung.»
Simone Müller-Staubli, Gastrounternehmerin Schatz AG, Luzern

Wie digitalisiert ist denn heute die Schweizer Gastroszene?

Sie nimmt sicherlich keine Vorreiterrolle ein. Doch sie ist im Begriff, immer digitalisierter zu werden. Wenn man bedenkt, wie vor einigen Jahren noch alle Reservationen per Telefon getätigt wurden und dies heute vielerorts online möglich ist, ist viel passiert.

Welcher Digitalisierungsgrad wäre sinnvoll im Hinblick auf ressourcensparendes Wirtschaften?

Auch hier muss man berücksichtigen, in welchem Umfeld man sich befindet und welchen Einfluss die Digitalisierung hat. Das Gästeerlebnis wird nicht schlechter, wenn man an einer Bar am See sein Getränk selber online bestellt und vielleicht nach einer SMS sogar selber abholt. Denn dieses Lokal hat der Gast wegen des Sees und nicht wegen der Beratung und des tollen Services gewählt. In einem Restaurant aber, wo alle Sinne angesprochen werden sollen, ist es zentral, dass der Prozess vom Bestellen bis zum Bezahlen analog zwischen Gast und Gastgeber abläuft.

Der Swiss Innovation Day ging dieses Jahr erstmals im «The Circle» am Flughafen Zürich über die Bühne. Über 300 Hotelièren, F & B-Manager und Touristikerinnen trafen sich zum Input und Austausch über Reise-, Hotel- und Gastroinnovationsthemen. Die Referenten waren sich einig: Der Tourismus kommt zurück, doch die Unsicherheit bleibt bestehen. Dies wird wiederum den Binnentourismus stärken. Dabei rückt der Wunsch nach sinnstiftenden Momenten das Erlebnis in den Fokus, und mit dem Trend zur Nachhaltigkeit werden Eco-Traveller immer wichtiger.
swissinnovationday.ch

Auch bei Ihnen sind Fachkräfte Mangelware. Eine mögliche Lösung sehen Sie darin, die Löhne anzuheben?

Die qualifizierte Dienstleistung muss etwas kosten. Bei den jetzigen Margen sind höhere Löhne jedoch nicht möglich. Eine langfristige Lösung wäre sicherlich, die Preise zu erhöhen. Einen Ansatz sehe ich auch darin, Konzepte umzusetzen, die vom Mitarbeiteraufwand her günstig betrieben werden können. Im Weiteren würde es helfen, Digitalisierung ganz gezielt einzubinden, um Fachleute da einzusetzen, wo Sie für den Gast einen Mehrwert schaffen können.

Wie kann man den Restaurantbesuch des Gastes möglichst erlebnisreich gestalten?

Indem man den Gast involviert, ihm über die Herstellung von Produkten und über die Zubereitung von Gerichten erzählt – indem man die Möglichkeit bietet, dass er bei der Produktion mitinvolviert ist. Der Gast will Neues entdecken, seine Sinne einsetzen: sehen, riechen, spüren und fühlen.