Das Kongresshaus schloss 2017 für vier Jahre die Tore. Im Frühling 2021 wird der sanierte Bau an derselben besten Lage mitten in Zürich eröffnet und das Grossprojekt geht in den laufenden Betrieb über. Die Kongresshaus Zürich AG wird das Haus vollständig klimaneutral betreiben. Die entsprechende Zertifizierung von ClimatePartner wurde bereits im Sommer 2019 erteilt.
«Es ist wichtig, dass ein Haus mit so grosser Ausstrahlung mit gutem Beispiel vorangeht und die Chancen, die ein Neustart mit sich bringt, nachhaltig nutzt», sagt Roger Büchel, Direktor und CEO der Kongresshaus Zürich AG. Diese Vorreiterrolle wolle das Kongresshaus bewusst übernehmen, denn es sei eines der wichtigsten touristischen Aushängeschilder Zürichs – mit internationaler Strahlkraft.
Massnahmen und Zertifizierung
Die Umsetzung klimaneutraler Massnahmen umfasst verschiedene Ansätze: Den grössten Effekt erreicht die Kongresshaus Zürich AG im laufenden Betrieb mit einem entsprechenden Catering-Konzept. Dazu gehört das Verwenden regionaler und saisonaler Produkte und ein ideenreiches Angebot vegetarischer und veganer Küche. Bei den baulichen Massnahmen steht die Abdeckung von 70 Prozent der Wärmeregulierung durch Nutzung des Wassers aus dem nahegelegenen Zürichsee im Zentrum.
Die zentrale Lage ist ausserdem eines der grössten klimarelevanten Kriterien: Die Anreise innerhalb der Stadt Zürich kann zu Fuss oder mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln ausgeführt werden. Dazu kommt schliesslich das Engagement für ein Waldschutzprojekt in Peru, das den unvermeidbaren CO2-Ausstoss kompensiert. «Alle diese Aktivitäten stellen den vollständig klimaneutralen Betrieb des Kongresshauses sicher. Und dabei entstehen keine Zusatzkosten für die Veranstalter», sagt CEO Roger Büchel.
Die Beratung und Zertifizierung hat die ClimatePartner Switzerland AG mit Sitz in Zürich übernommen – und wird bei den Umsetzungen weiterhin beratend zur Seite stehen. Geschäftsführer Sven Berther sieht das Kongresshaus Zürich als Leuchtturm in der Region: «Es ist wichtig, dass grosse Häuser beim Thema Klimaschutz voranschreiten und zeigen, was möglich ist.» Die Zertifizierung wurde im Sommer 2019 nach strengen internationalen Kriterien vergeben. (htr)
Interview mit Roger Büchel, Direktor / CEO Kongresshaus Zürich AG
Herr Büchel, warum haben Sie sich entschieden, den Betrieb nach dem Umbau klimaneutral zu gestalten?
Ein solch umfassender Umbau und der Neustart unserer Firma bietet die Chance – und ist zugleich auch eine Pflicht –, über die Nachhaltigkeit nachzudenken. Diese Verantwortung haben wir wahrgenommen und uns früh mit ClimatePartner mit den Möglichkeiten auseinandergesetzt. [IMG 4]
Was war bei der Planung der Massnahmen wichtig?
Wir haben analysiert, wo wir im zukünftigen Betrieb CO2-Emissionen verursachen, um dann die Frage zu beantworten, wie wir diese vermeiden oder reduzieren können. Dabei haben wir festgestellt, dass wir vor allem in den Bereichen Gastronomie, Kälte- und Wärmeproduktion, Strom- und Wasserbedarf sowie Entsorgung Optimierungspotential haben – ein solches Haus können wir nicht ohne CO2-Emissionen betreiben. Und auf gewisse Aspekte, wie zum Beispiel die Anreise der Gäste, haben wir wenig Einfluss. Unvermeidbare CO2-Ausstösse können wir aber mit der Unterstützung eines Klimaprojekts in Peru kompensieren. Ausserdem sollten für die Veranstalter, die bei uns Messen, Kongresse und Events organisieren, durch die Massnahmen keine Mehrkosten entstehen. Das ist gelungen.
