Acht Jahre lang führte Martin von Moos die Geschicke des Zürcher Hotellerie-Vereins. Mit seiner Affinität für die Politik verschaffte er der Branche während der Pandemie Gehör und Relevanz. Seither wird HotellerieSuisse in Zürich als wichtiger Player wahrgenommen. Der Verband wird an Sitzungen der Leitungsgremien eingeladen und seine Stimme wird gehört, letztmals bei der Energiekrise im vergangenen Herbst. Von Moos’ Weggefährten und Mitarbeitende beschreiben ihn als Patron. Er könne gut zuhören, nehme die Menschen ernst und komme schnell ins Handeln.

Martin von Moos, die Zürcher Hotellerie ist bunt wie ein Warenkorb. Wie konnten Sie sie zusammenzuhalten? 
Das macht der Präsident ja nicht alleine. Ich war immer darauf bedacht, den Vorstand strategisch geschickt zusammenzusetzen. Wir hatten immer Vertreter aus der Kettenhotellerie, der Flugenhafenhotellerie, den verschiedenen Hotelkategorien und aus den Regionen. So hatte der Vorstand mit seinen Vertretern immer ein Sprachrohr. [RELATED]

Was war Ihnen während der Pandemie wichtig?
Am Anfang der Pandemie haben wir Telefonaktionen gestartet. Wir haben die Hoteliers gefragt, wie es ihnen geht und was sie brauchen. Die Hoteliers haben diesen Kontakt geschätzt. Sie haben bemerkt, wie viel ein Verband in einer Krise bewirken kann.

Wie hat die Stadthotellerie die Pandemie bewältigen können?
Während des Lockdowns gab es viele Ängste und massive Umsatzeinbussen. Durch die rasche Unterstützung von HotellerieSuisse beispielsweise mit Schutzkonzepten wurden die Hoteliers entlastet. Sie konnten sich auf ihre Betriebe konzentrieren. Wir sind nach der Pandemie alle überrascht worden, wie schnell die Gäste zurückgekehrten. Ich habe am Anfang befürchtet, dass es viel schlimmer kommt.

Die heutige Jugend verlässt die Branche, wenn man sie nicht ernst nimmt und sie verheizt.

Anpackend und engagiert
Der Luzerner Martin von Moos entstammt der EHL-Schmiede. Seine Laufbahn begann er in Asien, wo er fünf Jahre lang in Hongkong, China und Macau wirkte. Danach war er schweizweit in Ketten- wie auch in der Individualhotellerie beschäftigt. Heute führt er die Hotels Belvoir und Sedartis in Thalwil am Zürichsee, deren Eröffnung er neben zwei weiteren verantwortete.

Der 60-jährige Vater dreier Kinder ist Vizepräsident von Swiss Quality Hotels, Vorstandsmitglied von Zürich Tourismus, Vorstandsmitglied des Arbeitgeberverbands Zürichsee-Zimmerberg und war von 2015 bis 2023 Präsident des Zürcher Hotellerie-Vereins. Er kandidiert für das Präsidium von HotellerieSuisse.

Krisen lösen oft Strukturbereinigungen aus, was mitunter zu einer Steigerung der Qualität der verbliebenen Hotels führen kann.
Das Argument der Qualitätssteigerung wegen der Krise finde ich bemühend. Es haben insbesondere in der Gastronomie auch gute Betriebe schliessen müssen! Im Raum Zürich wurden während der Krise neue Hotelprojekte vorangetrieben. Von 2018 bis 2023 wurden insgesamt 3000 neue Hotelzimmer gebaut. Die neuen trendigen Konzepte von Ruby, Citizen M und Co. ziehen viele Junge aus der ganzen Welt an, weil sie die Marken aus Städten wie Berlin, Frankfurt oder München kennen. Wir haben uns von einer klassischen Business- und Banker-Stadt zu einer Leisure-Stadt entwickelt. Diesen Wandel haben wir zusammen mit Zürich Tourismus vorangetrieben.

Was machen die zusätzlichen 3000 Zimmer mit der angestammten Hotellerie?
Viele der neuen Hotels sind Ketten- und Markenhotels. Dadurch ergibt sich für die familiengeführten Hotels die Chance, ihre Individualität zu behalten oder gar zu akzentuieren.

