Der zwischenmenschliche Umgang in der Gastronomie wird (zu) oft abgetan mit den Bemerkungen «so sind sie halt», «Küchensprache», «wer nicht beissen kann, hat in dieser Branche nichts zu suchen», «ich musste auch unten durch».
Warum haben die Hoteliers und Hotelièren, die HR-Abteilungen, die Führungsetagen generell diesem entwertenden, oft grob sexistischen Umgang so wenig entgegengesetzt? Warum lässt man Menschen bis zur Erschöpfung, bis sie nicht mehr können, arbeiten? Warum wird das toleriert? Weil es immer so war?
Niemand will so behandelt werden. Und nun akzentuiert die Corona-Krise diese Situation: Wer kann, verlässt das Berufsfeld. Das setzt die Branche unter enormen Druck. Und zwingt die Unternehmen dazu, neue und andere Wege einzuschlagen. 4-Tage-Woche? Zu teuer! Zu kompliziert! Feste Arbeitszeiten ohne Teildienste? Unmöglich! Aber so bewegt sich nichts. Problem erkannt, keine Lösung in Sicht.
Der Fisch stinkt vom Kopf: Führungskräfte in Hotellerie und Gastronomie sind gefordert. Packen Sie die Chance! Seien Sie mutig und unkonventionell – auch damit lässt sich Geld verdienen. Dieser Prozess ist aber alles andere als einfach, macht viel Arbeit und löst Ängste aus. Stellen Sie den Menschen in den Mittelpunkt. Und sagen Sie nicht, das hätten Sie immer getan, denn es reichte offensichtlich nicht.
Zeigen Sie Ihren Mitarbeitenden, dass Sie etwas für die Work-Life-Balance tun. Machen Sie ganz persönlich Anstrengungen, Ihre Unternehmenskultur zu reflektieren. Lösen Sie sich von festgefahrenen Mustern. Holen Sie sich dazu Beratung von Profis. Unterstützen Sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Entwickeln Sie neue Arbeitszeitmodelle und gehen Sie das Thema des zwischenmenschlichen Umgangs aktiv an. Sie sind das Vorbild, Sie haben es in der Hand, mit zufriedenen Mitarbeitenden Ihr Unternehmen zu prägen. Die Kunden werden es Ihnen danken!
Brigitta Spalinger, Leiterin Lehraufsicht Erziehungsdepartement Basel-Stadt