Die Situation ist seit Wochen verfahren. Zuerst scheiterte eine vom Bund eingesetzte Taskforce mit sämtlichen Parteien beim Versuch, eine Lösung zu finden. Dann wollte sich der Bundesrat nicht in die Angelegenheit einmischen. Nun hat auch das Parlament keinen Konsens gefunden.
Ob es für das Problem der Geschäftsmieten eine Lösung gibt, bleibt bis zur Sommersession in der Schwebe. Zwar anerkannte eine Mehrheit beider Räte die schwierige Situation für geschlossene Betriebe.
Viele sahen Handlungsbedarf. Die Differenzen zwischen den Räten sind aber derzeit zu gross. [DOSSIER]
Grundsätzliche Differenzen
Der Nationalrat schlug eine Pauschallösung vor, wonach Betreiber von Restaurants und weiteren Geschäften ihrem Vermieter für die Dauer des Lockdown grundsätzlich nur 30 Prozent der Miete schulden.
Das geht dem Ständerat zu weit. Mit 23 zu 19 bei einer Enthaltung entschied er am Mittwoch, nur Mieter zu entlasten, deren Bruttomiete maximal 8000 Franken beträgt. Für Betroffene sieht er eine Mietzinsreduktion für zwei Monate von je 5000 Franken vor. Die Nebenkosten blieben geschuldet. Die bereits getroffenen einvernehmlichen Lösungen zwischen Mietparteien behielten ihre Gültigkeit.
Diskussion geht weiter
Die grosse Kammer wird erst in der Sommersession über die abgeänderte Motion befinden. Zwei Ordnungsanträge, die forderten, den Vorstoss noch am Mittwoch zu behandeln, scheiterten, einer nur knapp mit 101 zu 91 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
Einig sind sich die Räte derzeit nur darin, dass der Bundesrat einen Härtefallfonds für Vermieter prüfen soll, die wegen der Mietausfälle in ihrer Existenz bedroht sind. Dieser Fonds soll mit 20 Millionen Franken geäufnet werden. Er ist Teil der Motion, welche die Nationalratskommission in den kommenden Wochen behandeln wird.
«Kein gutes Werk»
In den zentralen Punkten stimmen die Mehrheitsmeinungen im National- und Ständerat aber nicht überein. Die gesamte SVP-Fraktion und Teile der FDP und CVP kritisieren den Eingriff ins Privatrecht zweier Vertragspartner grundsätzlich. «Es ist kein gutes Werk», beurteilte Ständerat Hannes Germann (SVP/SH) das Geschäft.
Einigkeit herrschte darüber, dass Klarheit geschaffen werden muss. «Wir müssen entscheiden, ob das Parlament eingreifen will oder nicht», forderte SP-Fraktionschef Roger Nordmann (VD) vergeblich.
Einen inhaltlichen Entscheid gibt es frühestens im Juni. Das bezeichnete SP-Präsident und -Ständerat Christian Levrat (FR) als «seltene Blamage». Es sei peinlich, eine Sondersession einzuberufen und es nicht zu schaffen, Lösungen im Mietstreit zu präsentieren.
«Giftige» Rechtsunsicherheit
SVP-Ständerat Germann sah es pragmatischer: «Man kann nicht sagen, wir hätten nicht versucht, eine Lösung zu finden.» Es seien x Varianten durchgespielt worden, nur sei bisher keine mehrheitsfähig gewesen. Zudem sei auch mit einem vom Parlament abgesegneten Vorschlag keine Fairness für alle gegeben.
Der Innerrhoder CVP-Ständerat Daniel Fässler, der den Verband Immobilien Schweiz präsidiert, bedauerte die Nichtlösung wie viele andere Parlamentarier auch. «Wir schaffen mit dem Ideenbasar der Verbände und des Parlaments eine sehr grosse Rechtsunsicherheit.» Das sei das grösste Gift für Unternehmer.
Ob mit oder ohne politische Lösung: Die Frage der Geschäftsmieten dürfte noch die Gerichte beschäftigen. Das Bundesgericht hat sich in betreffenden Fragen noch nicht geäussert. Das könnte auch noch Jahre so bleiben. (sda)