Unter all den unterschiedlichen Themen auf der Agenda dieser Herbstsession war die Frage, wie die Ablehnung des CO2-Gesetzes durch das Volk zu deuten ist – auch für die Beherbergungsbranche zentral.
Zahlreiche Programme laufen Ende des Jahres aus und ihre Unterbrechung hätte schwerwiegende finanzielle Folgen für die KMU gehabt. Der Nationalrat entschied sich für den vernünftigen Weg und verlängerte mit 143 zu 53 Stimmen bis 2024 die bestehenden Massnahmen, d.h. bis ein totalrevidiertes CO2-Gesetz unter Dach und Fach ist.
Damit sind die Unterstützungsmassnahmen für die Gebäudesanierung gewährleistet und ermöglichen es der Branche, ihre Anstrengungen in Richtung CO2-Neutralität weiter fortzuführen. Dennoch forderten die Parteien links der Mitte eine Erhöhung der CO2-Abgabe von 120 Franken auf 143 Franken pro Tonne, was der Nationalrat ablehnte.
Es ist korrekt, den Volksentscheid vom Juni zu berücksichtigen. Schliesslich war der Nationalrat auch gegen eine Flugticketabgabe. Eine solche Abgabe hätte den den Schweizer Endverbraucher belastet, ohne jedoch dessen Verhalten zu ändern oder zu CO2-neutralem Fliegen in der Zukunft beizutragen. Die Lösung besteht aus der Verwendung bereits vorhandener umweltfreundlicherer Treibstoffe sowie einer internationalen Besteuerung nach dem Verursacherprinzip.
Der Zeitplan ist jedoch für die Verlängerung des aktuellen Gesetzes zum 1. Januar 2022 weiterhin sehr eng. Differenzen zwischen den Räten sollen bei der nächsten Session im Dezember beigelegt werden. Weiterhin muss die Referendumsfrist berücksichtigt werden.
Sanierungsprogramm für Beherbergungsbetriebe im alpinen Raum
Im Bereich der Tourismuspolitik hatte das Parlament vier Geschäfte auf der Agenda. Davon wurden drei parallel diskutiert, obwohl sie eine unterschiedliche Auswirkung und Tragweite hatten.
Im Rahmen der Klimaentscheide bestätigte der Nationalrat den Beschluss des Ständerats, ein Impulsprogramm für die Sanierung von Beherbergungsbetrieben im Alpenraum zu lancieren (Motion Ständerat Hans Stöckli, SP/BE). Dies ist ein wichtiger Schritt für einen aktiven Beitrag zur Dekarbonisierung der Branche.
Die alpinen Betriebe sind oft selbstständig und verfügen nicht immer über die finanziellen Kapazitäten, um derartige Investitionen vorzunehmen. Die Banken betrachten diese Betriebe als Risikoobjekte. Hier ist zu begrüssen, dass die Diskussion im Ständerat gezeigt hat, dass der Begriff «Alpenraum» im Sinne von «Bergregionen» aufzufassen ist und den Jurabogen sowie hoch oder in steilem Gelände gelegene Gemeinden miteinschliesst.
Lücke zwischen Recovery-Programm und angepasste Tourismuspolitik
Der Nationalrat lehnte es hingegen ab, dem Ständerat bei einem touristischen Impulsprogramm zu folgen, das von der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats gefordert worden war.
Das ist bedauerlich, denn das Impulsprogramm sollte eine Lücke zwischen dem kurzfristigen Recovery-Programm des Bundesrats (mit Fokus vor allem auf Förderung der Nachfrage (Schweiz Tourismus), Innovation (Innotour)und den Anpassungen der langfristigen Tourismuspolitik im Rahmen der Standortförderungsbotschaft ab 2024 schliessen.
Der Präsident des Schweizer Tourismus-Verbands, NR Nicolo Paganini (Die Mitte/SG), brachte es auf den Punkt: Der Tourismus leidet nach wie vor unter den Folgen der Coronakrise, und es gibt keine konkreten Pläne, um diese Lücke zu füllen. NR Paganini forderte weiterhin, den Schwerpunkt dieses Programms auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu setzen, was die grosse Kammer ebenfalls ablehnte.
Es ist daher recht überraschend, dass der Nationalrat einige Stunden später, eine Motion des NR Damien Cottier (FDP/NE) annahm, die exakt das Gleiche fordert wie das Impulsprogramm in der Version Paganinis, d. h. natürlich ein Impulsprogramm, aber mit stärkerer Ausrichtung auf nachhaltige Investitionen und Innovation.
Berücksichtigt man dann noch, dass es drei Abstimmungen zum Impulsprogramm brauchte, weil sich die Gruppen nicht wirklich über die Abstimmungsparolen im Klaren waren, kann man sagen, dass absolute Verwirrung herrschte.
In den nächsten Wochen muss wieder eine gewisse Kohärenz zwischen den einzelnen Entscheiden hergestellt werden und es müssen folgende Punkte geklärt werden: Erstens mit welchen Massnahmen der Bundesrat die energetische Sanierung der Beherbergungsbetriebe im alpinen Raum umzusetzen beabsichtigt und zweitens, welche Massnahmen der Bund ergreifen will, um beim Thema Investition eine Brücke von 2022 bis 2024 zu schlagen und was er auf die Motion Cottier zu antworten gedenkt, wenn der Ständerat sie im Dezember bestätigt.
Nachhaltige Entwicklung und Digitalisierung fördern
Schliesslich verwies der Ständerat eine weitere Motion des Ständerats Hans Stöckli (SP/BE) an die Kommission zur Prüfung. Darin wird eine Stärkung der nachhaltigen Entwicklung und der Digitalisierung im Tourismus über Innotour gefordert. Dieses Programm ist in der Tat ein hervorragendes Instrument, um innovative Projekte im Tourismus anzustossen.
Die Branche stellt jedoch fest, dass der Transfer von Wissen und Knowhow-Aufbau mehr Zeit erfordert, um es wirklich im Denken und Handeln zu verankern. Dieser Schwachpunkt muss korrigiert werden, um dem Schweizer Tourismus eine echte Chance zu geben, bei nachhaltigem und digitalem Tourismus weltweit führend zu werden.
Christophe Hans, Leiter Public Affairs, HotellerieSuisse