Die Bilanz lässt sich sehen: Bereits über 30 Partner nutzen Discover.swiss. Und dies, obwohl die Plattform vor anderthalb Jahren zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt mitten im ersten Pandemiesommer lanciert wurde. «Corona hat den Prozess verzögert, aber jetzt sind bereits viele Partner an Bord», freut sich deshalb Janine Bunte, Präsidentin des Vereins Discover.swiss und CEO Schweizer Jugendherbergen. Gemeinsam mit ihren Vereinskollegen lud sie vergangene Woche zum ersten Digital Competence Circle (DCC) nach Zürich ein. «Der Anlass war die erste Möglichkeit seit Beginn der Pandemie, die Community zusammenzubringen und weiter auszubauen», so Bunte.
Doch eins nach dem anderen. Was genau war noch mal Discover.swiss? Eine Plattform – aber keine im herkömmlichen Sinne. Discover.swiss ist keine Alternative zu Booking.com, auf der die Endkunden Leistungen buchen können. Vielmehr richtet sich die Plattform an Leistungsträger und Technologieanbieter und findet mehr oder weniger unsichtbar im Hintergrund statt, im sogenannten Backend. Dort bietet sie eine digitale Schnittstelle für die unterschiedlichsten Akteure des Schweizer Tourismus.
«Wir bringen alle touristischen Anbieter der Schweiz zusammen und stellen ihre Angebote über unsere Plattform der Branche zur Verfügung», erklärt Vizepräsident Jon Erni. Die Nutzung der Angebote läuft dabei modular, das heisst je nach individuellem Bedarf. So ermögliche man den touristischen Partnern einen niederschwelligen Einstieg in die Digitalisierung, auch wenn personelle und finanzielle Ressourcen knapp seien, verspricht Erni.
Besseres Nutzererlebnis und attraktivere Angebote
Bei Discover.swiss gehe es mitnichten darum, bereits existierende Technologielösungen zu konkurrenzieren, versichert er. Im Gegenteil: «Wir wollen bestehende Plattformen nicht ablösen, sondern sie mit mehr Verkehr versorgen.» Die verschiedenen touristischen Brands der Schweiz seien eine Stärke, die es zu erhalten gelte – jedoch idealerweise auf dem synchronisierten Backend von Discover.swiss.
Das heisst auch: Für den Gast bleibt alles beim Alten, zumindest optisch. Er soll auch in Zukunft über die bestehenden Plattformen seine Informationen und Leistungen beziehen können, sei es im SBB-Webshop, auf dem Portal der regionalen Tourismusorganisation oder der Website der lokalen Bergbahn.
Das Nutzererlebnis der Touristinnen und Touristen hingegen soll sich dank der zunehmenden Integration über Discover.swiss deutlich verbessern. Anstatt bei jedem Webservice ein neues Log-in erstellen zu müssen, kann sich der Gast mit einem einzigen Nutzernamen und Passwort bei allen angeschlossenen Leistungsanbietern einloggen. Dank des Nutzerprofils, das immer detaillierter wird, je länger und breiter ein Log-in genutzt wird, können den Nutzerinnen und Nutzern darüber hinaus weitere passende touristische Angebote unterbreitet werden.
Daten spielen im Discover.swiss-Ökosystem eine zentrale Rolle. Doch anders als Datenkraken wie Google oder Facebook setzt die Plattform auf den My-Data-Ansatz. Will heissen: Der Gast behält die Kontrolle über seine eigenen Daten. «Der Gast entscheidet, welche Daten er weitergeben will, nicht die Schweizer Jugendherbergen», erklärt Janine Bunte. Die SJH gehören neben Zürich Tourismus und dem Unterengadin zu den drei Pilotpartnern, die seit vorletztem Sommer Discover.swiss integriert haben. Laut Jon Erni – er war früher bei Microsoft tätig und ist heute CEO von miaEngiadina und muss es deshalb wissen – garantiert Discover.swiss den Datenschutz und genügt auch punkto Sicherheit höchsten Ansprüchen.
