Der Gang zum Frühstücksbuffet ist meist der letzte Eindruck vor der Abreise aus dem Hotel. Bei diesem morgendlichen Ritual könnten sich Hoteliers unvergesslich machen. In den letzten Jahren haben viele dieses Potenzial entdeckt und legen den Fokus vermehrt auf die Präsentation regionaler Spezialitäten.

Massenprodukte wie Cornflakes oder Brotaufstriche internationaler Marken nutzen sie aber nach wie vor. Weshalb werden kostengünstige Fertigprodukte so häufig bevorzugt? Warum ist das regionale Angebot auf Frühstücksbuffets so viel weniger präsent als bei A-la-carte-Menüs?

Weshalb werden kostengünstige Fertigprodukte so häufig bevorzugt?

Der Schweizer Essensforscher Dominik Flammer schreibt in der Broschüre «Die neuen Schweizer Regionalfrühstücke» dazu: «Das mangelnde Verständnis für die regionalen Trends dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die Schweiz eine der ersten kulinarisch globalisierten Regionen der Welt war, insbesondere in der gehobenen Gastronomie.» Weil man an dieser Tradition festhalte, habe man den Trend für Lokalität und Regionalität des Frühstück­angebots verpasst, so Flammer.

Das Frühstück widerspiegelt die Qualität des Hotels
Gemäss der Broschüre sind heute für moderne und viel reisende Gäste für eine gute Hotelbewertung drei Faktoren ausschlaggebend: die Qualität von Bett und Zimmer, die Freundlichkeit des Personals und – besonders bemerkenswert – ein hochwertiges, einzigartiges Frühstücks­angebot.

Die meisten anderen Hotelangebote wie etwa Wellness oder das Angebot an der Bar werden nur teilweise genutzt und haben deshalb eine geringere Relevanz. Gleichzeitig wird nie so viel gemeckert wie über das Frühstücksbuffet. Aus diesem Grund lohnt es sich, in dessen Qualität zu investieren. Mit regionalen Produkten wird das Profil gestärkt und den Gästen ein nachhaltiges kulinarisches Erlebnis geboten.

Der Erfolg liegt in lokalen Produkten und einmal mehr im Storytelling
Studierende der Hotelfachschule Thun (HF Thun) haben bei einer Analyse von acht Betrieben festgestellt, dass es auf dem Frühstücksbuffet nicht nur an regionalen Produkten fehlt, sondern dass auch zu wenig wirksam darüber erzählt wird. Die Käsesorten aus der Region sind selten als solche bezeichnet, auch gibt es keine Bilder der Produzenten.

Elemente wie QR-Codes auf dem Frühstücksbuffet mögen gut gemeint sein, aber der Gang zum Buffet ist oft einer der wenigen Momente ohne Handy. Optisch ansprechende Beschriftungen oder Fotos der produzierenden Bauernfamilien erzählen den Gästen Geschichten und stärken das Profil des Hotelbetriebs.

Besonders raffiniert ist, wenn geschultes Personal etwas zu den Lieferanten und zur Herstellungsart der Produkte erzählen kann. Die Analyse ergab weiter, dass einige Betriebe zwar beim Brot- und Käseangebot glänzen, doch diese Qualität oft im Widerspruch zu Industrieprodukten im Bereich Müesli, Milchschokolade oder Butter steht. Das Angebot für Veganer und Vegetarierinnen wurde in den vergangenen Monaten zwar erweitert, für die Verfechter der pflanzlichen Ernährung ist es jedoch oft zu einseitig und ideenlos.

Wo bleiben Müeslivariationen und die heisse Schoggi von der Manufaktur?
Überraschenderweise hat die Analyse der HF Thun auch gezeigt, dass die Chancen, die Schweizer Erfindungen wie Birchermüesli und Schokolade beim Hotelfrühstück bieten, noch selten genutzt werden. Denn nur wenige Hotels servieren beispielsweise ein Signature-Müesli oder eine heisse Schokolade von der regionalen Schokoladenmanufaktur.

Vielen Hoteliers ist nicht bewusst, dass sie sich durch solche unverwechselbaren und regionalen Produkte am Frühstücksbuffet profilieren könnten. Die Broschüre «Die neuen Schweizer Regionalfrühstücke», erschienen in Zusammenarbeit mit HotellerieSuisse und unterstützt von Innovation Tourismus, inspiriert die Frühstücksverantwortlichen mit Vorschlägen zu lokalen Lebensmitteln, Produkten und Gerichten für die erste – und wohl wichtigste – Mahlzeit des Tages.


Nachgefragt bei Dominik Flammer

Dominik Flammer, welche Note von eins bis sechs geben Sie den Schweizer Hotels für ihr Frühstück?
Eine Zwei! [IMG 2]

Warum fällt Ihre Bewertung so streng aus?
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass dem F&B-Manager Exceltabellen wichtiger sind als die Qualität der Produkte.

Sie sagen, dass das Frühstück Charakter erhält, wenn die Produkte aus der Region stammen. Weshalb?
Wenn Sie nach Sizilien reisen, möchten Sie dort auch nicht im Starbucks einkehren und einen Caffè Latte trinken, den Sie schon von zu Hause her kennen. Sie wollen dort die Region spüren, eine Granita trinken oder Mandorlini verzehren. Dieser Trend hat vor Jahren in der Gastronomie eingesetzt und kommt nun etwas verspätet in der Hotellerie an.

