Lockdown statt Hochsaison: Das ist die Situation, in der sich der Schweizer Tourismus trotz schneereichem Winter befindet. Mit Bundespräsident Guy Parmelin und den Bundesräten Alain Berset und Ueli Maurer sprachen die Vertreter der Tourismusverbände am Freitag über den Ernst der Lage.
Folgende Tourismusverbände nahmen unter dem Dach des Schweizer Tourismus-Verbands STV am Treffen mit dem Bundesrat teil und stehen geschlossen hinter den gestellten Forderungen: GastroSuisse, HotellerieSuisse, Parahotellerie Schweiz, Seilbahnen Schweiz, Netzwerk Schweizer Pärke, Konferenz der regionalen Tourismusdirektoren, Verband öffentlicher Verkehr, Swiss Snowsports, Verband der Schweizer Tourismusmanager und der Verband Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen.
Im Gastgewerbe betrug der Jahresumsatz im Jahr 2020 bei fast der Hälfte der Betriebe weniger als 60 Prozent des Vorjahresumsatzes. In der Hotellerie rechnen aktuell zehn Prozent der Betriebe mit einer Konkurswahrscheinlichkeit von 61 Prozent und mehr. Und die Schweizer Seilbahnen notierten im bisherigen Wintersaisonverlauf im Vergleich zum Vorjahr 29,7 Prozent geringere Transportumsätze.
«Koordinierte Test- und Impfstrategie zwingend»
Der Tourismussektor sei sich bewusst, dass er die Arbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette nur dann wieder aufnehmen könne, wenn die Fallzahlen nachhaltig sinken, schreiben die Branchenverbände in einer gemeinsamen Mitteilung. Eine schnelle und koordinierte Test- und Impfstrategie werde deshalb – auch im Hinblick auf die internationale Reisetätigkeit und offene Grenzen – als zwingend erachtet.
Das jetzige Testregime müsse angepasst werden: Das Beispiel des Kantons Graubünden zeige, dass eine speditive Durchführung von Massentests möglich sei. Neben dem Kanton hätten dort auch Tourismusvertreter eine aktive Rolle bei der lokalen Organisation der Tests sowie der Sensibilisierung wahrgenommen – ein Vorgehen, das auch in anderen Regionen Schule machen könnte.
Der Tourismussektor fordert zudem ein schnelles Vorgehen beim Impfen, inklusive klarem, nationalem Zeitplan in Bezug auf die Impfmöglichkeiten für die breite Schweizer Bevölkerung. Sobald dieser vorliege, sei der Schweizer Tourismus bereit, als Botschafter aufzutreten und dem Anliegen Vorschub zu leisten.
Härtefallhilfen fliessen zu langsam
Fünf Milliarden haben Bund und Kantone insgesamt für die Unterstützung von Härtefällen vorgesehen. Diese müssen jetzt auch zwingend fliessen und bei den Betrieben ankommen, denn für viele zähle mittlerweile jeder Tag, halten die Verbände fest.
Der Bund müsse sicherstellen, dass die finanzielle Unterstützung rasch und unbürokratisch ins Rollen komme. Was es jetzt brauche, seien pragmatische Prozesse, wie sie im Frühjahr 2020 innert kurzer Zeit ins Leben gerufen wurden. Es dürfe nicht sein, dass gesunde, zukunftsfähige Betriebe Konkurs anmelden müssen, weil die ihnen gesetzlich zustehende Unterstützung zu spät kommt.
Exit-Strategie ab März gefordert
Der Tourismussektor forderte heute im Gespräch mit den Vertretern des Bundesrates zudem eine klare Exit-Strategie. Sollte es die epidemiologische Lage zulassen, so müsse der Lockdown per März 2021 schrittweise aufgehoben werden.
Die Exit-Strategie soll transparent gemacht werden und aufgrund eines Indikatorensystems – zum Beispiel bezüglich der Anzahl der Neuansteckungen, Auslastung der Spitalkapazitäten oder Quote der bereits geimpften Risikopersonen – nachvollziehbar sein. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass die Lockerungsmassnahmen ein rentables Wirtschaften ermöglichen.
Blick in die Zukunft
Die touristischen Betriebe brauchen zudem bestmögliche Sicherheit über den jetzigen Zeitpunkt hinaus. Der Blick und die Planung der Branche richtet sich daher bereits auf die Sommer- und Herbstsaison 2021. Die gegenwärtige Krise zeigt laut den Verbänden klar, wie entscheidend die Produktentwicklung und Produktemodernisierung für die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus sein werden. Deshalb sollen fürs Erste die touristischen Förderprogramme für Investitionen in touristische Infrastruktur geöffnet werden. Mittelfristig soll ein Impulsprogramm für die touristischen Investitionen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit aufgegleist werden.
Bundespräsident Guy Parmelin hat einen nächsten Tourismusgipfel für Mai 2021 in Aussicht gestellt. Dann soll auf die touristische Wintersaison 2020/2021 zurückgeblickt werden und es soll ein Austausch über die vorgesehene Berichterstattung über die mehrjährige Tourismusstrategie sowie mögliche Massnahmen seitens der Tourismuspolitik zur Unterstützung des «Restarts» des Tourismus nach Abklingen der akuten Pandemiephase geführt werden. (htr og)