Anlässlich des Wahljahrs organisiert die PR-Agentur Furrer Hugi gemeinsam mit dem Symposium «Soil to Soul» eine Kochserie mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern. Das Menü folgt den nachhaltigen Vorgaben von «Soil to Soul». Als Chef mit nationaler Ausstrahlung wurde Spitzenkoch Martin Göschel vom Hotel Alpina Gstaad verpflichtet. Im Interview erklärt er, weshalb er sich für die Nachhaltigkeitsbewegung einsetzt, dass ein Luxushotel trotz grossen Bestrebungen nie ohne Abfall funktionieren wird und dass er aus Gemüseresten gerne farbenfrohe Gummibärchen herstellt. 

Martin Göschel, Sie engagieren sich für «Soil to Soul». Was fasziniert Sie an dieser noch jungen Nachhaltigkeitsbewegung?
«Soil to Soul» stellt sich die Frage, wie man mit achtsam produzierten Lebensmitteln positiv auf die Umwelt und das Wohlbefinden der Menschen einwirken kann. In der Küche des «Alpina Gstaad» sind wir in diesen Bereichen fortgeschritten. Wir verwenden wo immer möglich Schweizer Produkte und versuchen, Food-Waste so weit es geht zu minimieren. Deshalb passen wir gut zusammen.

Obwohl ich eine nachhaltige Philosophie verfolge, bin ich trotz allem Executive Chef in einem der angesagtesten Luxushäuser der Schweiz.

Sie werden im Rahmen Ihres «Soil-to-Soul»-Engagements mit Parlamentariern kochen. Werden Sie die Politiker auf Nachhaltigkeit einschwören?
Natürlich möchte ich meine Philosophie weitergeben. Aber: Jeder soll selbst entscheiden, welche Informationen er aufnehmen und worüber er nachdenken möchte. Ich zwinge niemanden zu Nachhaltigkeit und habe weder die Funktion noch die Ambition eines Lehrers!

Nachhaltigkeit im «The Alpina»
45'000 Bienen
Im Garten fliegen hoteleigene Bienen in neun Bienenstöcken, die Honig für das Frühstücksbüffet und das Sommet Degustationsmenü herstellen.

Weniger CO2
Die Entsorgung der Lebensmittelabfälle erfolgt nur auf Abruf, was die CO2-Emmissionen um 90 Prozent reduziert.

Plastik verbannt
In der Küche wurden Vakuumbeutel mit Mehrweg-Plastikbehältern ersetzt, was eine Tonne nicht-reziklierbaren Plastikabfall einspart.

Pizza statt Abfall
3 Prozent der Gäste in der Alpina Lounge & Bar entscheiden sich für die Offcut-Pizza oder die Offcut-Pasta.

Weniger Essensresten
Durch die Reorganisation des Küchenteams sowie der Anstellung eines hoteleigenen Bäckers werden 16.5 Prozent Essensreste pro Gast vermieden.

Obwohl ich privat wie im «The Alpina Gstaad» eine nachhaltige Philosophie verfolge, bin ich trotz allem Executive Chef in einem der angesagtesten Luxushäuser der Schweiz. Es muss jedem bewusst sein, dass nicht alles nachhaltig sein kann, was wir hier machen. Wir gehen auf Bedürfnisse und spezielle Gästewünsche ein. Unsere Menüs tragen keinen Stempel, dass die Zutaten im Umkreis von 100 Kilometern einkauft wurden.

Einer der Hotelbesitzer, Nachson Mimran, hat sich seit Jahren der Weltgesundheit verschrieben. Inwiefern beeinflusst er Ihr Schaffen und Ihre finanziellen Möglichkeiten?
Er beflügelt mit seinem Grundgedanken die Ideen innerhalb des Hauses und der Küche. Aber wir sind als Team immer frei, was wir tatsächlich umsetzen.

Sie haben eine Zero-Waste-Brotpasta kreiert, die von Gästen und Presse gefeiert wurde. Steht sie noch immer auf der Menükarte?
«Zero Waste» ist ein strenges Wort. Ich bin für den Begriff «Less Waste». Also für weniger Müll, was für ein Luxushotel realistischer ist. Zurück zur Pasta die Pane. Sie ist tatsächlich eine Erfolgsgeschichte. Sie wird inzwischen in Aarau in der Stiftung Töpferhaus für uns produziert. Das ist eine Institution für Personen mit einer psychischen Beeinträchtigung. Privatpersonen können sie dort auch kaufen.

Welche neuen Ideen gegen Food-Waste verfolgen Sie im Moment?
Wir stellen aus den Nebenprodukten des Simmentaler Biers Müesliriegel her, und wir verfeinern das Rezept für Gummibärchen, die aus Gemüseresten hergestellt wurden. Die Kinder mögen sie sehr. Wo diese Story enden wird, werden wir sehen.

Kommt das Nachhaltigkeitsbewusstsein auch in der Luxushotellerie an? Essen wohlhabende Personen heute anders als noch vor fünf Jahren?
Das Essverhalten verändert sich tatsächlich. Wir bieten im Gourmetrestaurant Sommet neben dem klassischen auch ein vegetarisches und als Variante ein veganes Menü an. Sie werden oft bestellt.

Braucht es im Gegenzug weniger Luxusprodukte wie Kaviar oder Hummer?
Lassen Sie mich eine Lanze für die sogenannten Luxusprodukte brechen. Vieles wird heute sehr nachhaltig und regional produziert. Als Beispiel gilt der Oona-Kaviar aus dem Tropenhaus in Frutigen. Die Fische werden in frischem Bergquellwasser gezüchtet, und bei der Kaviar-Gewinnung wird der ganze Fisch verarbeitet.

Lassen sich internationale Gäste auf das Schweizer Experiment ein?
Die Geschmäcker sind tatsächlich unterschiedlich, und deshalb bieten wir eine Auswahl an Kaviar an. Der Kaviar auf unserer Karte stammt aber in jedem Fall aus einer nachhaltigen Zucht.

Zur Person
Der gebürtige Deutsche Martin Göschel lebt seit Jahren in der Schweiz. Er hat im Alpenraum seinen eigenen, naturnahen Kochstil mit internationalen Einflüssen entwickelt. Der Gourmetführer Gault Millau kürte ihn 2002 zum Aufsteiger des Jahres. Göschels Küche wurde 2013 im Hotel Paradies in Ftan mit dem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet. Seit 2017 leitet er als Executive Chef die vier Restaurants im The Alpina. Das Gourmetrestaurant Sommet ist mit einem Michelin-Stern und 18 Gault Millau-Punkten dekoriert.