Weshalb ist der Individualgast von einem internationalen Frühstück enttäuscht?
Weil die Produkte oft schlechter sind als jene, die der Gast zu Hause hat. Folgendes Beispiel ist sehr typisch: Im Hotel kriegt er Langnese-Honig, der beliebig zusammengemischt ist. Der Honig vom Dorfimker zu Hause stammt von der Wiese vor der Haustüre. Der Gast fragt sich zu Recht, weshalb er im Hotel so viel für die Übernachtung bezahlen soll, wenn er nur billigen internationalen Standardhonig aufgetischt kriegt.

Je lokaler, desto schöner kann man die Geschichten rund um die Produkte erzählen.

Sollten bloss Produkte vom eigenen Dorf auf den Tisch?
Natürlich gibt es den Nullkilometeransatz, den gewisse Köche erfolgreich umsetzen. Aber ich finde den regionalen besser. Im Bergdorf von Graubünden sollte man Käse, Fleisch und Butter von den heimischen Landwirten anbieten, aber auch Konfitüre aus dem Domleschg oder aus dem Engadin. Je lokaler, desto schöner kann man die Geschichten rund um die Produkte erzählen und damit bei den Gästen punkten.

Also sollte man nicht zu radikal werden?
Man muss nicht alles umstellen, aber ein paar Gerichte servieren, die wirklich einzigartig sind. In einem Hotel sah ich mal eine Himbeerbutter. Alle Gäste haben davon gesprochen und erinnern sich sicher auch daran. Das unterstützt den Rückkehreffekt.


Gehören aufs Buffet

Regionalität heisst das Zauberwort für ein Frühstück, das den Gästen von heute schmeckt. Inspirationen aus der Broschüre «Die neuen Schweizer Regionalfrühstücke».


Freiburg und Jura   [IMG 3]

  • Freiburger Cuchaule
  • Damassine-Konfitüre aus der jurassischen Ajoie
  • Jurassischer Waldhonig
  • Gruyère, Vacherin Mont- d’Or, Tête de Moine
  • Cuchaule-Pancakes mit  Botzi-Birnen
  • Mit Safran gewürzte Mini-Meringues und Doppelrahm
  • Sortenreine Kirschen­konfitüre aus den Sorten «Schöne von Einigen» und «Herzkirsche»
  • Fischaufstrich aus Frischkäse und regionalen Felchen

Bern   [IMG 4]

  • Berner Alp- und Hobelkäse, Belper Knolle
  • Braisi, Zungenwurst, Bauernschinken und Bauernschüblig
  • Obst- und Fischspezialitäten aus dem Seeland
  • Berner Haselnuss- und Honiglebkuchen
  • Brienzer Krapfen, Vully-Kuchen, Meringues
  • Kirschmus

Innerschweiz   [IMG 5]

  • Sortenreiner Apfel- und Birnensaft
  • Birnenhonig
  • Kirschendicksaft und Kirschenwurst
  • Geräucherte Felchen und Albeli aus Wildfang
  • Luzerner Weggen, Schwyzer Krapfen, Urner Anisgebäck
  • Lebkuchen in allen Variationen
  • Sbrinz, Spalenkäse, Stanser Fladen, Muotataler Alpkäse
  • Wildkräuter und Tees

Wallis   [IMG 9]

  • Bergkäse und Walliser Trockenfleisch
  • Roggenbrot aus Traubenkernmehl
  • Fleisch- und Käseprodukte von Eringer und Evolèner Kühen
  • Aprikosenkonfitüre, -chutney und -joghurt
  • Obst aus dem Wallis – frisch, gedörrt oder eingelegt
  • Evolèner Rahm mit Rauchsalz aus den Salinen von Bex

Tessin   [IMG 7]

  • Tessinerbrot mit Farina bóna aus dem Onsernonetal
  • Flachbrote aus dem Valle Maggia
  • Panettone-Kreationen
  • Salami aus Eselfleisch, Mortadella di fegato, roh oder gekocht
  • Zincarlin, Alpkäse, Formagelle und Formaggini
  • Frischkäse aus dem Valle di Muggio
  • Polenta-Schnitte aus rotem Tessiner Reis
  • Akazienhonig
  • Torta die Pane

Ostschweiz   [IMG 6]

  • Sortenreine Obstsäfte aus der Region
  • Frischobst, eingelegtes Obst, Dörrfrüchte und Birnbrot
  • Frische und konservierte Beeren für Müesli-kreationen
  • St.Galler Bürli und St.Galler Brot
  • Käse und Ziger aus der Region
  • Kartoffelsalat aus Blauen St.Gallern
  • Eierspeisen aus lokalen Eiern mit regionalem Kürbiskernöl

Graubünden   [IMG 8]

  • Brasciadèla: mit Anis gewürztes Ringbrot aus dem Puschlav
  • Bündner Birnbrot
  • Bündner Trockenfleisch vom Grauvieh
  • Käse aus dem Schams
  • Joghurtkreationen aus der Sennerei Splügen, mit geschichteten Nuss- und Fruchtmassen
  • Frischer oder gereifter Mascarpin: alpiner Sauermilchkäse aus Ziegenmilch
  • Cornflakes der Getreidemühle Fuchs aus dem Vinschgau
  • Frühstücksmüesli aus Berggetreide der Manufaktur Gran Alpin