Pünktlich zum Lehrbeginn in der Schweiz im August konnte der Verband HotellerieSuisse den ersten Hotelleriebetrieb im Kanton Tessin als TOP-Ausbildungsbetrieb (TAB) zertifizieren lassen. Das Qualitätslabel zeichnet branchenübergreifend Betriebe aus, welche sich besonders intensiv in der Ausbildung von jungen Menschen engagieren.
«Wir haben uns dazu entschieden, ein TOP-Ausbildungsbetrieb zu werden, weil wir uns stetig verbessern möchten», so Resident Manager und HR-Verantwortliche Sheila Citriniti der La Rocca Living Hotel Group. «Wir möchten unseren betrieblichen Ausbildnern mit der Weiterbildung durch die Stiftung TOP-Ausbildungsbetrieb mehr Sicherheit geben, denn diese Sicherheit und ihr aktualisiertes Fachwissen geben sie unseren Lernenden weiter.» Im August und September beginnen zwei Lernende die Lehre als Hotelkommunikationsfachfrau/-mann in den La-Rocca-Hotels. Betreut werden sie von zwei betrieblichen Ausbildnern.
In Zeiten des Fachkräftemangels bessere Karten
Mitte August sind in der Schweiz noch immer rund 10'000 Lehrstellen offen. Immer grösser wird die Nachwuchslücke für sämtliche Schweizer Branchen. Dementsprechend stark ist der Wettbewerb um geeignete Fachkräfte für die eigene Branche.
Die Stiftung TOP-Ausbildungsbetrieb in Zofingen hat dieses Problem schon länger erkannt, und bietet seit 2014 Weiterbildungskurse für betriebliche Ausbildnerinnen und Ausbildner an – damit diese stets auf dem neuesten Stand sind. «In der Schweiz müssen betriebliche Ausbildende nur den einwöchigen Berufsbildner-Kurs absolvieren, danach müssen sie sich ein Leben lang nicht weiterbilden», erklärt Thomas Rentsch, Geschäftsführer von TOP-Ausbildungsbetrieb. Mit seiner Stiftung wolle er ein ergänzendes Angebot zum Berufsbildner-Kurs anbieten, damit die Betriebe am Puls der Zeit ausbildeten und so eine attraktive Alternative zu den Gymnasien darstellten.
Unterstützung von sieben Branchenverbänden
Entstanden ist die Stiftung ursprünglich im Umfeld des Branchenverbandes Carrosserie Suisse. Mittlerweile wird sie von sieben Schweizer Branchenverbänden mitgetragen: HotellerieSuisse, Gastrosuisse, Jardinsuisse, Schweizerischer Maler- und Gipsermeisterverband (SMGV), Schweizer Bootbauerverband (SBV), Verband Holzindustrie Schweiz und Carrosserie Suisse. «Unser Verband engagiert sich als Trägerverband von TOP-Ausbildungsbetrieb, weil unsere Branche auf viele gute Lernende angewiesen ist», so Lukas Gasser, Fachspezialist Bildungsmarketing bei HotellerieSuisse.
Mehr Sozial- und Kommunikationskompetenz
In den Kursen von TOP-Ausbildungsbetrieb lernen Ausbildungsverantwortliche, wie sie mit der Gen Z umgehen, und sie können sich über drei Label-Stufen aktuelles Fachwissen zu Kommunikation und Sozialkompetenz erarbeiten. Thomas Rentsch betont: «Uns ist es enorm wichtig, dass die Ausbildungsverantwortlichen aller Branchen in unseren Kursen ihre eigene Rolle in Ruhe reflektieren können, etwas, wozu sie im hektischen Alltag kaum Zeit haben.»
Es sei zentral, die Lernenden richtig abzuholen, damit sich diese im Lehrbetrieb heimisch fühlten. «Die Eigenmotivation der betrieblichen Ausbildnerinnen und Ausbildner nehmen wir in unseren Kursen auch unter die Lupe», so Rentsch, «und wir zeigen ihnen auf, wie wichtig ihre Rolle in der Ausbildung der Lernenden ist.» Oft hätten die betrieblichen Ausbildenden im Anschluss an die Kurse von TAB selbst wieder einen Motivationsschub.
Mehr Qualität, Motivation und Teamgeist
Diesen Effekt bestätigt Sandy Stöckenius, HR-Managerin der Belvedere-Hotel-Familie in Scuol: «Unser Betriebsklima hat enorm von der Weiterbildung durch TOP-Ausbildungsbetrieb profitiert», sagt sie. «Alle sind jetzt viel bewusster unterwegs, die Geschäftsleitung steht zu 100 Prozent hinter dem Label, wir haben viel mehr Anfragen für Schnupperlehren und für Lehrstellen, und die Lernenden fühlen sich bei uns von Anfang an wie zu Hause.»
Auch Alexandra Wohlfahrt, Vizedirektorin und HR-Managerin des 4-Sterne-Hotels Krone in Lenzburg, äussert sich zum TAB-Label nur positiv: «Wir haben alle unsere Ausbildner in den Stufe-1-Kurs von TOP-Ausbildungsbetrieb geschickt, jetzt sind alle auf dem gleichen Wissensstand, das ist für den Betrieb sehr gut. Wenn wir zum Beispiel von der Iperka-Methode sprechen, wissen alle, was gemeint ist.» Grundsätzlich habe der Kursbesuch bei allen Ausbildnern Motivation und Optimismus ausgelöst. Bei den Gästen komme die TAB-Glastafel, welche beim Check-in platziert sei, sehr gut an.
Im Romantik-Hotel Stern in Chur klingt es nicht anders: «Das Label TOP-Ausbildungsbetrieb ist ein tolles, zweiseitiges Instrument: Nach innen bilden sich unsere Ausbildner weiter, und wir überprüfen laufend, ob wir das, was wir predigen, auch wirklich umsetzen», so Inhaber und Geschäftsführer Adrian K. Müller. Nach aussen sei das Label ein sehr positives Zeichen für das Hotel. Man habe genügend Lernende, und von den Gästen werde das Label ebenfalls sehr geschätzt. Die Ausbildung sei für alle von Anfang an eine Herzensangelegenheit gewesen.
Die Stiftung TOP-Ausbildungsbetrieb (TAB) ist ein nationales Unterstützungs- und Auszeichnungssystem, das zur Attraktivität der gewerblichen Berufe beitragen soll. TAB unterstützt Betriebe aus sämtlichen Branchen dabei, ihre Ausbildungsqualität zu erhöhen und zeichnet mit dem Label Unternehmen aus, die sich besonders intensiv bei der Ausbildung von jungen Menschen engagieren. «TOP-Ausbildungsbetrieb» hebt sich insofern von vielen Labels ab, dass es nicht nur vorhandene Qualität beurteilt, sondern auch im Vorfeld bei der Entwicklung hilft. Das in der Schweiz bislang einmalige System wurde 2017 durch Alt-Bundesrat Johann Schneider-Ammann mit dem «Enterprize» ausgezeichnet und wird vom Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) empfohlen.
Nina Müller, Leiterin Marketing und Kommunikation