Sie haben in der Pandemie Kontakte mit Behörden und Politik geknüpft.
Das war ein Schlüsselerlebnis. Ich habe gelernt, mutiger zu sein. Statt den Behördenweg zu nehmen, bin ich direkt auf einen Regierungsrat zugegangen und habe meinen Standpunkt erklärt. Die Hotellerie ist als Branche sichtbar geworden, und sie wird ernst genommen. Heute werden wir bei wichtigen Prozessen und Entscheidungen wie bei der Energiemangellage direkt eingeladen. Wir arbeiten konstruktiv an Lösungen. Das ist eine schöne Erfahrung.

Was sind die aktuellen Herausforderungen in der Region Zürich?
Wie überall beschäftigt uns der Fachkräftemangel. Die Arbeitgeberattraktivität, die in aller Munde ist und die von der Generation Z erwartet wird, ist etwas Neues für einige Arbeitgeber. Die Lohnstrukturen und die Arbeitszeiten mit Zimmerstunde und Wochenenddienst machen es für die Hotellerie nicht einfacher. Doch wir müssen unsere Stärken vermarkten. Die Attraktivität unserer Branche sehen wir anhand der Schnupperlernenden, denn wir haben viele Anfragen. Die Jungen finden unsere Branche lässig. Leider vergraulen wir sie jedoch zu oft. Die heutige Jugend verlässt die Branche, wenn man sie nicht ernst nimmt und sie verheizt. Damit tragen wir nicht zum guten Image bei.

Wie sensibilisieren Sie die Branche?
An der letzten GV hielt ich tatsächlich eine Standpauke. Das kann man einmal machen, denn jeder Hotelier beziehungsweise jede Hotelière steht selber in der Verantwortung. Wir setzen auch auf Programme wie die Erfahrungs­gruppe für HR-Verantwortliche. Der Austausch bewirkt viel. Bei den Hoteldirektoren, vor allem bei den jüngeren, hat das HR einen höheren Stellenwert als früher. Weiter haben wir zusammen mit Gastro Zürich das Coachingprogramm CoBe für Lernende auf die Beine gestellt. Es hilft Lehrbetrieben und Lernenden, schwierige Situationen innerhalb eines Lehrverhältnisses zu meistern. Erfahrene Hoteliers, HR-Leute und weitere Personen von der Basis coachen die Lernenden und/oder die Ausbildner. Wir haben bereits 50 Fälle behandelt.

Die Branche hat es versäumt, genug Fachleute auszubilden. Wie ist die Lehrstellenlage in der Region Zürich?
Es ist so, dass wir zu viele Bewerber und zu wenig Ausbildungsplätze haben. Das darf nicht sein! Wir gehen dann direkt auf die Hotelbetriebe zu, die noch keine Lernenden haben, und motivieren sie, Lehrstellen anzubieten. Viele Markenhotels kennen das duale Ausbildungssystem nicht, dort gibt es etwas Erklärungsbedarf.

Wenn Sie einen Werbespot für die Hotellerie machen könnten, wie würde der lauten?
Die Region Zürich ist eine lässige Gegend mit Ganzjahresbetrieben und vielen internationalen Gästen, bei denen man die Sprachen anwenden kann. Die Hotellerie ist vielfältig, jeder Mitarbeitende findet eine zugeschnittene Stelle. Als ich jung war, lag die Sexyness der Hotellerie in Asien. Heutzutage haben wir in der Schweiz und gerade rund um Zürich viele spannende Hotels. Abwechslungsreiche Jobs, ein durchlässiges Ausbildungssystem und gute Aufstiegschancen.

Die Hotellerie ist vielfältig
Die Hotels des Zürcher Hotellerie-Vereins erstrecken sich über die vier Kantone Zürich, St. Gallen, Aargau und Schwyz und sind mit Stadt-, Seminar-, Leisure- und Flughafen­hotellerie äusserst vielfältig. Das Angebot reicht von Boutique-Hotels über Kettenbetriebe und Familienhotels bis hin zu Jugendherbergen und vielen weiteren innovativen Konzepten.

152 Mitgliederhotels mit 14'800 Gästezimmern und 6 Millionen Logiernächten pro Jahr