Partnerleistungen lassen sich einfach integrieren
Am DCC präsentierten sich einige der neu hinzugewonnenen Vereinsmitglieder, etwa Aargau Tourismus und das Digitalunternehmen Konoma. Beide wollen in naher Zukunft zusammen eine Plattform für Lehrkräfte lancieren, auf der diese unkompliziert die einzelnen Stationen einer Schulreise zusammenstellen können. Dank Discover.swiss könnten in Zukunft Leistungen weiterer Partner direkt auf der Site integriert werden, sodass die Plattform mit der Zeit vom Planungs-Tool zum One-Stop-Shop für Schulreisen heranreifen könnte, so Jaykson Bilbao, Business Designer bei Konoma.
Seit September offizielle Partnerin von Discover.swiss ist auch die TSO AG. Am DCC präsentierte sie ihre Lösung Contentdesk.io, mit der sich Daten aus verschiedenen Quellen verwalten, «veredeln» und in andere Systeme übertragen lassen. «Für uns ist Discover.swiss eine spannende Plattform, welche uns Module bietet, die wir nicht selbst entwickeln müssen und uns so auf die Kernfunktionen unseres Tools fokussieren können», so Geschäftsführer Stefan Keller.
Beim Entwickeln «eine Dezimalstelle» Kosten sparen
Nun hoffen Janine Bunte, Jon Erni sowie die anderen Initianten von Discover.swiss auf möglichst viele neue Mitglieder. Eine Partnerschaft lohne sich auch finanziell, ist Erni überzeugt. Etwa für eine Destinationsmanagementorganisation (DMO), die einen eigenen Webshop entwickeln will. Je nach Umfang koste ein solches Projekt 10 000 bis 90 000 Franken. Normalerweise – das heisst ohne den Bezug von Leistungen via Discover.swiss-Technologiepartner – koste es «eine Dezimalstelle» mehr, so Erni. Die DMOs und Leistungsträger ruft er dazu auf, sich bei Discover.swiss zu melden, um die individuellen Bedürfnisse abzuklären.
Doch welchen Anreiz hat ein etablierter Technologieanbieter, dem Netzwerk von Discover.swiss beizutreten und seine Leistungen vergleichsweise günstig den Partnern zugänglich zu machen? Ist es für ihn nicht profitabler, jeder Destination und Bergbahn einzeln ein teures Gesamtpaket zu verkaufen? Tatsächlich hätten Anbieter von geschlossenen, proprietären Systemen wenig Interesse daran, ihre Ökosysteme zu öffnen, gibt Janine Bunte zu. Umso wichtiger sei es gerade für kleinere Leistungsträger, sich zusammenzuschliessen und gemeinsam eigene Open-Source-Lösungen zu entwickeln, von denen anschliessend alle anderen Partner im Netzwerk ebenfalls profitieren könnten.
Die eigentliche Konkurrenz ist im Ausland
Doch auch Stefan Keller von der Technologieanbieterin TSO AG sieht in der Zusammenarbeit einen Vorteil. «Wir sind ein Baustein im Discover.swiss-Ökosystem. Je mehr Partner an der Plattform partizipieren, umso grösser wird das Ökosystem und umso vielseitiger werden die Anwendungsfälle.» Nun hoffe er, dass auch andere Systemanbieter Discover.swiss eher als Chance denn als Konkurrenz sähen. «Und natürlich auch, dass sich die Investition auszahlen wird, indem wir dank Discover.swiss für unsere Kunden Projekte umsetzen können, welche vorher kaum finanzierbar gewesen wären.»
Digitalisierung bedeutet für Janine Bunte «gemeinsam sind wir stärker». «Kooperation schadet niemandem, die Pandemie hat das klar gezeigt.» Ein einzelner Leistungsträger alleine bringe noch keinen Gast. Die Schweizer Touristiker stünden deshalb nicht in Konkurrenz untereinander, sondern mit dem Ausland. Und: «Für die ausländischen Gäste wird ein durchgängiges Erlebnis immer wichtiger.»
Discover.swiss besteht aus einer Genossenschaft und einem Verein. Die Genossenschaft umfasst 5 Personen und aktuell 18 Organisationen, darunter mehrere Destinationen, Firmen, die Rhätische Bahn und HotellerieSuisse. Sie stellt den Betrieb sowie den Datenschutz auf der Plattform sicher und arbeitet eng mit dem Verein Discover.swiss zusammen. Dieser unterstützt die Mitglieder bei der digitalen Transformation, fördert den Austausch untereinander und gewährleistet die Weiterentwicklung der Plattform gemäss ihren Bedürfnissen.
discover.swiss