Zur Person
Roger Büchel ist seit Anfang 2019 Direktor/CEO der Kongresshaus Zürich AG, die das Kongresshaus Zürich mietet, vermarktet und betreibt. Der 46-jährige Rheintaler hält einen Executive MBA der Universität Zürich und hat als Gründer eines eigenen Unternehmens für Veranstaltungstechnik, als COO eines internationalen Event-Dienstleisters, als Manager von internationalen Künstlern und als Leiter eines Kongress-, Messe- und Eventbetriebs das Veranstaltungsbusiness von allen Seiten her kennengelernt. Roger Büchel ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.
Gibt es noch weitere Projekte in Sachen Nachhaltigkeit beim Kongresshaus – oder hört es bei dieser Zertifizierung auf?
Stolz bin ich auf die hauseigene Seewasserzentrale mit welcher 70% unseres Wärme- und Kältebedarfs gedeckt werden. Zudem beziehen auch mehrere Liegenschaften in unserer Nachbarschaft daraus klimafreundliche Wärme und Kälte. Im Allgemeinen ist uns die Nachhaltigkeit im Umgang mit unseren Mitarbeitenden, aber auch Partnern und Lieferanten wichtig. Weiter stehen wir unseren Kunden, den Veranstaltern, beratend zur Seite, zum Beispiel bei der Frage, was sie bezüglich Klimaschutz bei der Anreise optimieren können. Dann werden wir ganz bewusst auch vegane kulinarische Köstlichkeiten anbieten und möglichst regionale Produkte verwenden. Das Schöne an der Nachhaltigkeit ist, dass man sich immer verbessern kann. Deshalb wird das Thema auch in Zukunft ein ständiger Begleiter sein.
Inwiefern kann das Kongresshaus ein Vorbild sein?
Das Kongresshaus Zürich hat eine grosse touristische Bedeutung für die Stadt Zürich und repräsentiert die Stadt auch über regionale sowie nationale Grenzen hinaus. Wir hoffen und sind überzeugt, mit einer solchen Zertifizierung vor allem lokal Nachahmer zu finden, damit der Standort Zürich insgesamt und damit alle davon profitieren. Aber auch international wollen wir ein Signal aussenden und zeigen, dass so etwas möglich ist.
Was erhoffen Sie sich von dieser Zertifizierung?
Zum einen hoffen wir auf den Nachahmereffekt und wollen hier ein Vorbild sein. Aber natürlich möchten wir Veranstalter mit dem Thema zusätzlich begeistern, sodass sie im Zweifelsfall uns den Zuschlag geben. Weil sie das eine gute Sache finden und ebenfalls vorne mit dabei sein möchten. Nicht zuletzt wollen wir auch für qualifizierte, anspruchsvolle Arbeitnehmer ein positives Signal aussenden.
Zum Schluss ein anderes, aber auch sehr aktuelles Thema: Was ist Ihre Meinung zur geplanten Krediterhöhung für den Kongresshausumbau?
Die Krediterhöhung ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit des Kongresshauses, aber auch für den Tourismus-Standort Zürich allgemein. Mit der Krediterhöhung werden nicht Zusatzwünsche erfüllt, sondern notwendige bauliche Massnahmen umgesetzt. Ohne Erhöhung des Baukredits müssten diese Massnahmen sehr umständlich und teuer im laufenden Betrieb nachgeholt werden, was weder ökologisch, wirtschaftlich noch strategisch sinnvoll ist. Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Kongresshaus Zürich im kompetitiver gewordenen Markt nur bestehen kann, wenn es sich den Marktbedürfnissen mit einer entsprechenden Infrastruktur anpasst. Diese Erkenntnis bestätigt sich auch in unseren aktuell intensiven Verkaufsaktivitäten im nationalen Markt, aber auch in den Märkten Indien, USA, Spanien und Grossbritannien. Ich hoffe sehr, dass dies vom Gemeinderat gesehen wird und er sich entsprechend für die Krediterhöhung aussprechen wird.