Konzentriert und stets eilig sind die ersten fünf Kandidatinnen und Kandidaten am Werk. Seit 7.30 Uhr läuft an jenem Donnerstag im 5. Stock an der Berufsfachschule in Baden AG das finale «Gusto 23»-Wettkochen. [RELATED]
Die Teilnehmenden arbeiten je an einer eigenen Küchenstation. Sie pürieren Gemüse und Hülsenfrüchte und füllen die Masse in Spritzsäcke. Sie schneiden Morcheln klein und giessen Consommé durch den Filter. Die Zucchetti-Scheiben kommen in den Plastiksack, das Fleisch im Beutel ins Wasserbad, der Tortelliniteig in die Pastamaschine. Im Verlauf des Morgens entstehen unter anderem: Süsskartoffelpüree und Bratapfel-Creme, Ochsenschwanz-Tortellini und frittierter Käseberliner, Apfeltatar mit Radieschen auf Kürbisboden, Balsamico-Karotte und Brikteigrolle.
Neun von neunzig im Final
Vier Finalistinnen und ein Finalist sind am Morgen in den Wettbewerb gestartet. Weitere vier Kandidaten sind am Nachmittag an der Reihe. Sie alle haben sich zuvor fürs Final qualifiziert. Neunzig Interessierte hatten nach Angaben von Organisator Transgourmet/Prodega für die Vorausscheidung ihr Dossier eingereicht. «Es ist schön, dass wir hier in Zeiten des Fachkräftemangels neun hochmotivierte junge Fachkolleginnen und -kollegen an Bord haben», sagt Renato Artoni, Projektleiter «Gusto 23» bei Transgourmet/Prodega. Eine vierköpfige Jury beobachtet während des Wettkochens in der Schulküche die Kochlernenden.
Die einen verwenden traditionelle Aromen, andere wagen mehr.
Tommy Myllymäki, Sternekoch Restaurant Aira, Stockholm
Die Jurymitglieder beurteilen unter anderem das Einhalten der Vorgaben, das Mise en Place, die Hygiene, den ökonomischen Umgang mit den Waren sowie den Schwierigkeitsgrad und die Geschicklichkeit. Für den Kochwettbewerb müssen die Teilnehmenden ihre Zutaten selbst mitbringen. Insgesamt haben sie für ihre Kochdarbietungen drei Stunden Zeit. Nach zweieinhalb Stunden müssen sie die Vorspeise, nach weiteren dreissig Minuten die Hauptspeise schicken.
Mit Myllymäki und Décotterd
Beim Degustieren beurteilt eine zweite Jury die Gerichte aus der Gastperspektive. Schweigend betrachten die sechs Jurymitglieder die Kreationen auf den Tellern. Sie schneiden Häppchen ab und probieren. Dazwischen füllen sie akribisch ihre Beurteilungsformulare aus. Zur wissenschaftlichen Atmosphäre passt, dass alle auf Bürodrehstühlen sitzen.
Nebst Jungtalent Fynn Thielen, Gewinner des «Gusto 22», gehören auch die Sterneköche Tommy Myllymäki und Stéphane Décotterd der Degustationsjury an. Sie ermöglichen den Zweit- und Drittplatzierten je einen Stage in ihren Sterne-Restaurants in Stockholm (SE) und Montreux VD.
Den Hauptgang präsentieren die Kandidatinnen und Kandidaten schliesslich persönlich vor der Jury. «Das Storytelling soll Emotionen fürs Gericht wecken und darf auch witzig sein», sagt Jurypräsident Mumenthaler. Als Koordinator und Organisator des Wettbewerbs nimmt er selbst keine Bewertungen vor, behält aber den Überblick. «Es lief bisher sehr ruhig», bilanziert Mumenthaler zur Mittagszeit. «Es gab individuelle Verzögerungen, aber wir sind im Plan.»
Schwede spürt Schweiz
Starkoch Tommy Myllymäki hat am ersten Halbtag eine gewisse Bandbreite zwischen den Finalistinnen und Finalisten festgestellt. «Die Zugänge sind recht unterschiedlich», sagt er. «Die einen arbeiten eher mit traditionellen Aromen, andere wagen mehr, verwenden Gewürze aus aller Welt. Es ist schön, wenn Finalisten ihren eigenen kulturellen Background einfliessen lassen.»
Obwohl die Kandidatinnen und Kandidaten noch recht jung seien, sei das technische Niveau beeindruckend, so Myllymäki. Aus skandinavischer Perspektive bemerke er dabei eine gewisse mitteleuropäische Prägung. Dies vor allem durch die verwendeten Zutaten. «Die Schweiz und Mitteleuropa, das ist für mich Käse, Milch, Rind- und Kalbfleisch, auch eine gewisse Reichhaltigkeit mit Kartoffelgerichten wie Rösti oder Knödel.»