Nach jahrelangen erfolglosen Verhandlungen und aufwändigen Gerichtsstreitigkeiten mit der Swiss Life, der Besitzerin des Warenhausgebäudes aus der Belle-Époque, sieht sich die Warenhauskette zu diesem Schritt gezwungen. «Wir haben für das Warenhaus gekämpft», sagte Manor CEO Jérôme Gilg am Montag vor den Medien.
Swiss Life hatte von Manor eine deutlich höhere Miete verlangt: 19 Millionen Franken, gemäss Manor-Angaben drei Mal mehr als bisher. Nun will der Lebensversicherungskonzern das Haus anders nutzen. Höhere Mieteinnahmen sollen mit Boutiquen und Büros generiert werden. Von der Schliessung betroffen sind 290 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Manor sowie 190 Angestellte eingemieteter Firmen, etwa von Zulieferern.
Rauswurf sechs Jahre hinausgezögert
Ins Gebäude mit 11'000 Quadratmetern Fläche gezogen ist Manor vor 35 Jahren. Der Mietvertrag lief Ende Januar 2014 aus. Manor konnte mit juristischen Schritten eine Mieterstreckung erwirken, diese läuft aber nach sechs Jahren Ende Januar definitiv aus. Nun hat die Warenhauskette entschieden, auf dieses Datum hin von sich aus auszuziehen – obwohl diesbezüglich noch fünf Gerichtsverfahren offen sind.
Ein Verbleib über dieses Datum hinaus hätte für das Unternehmen ein zu grosses Risiko bedeutet, erklärte der Manor-Chef. Zu viele juristische Fragen seien nach dem Stichtag offen. Die Warenhauskette verliere mit der Schliessung einen jährlichen Umsatz im hohen zweistelligen Millionenbetrag.
«Schwarzer Tag für Manor»
Gilg spricht von einem «schwarzen Tag» für das Unternehmen und einem «Nackenschlag» für die Mitarbeitenden. Man habe über Jahre für den Erhalt des Warenhauses im Herzen der Stadt Zürich gekämpft und dabei grosse Sympathien der Zürcherinnen und Zürcher, der Politik und selbst der Konkurrenz erfahren.
Der Versuch, trotz des juristischen Streits eine einvernehmliche Lösung zu finden, ist offenbar gescheitert. «Swiss Life wollte mit Manor nicht weiterfahren an der Bahnhofstrasse», erklärte Gilg. Erst unlängst schlug Swiss Life eine Kaufofferte des Warenhauskonzerns aus. Manor bot für das Gebäude 535 Millionen Franken – gemäss eigener Einschätzung einen marktgerechten Preis – und wollte bis zu 100 Millionen in das Gebäude investieren.
Swiss Life wehrt sich
Ein Verkauf der Liegenschaft an der Bahnhofstrasse würde der Geschäftsstrategie und den Interessen der Kundinnen und Kunden von Swiss Life zuwiderlaufen, teilte der Versicherungskonzern in einer Stellungnahme mit. Das Unternehmen halte Immobilien als Kapitalanlagen zugunsten der Versicherten.
Zudem habe die Liegenschaft einen wesentlich höheren Wert als von Manor geboten. Die Kaufangebote seien allesamt unrealistisch gewesen. «Es ist nicht die Aufgabe von Swiss Life, einen Konzern mit dem Geld unserer Versicherten zu subventionieren, indem wir auf eine marktübliche Miete verzichten.»
Einstellungsstopp in anderen Filialen
Möglichst vielen von der Schliessung betroffenen Mitarbeitenden will Manor eine Stelle in 16 anderen Manor-Warenhäusern im weiteren Umfeld von Zürich anbieten. An diesen Standorten wurde vorsorglich ein Einstellungsstopp erlassen. «Wir werden aber nicht alle Mitarbeitenden behalten können», sagte Gilg. Diesen Angestellten will Manor einen Sozialplan anbieten.
Die Warenhauskette will weiter in der Zürcher Innenstadt präsent bleiben und sucht intensiv nach einem neuen Standort. Entscheidend seien eine hochfrequentierte Lage und die Mietzinshöhe. Zudem müsse die Lokalität mindestens 5000 Quadratmeter Fläche bieten.
Stadt bedauert Schliessung
Der Wegzug von Manor von der Zürcher Bahnhofstrasse sei ein grosser Verlust, sagt die Zürcher Stadtentwicklerin Anna Schindler. Damit verschwinde das letzte ursprüngliche Warenhaus in diesem Quartier. Jelmoli und Globus hätten ein anderes Konzept.
Von einem «Stich mitten ins Herz der Zürcher Innenstadt» spricht die Geschäftsführerin der Interessensgemeinschaft Manor Bahnhofstrasse, Esther Girsberger, in einer Mitteilung. Der Wegzug von Manor mache die Bahnhofstrasse in vielerlei Hinsicht ärmer – auch bezüglich Anziehungskraft.
Die Gewerkschaft Unia pocht auf interne Lösungen zur Weiterbeschäftigung der Angestellten, wie sie mitteilte. Es gehe darum, Entlassungen zu vermeiden. Die Situation an der Bahnhofstrasse sei nicht neu: Die Warenhauskette habe genug Zeigt gehabt, um Alternativen für das Personal zu finden. (sda awp)