Bundeskanzler Sebastian Kurz begründete die Verlängerung des Lockdowns am Sonntag in Wien damit, dass ansteckendere Mutationen des Virus nun auch in Österreich angekommen seien. Die Lage habe sich nochmals deutlich verschärft. Ziel sei, nach der zweiwöchigen Verlängerung Handel und Museen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wieder zu öffnen. Auch Dienstleistungsbetriebe wie Friseure sollen dann wieder arbeiten dürfen.
Allerdings müssten die täglich gemeldeten Neuinfektionen deutlich sinken, fügte Kurz hinzu. So lange blieben Ausgangsbeschränkungen in Kraft und auch Schulen im Fernunterricht. Nach Ende des Lockdowns ist geplant, die Schule in Schichtbetrieb wieder zu öffnen. Skipisten und Eislaufplätze sind weiterhin geöffnet.
Ursprünglich waren Lockerungen zum 25. Januar geplant. Aufgrund der neuen, in Grossbritannien entdeckten Virus-Mutation hatten Experten jedoch davor gewarnt, zu früh zu öffnen. Die ansteckende Virus-Variante B.1.1.7 sei ersten Erkenntnissen bereits relativ stark in Österreich verbreitet. In den kommenden zehn Wochen werde das Virus noch sehr viel von den Österreichern abverlangen, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober. «Es wird die schwierigste Phase der Pandemie werden.»
Knapp drei Wochen nach Beginn des jüngsten harten Lockdowns lag die Zahl der Neuinfektionen am Sonntag bei 1267. Die Sieben-Tages-Inzidenz – die Zahl der Neuinfektion pro 100 000 Einwohner – hatte sich zuletzt zwischen 130 und 150 eingependelt. In Deutschland lag diese Zahl am Sonntag bei 136. Kurz nannte als Zielwert, dass es mit Ende des Lockdowns nur noch 600 bis 700 Neuinfektionen pro Tag geben dürfe – eine Inzidenz von etwa 50.
Seit Beginn der Pandemie sind in Österreich mit seinen knapp neun Millionen Einwohnern mehr als 7000 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben. Kurz zeigte sich aber überzeugt, dass durch Impfungen im Sommer das normale Leben wieder einkehren werde.
Der Sicherheitsabstand, den Menschen in Österreich einhalten sollen, wird von einem auf zwei Meter ausgedehnt. In Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln müssen künftig – wie in Bayern – FFP2-Masken getragen werden. Die Masken sollen einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus appellierte die Regierung an Firmen, Beschäftigte möglichst von zu Hause arbeiten zu lassen. Eine Pflicht zum Home Office – wie von Experten gefordert – gibt es aber nicht.
Mitte Februar sei geplant, die Lage für Gastronomie, Hotellerie und Veranstalter neu zu beurteilen, sagte Kurz. Eine Öffnung sei aber frühestens im März möglich. Das Finanzministerium kündigte an, von den Sperren betroffene Unternehmer bis zum Ende der Pandemie finanziell zu unterstützen.
Die Opposition reagierte unterschiedlich. Die Vorsitzende der sozialdemokratischen SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, begrüsste die Verlängerung. «Die Infektionszahlen sind zu hoch, die Mutationen ein heftiger Beschleuniger der Virusausbreitung.» Die liberalen Neos tragen die Regelungen ebenfalls mit. Kritik kam aber an der Impfstrategie. Norbert Hofer, Chef der rechten FPÖ, zeigte sich hingegen «enttäuscht» und «wütend». Die Bevölkerung verstehe dies nicht mehr und zeige vermehrt «zivilen Ungehorsam».
Die Verkündung der neuen Massnahmen kam einen Tag nach einer grossen Demonstration gegen die Corona-Regeln in Wien, an der sich etwa 10 000 Menschen beteiligten. Abstandsregeln und Maskenpflicht wurden nach Polizeiangaben weitgehend ignoriert. Insgesamt gab es 23 Festnahmen. Zudem wurden mehr als 300 Anzeigen erstattet. (sda dpa og)