Über zehn Jahre lang führte ein im belgischen Lontzen ansässiger Radiomoderator Hotels in der Schweiz, Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Italien hinters Licht. Er versprach den Hoteliers ein Interview mit ihnen und Werbung über den Betrieb auf seinem Radio-Portal RTR Kulturradio Europa auszustrahlen. Das Interview würde ein Jahr lang jeden Monat einmal gesendet werden, die Werbung mittels Jingle zehnmal pro Tag. Als Gegenleistung verlangte er Übernachtungsgutscheine vom Hotel. Diese würde er unter seinem Publikum – mit über 100 Mio. Hörern, wie er sagte –, verlosen.

Wie der Walliser Hotelier Louis Papadopoulos vom Maya Boutique Hôtel in Nax Mont-Noble nun publik machte, hatte der Moderator jedoch die Gutscheine nicht verlost, sondern seit 2005 bei der Auktionsplattform Ebay unter dem Nutzernamen «goldschatz1963» zu einem Vielfachen unter dem Wert verkauft. Dies brachte ihm mehrere hunderttausend Euro ein. Der Belgier machte nicht nur falsche Versprechungen. Er masste sich auch an, Gutscheine zu fälschen und selber auszustellen, wie die aktuelle Sonntagszeitung in Erfahrung brachte.

Louis Papadopoulos erklärte auf Anfrage von htr.ch, dass der Radiomoderator ihn bereits vor anderthalb Jahren angefragt habe. Der Hotelier habe mitgemacht, sei dann bald auf Unstimmigkeiten gestossen und wurde misstrauisch. «Ich hatte keine beweisenden Fakten in den Händen und sah mich als Einzelfall in diesem Betrug», so der Walliser Hotelier, der es aus diesem Grund auch unterliess gegen den Belgier rechtlich vorzugehen. Bei zusätzlichen Nachforschungen auf dem Auktionsportal stiess er jedoch auf weitere Schnäppchenangebote, woraufhin er die betroffenen Hotels in der Schweiz persönlich informierte.

Branchenverbände warnen
Nachdem unlängst ein Gast bei Papadopoulos erneut einen Gutschein einlösen wollte und sich herausstellte, dass dieser nicht verlost sondern über «Ebay» ersteigert wurde, entschied der Hotelier, hotelleriesuisse, den Unternehmerverband der Schweizer Hotellerie, und die Presse zu einzuschalten.

Der Branchenverband reagierte vergangenen Freitag unmittelbar nach Eingang der Meldung von Papadopoulos und warnte seine Mitglieder. «Das Interview wird nie ausgestrahlt. Die Gutscheine werden nicht verlost, sondern auf 'Ebay' verkauft. Wir raten Ihnen dringend ab, auf ein solches Angebot einzugehen». Der Rechtsdienst von hotelleriesuisse verfasste die Meldung in allen drei Landessprachen. Rechtliche Schritte würden derzeit geprüft, heisst es weiter. Auch der deutsche Bundesverband DEHOGA liess inzwischen verlauten, dass betroffene Hoteliers in Deutschland Strafanzeige wegen Betruges stellen sollten, wie die AHGZ am Mittwoch schreibt. 

Tourismusorganisationen ebenfalls involviert
Für den Walliser Hotelier müssten nicht nur die Branchenverbände informieren. Er sieht auch die Tourismusorganisationen in der Pflicht, auf den Schwindler aufmerksam zu machen. Der dreiste Betrüger sei auch viele Verkehrsvereine – unter anderem in Uri und dem Wallis – angegangen, die sein Angebot den Hoteliers empfehlen sollten. Daher hätten viele Hoteliers im Vertrauen zu den Organisationen sich auf diesen unredlichen Deal eingelassen.

Die nationale Tourismusorganisation Schweiz Tourismus (ST) gab gegenüber htr.ch bekannt, dass die Vertretung in Belgien nie von besagtem Radiomoderator kontaktiert wurde. «Des Weiteren hat uns auch nie ein Schweizer Leistungsträger darauf angesprochen», so Daniela Bär, Leiterin internationale Medienarbeit & Unternehmenskommunikation. «Wir raten unseren Schweizer Partnern in solchen Fällen, sich mit der entsprechenden ST-Medienabteilung in unseren Auslandmärkten in Verbindung zu setzen, sollten bei Anfragen dieser Art irgendwelche Zweifel aufkommen».

Bei Uri Tourismus hiess es, dass man zwar angerufen wurde, jedoch davon absah und dies dem Moderator auch so mitteilte, den Hotels sein Angebot weiter zu empfehlen.

Keine Anfrage des Betrügers ging bei Valais/Wallis Promotion ein. «Unsere Marktverantwortlichen wurden vom Radiomoderator nicht kontaktiert. Auch wurden wir von den lokalen Tourismusbüros nicht darauf angesprochen», sagt Matthias Summermatter, Mediendienst bei Valais/Wallis Promotion, auf Anfrage von htr.ch.

Reuig aber nicht einsichtig
Auch wenn sich der Betrüger in den Medien und gegenüber den geschädigten Hoteliers reuig zeigt, warnt Papadopoulos weiter. Bei seinen Recherchen zum Fall sei er auch auf andere Portale gestossen, wo der Radiomoderator die Übernachtungsgutscheine zu einem Schnäppchenpreis – laut dem Hotelier rund ein Drittel bis ein Viertel günstiger als von den Hotels angeboten – verhökert. Ebenso hatte er seinen «Ebay»-Namen auf mariannedietrich10 gewechselt. Dieser Account enthält jedoch seit Mittwochabend keine Angebote mehr.

Papadopoulos regt nun zusammen mit anderen Walliser Hoteliers an, sämtliche Hotelgutscheine inskünftig auf den Namen des Beschenkten auszustellen und mit dem Zusatz «Dieser Gutschein darf nicht verkauft werden» zu versehen. (htr/npa)