Gut eineinhalb Jahre nach Ausbruch der Pandemie herrscht in der Stadthotellerie noch immer Krisenstimmung. Zwar haben sich die Auslastungszahlen in den letzten Wochen etwas erholt, aber der dramatische Nachfragerückgang von über zwei Dritteln und mehr im Vergleich zum Vorkrisenniveau ist noch lange nicht wettgemacht, und die meisten Betriebe sind weit entfernt von einem rentablen Geschäft.

Die Stadthotellerie war schon vor der Pandemie unter Druck
Doch bereits vor dem Nachfrageknick durch Corona hat sich das Marktumfeld für die Stadthotels deutlich verschärft. Das tiefe Zinsniveau und der damit verbundene Immobilienboom sorgten für ein Überangebot, das auf die Auslastungen und Raten drückte. Obwohl Projekte verschoben wurden, ist die Ausweitung des Angebots, zumindest an A-Standorten, noch im Gange. Angesichts der anhaltenden Unsicherheit erfolgen die Buchungen nach wie vor sehr spontan, und eine längerfristige Planbarkeit der Zimmerbelegung und des MICE-Geschäfts ist kaum gegeben. Die Dauer dieses Zustandes bleibt ungewiss.

Worin sich aber viele Studien einig sind, ist, dass der Businesstourismus nach der Pandemie ein anderer sein wird als davor. Zwar sehnen sich nach den langen Monaten von Homeoffice und Videokonferenzen etliche Businessgäste wieder nach dem persönlichen Kontakt, aber man muss davon ausgehen, dass das Geschäftsreisevolumen in den kommenden Jahren kleiner sein wird als vor Corona – das bei einem sich mancherorts ausdehnenden Zimmerangebot.

Dies macht bei Hotelbetreiberinnen und -eigentümern ein Umdenken nötig, denn der Strukturwandel ist auch in der Stadthotellerie angekommen. Bei der Suche nach neuen Geschäftsmodellen und Verwendungsalternativen für die Liegenschaften existieren für die Businesshotellerie im Wesentlichen fünf strategische Optionen. Ohne Bauszenario ist eine Erweiterung der Geschäftstätigkeit oder eine radikale Kostenoptimierung durch Digitalisierung möglich. Mit Bauszenario gibt es folgende Möglichkeiten: Serviced Apartments auf Basis Beherbergungsvertrag, Wohnnutzung auf Basis Mietvertrag oder eine Konversion zur Mixed-use-Liegenschaft.

Städtischer Freizeittourismus als Chance für die Hotellerie
Am naheliegendsten ist es, neue Marktsegmente im Bereich des städtischen Freizeittourismus zu erschliessen und das Angebot zu diversifizieren, sofern die jeweilige Destination attraktiv genug dafür ist. Durch die Arbeitsflexibilisierung sind Geschäftsreisende vermehrt in der Lage, ihren Businesstrip zu verlängern und die Destination bei einem Bleisure-Aufenthalt zu erkunden. Die Begleitung durch die Familie wird zwar nicht für jeden möglich sein, bietet Hotels aber die Chance, auch an den Wochenenden eine passable Auslastung zu erreichen. Kostengünstige Städtereisen erfreuen sich vor allem bei jungen Erwachsenen grosser Beliebtheit. Die Möglichkeiten für interessante Packages zusammen mit der Destination und deren unkomplizierte Nutzung via Apps bleiben aber vielerorts noch ungenutzt.

Für das MICE-Geschäft eröffnet die Verschmelzung von Geschäfts- und Kulturevents eine gute Alternative. Denn um die Beziehung zu den Geschäftspartnern zu pflegen, werden Firmenanlässe aufwendiger und etwa an Festspiele und Konzerte gekoppelt.

Eine Digitalisierung auf allen Ebenen ist anzustreben
Bei der Digitalisierung, einem weiteren wichtigen Handlungsfeld, ist in den allermeisten Betrieben noch längst nicht das ganze Potenzial ausgeschöpft. Immerhin ist der Technologieeinsatz bei Frontend-Prozessen wie beispielsweise im Marketing und Vertrieb oder bei der Leistungsabrechnung weit fortgeschritten, aber im Backend hapert es meistens. So setzen nur wenige Betriebe digitale Warenwirtschaftssysteme, digitalgestützte Personaleinsatzplanung oder Forecast- respektive Überwachungstools im Facility-Management ein. Aber gerade die konsequente Digitalisierung in diesen Bereichen hilft den Hotels, ihre Kosten dauerhaft zu senken und auch mit einem tieferen Auslastungsniveau erfolgreich zu wirtschaften.

Eine Diversifikation durch einen hybriden Betrieb
Steht bei einem Hotel ohnehin eine grössere Erneuerung an, ermöglicht dies, das Beherber-gungsangebot ganz neu zu denken. So können aus einem Teil der Räumlichkeiten Serviced Apartments entstehen, die helfen, die Auslastung zu stabilisieren und unter Umständen das Betriebskostenniveau zu senken, sodass daraus eine bessere effektive Flächenproduktivität resultiert. Bevor aber ein solch weitreichender Schritt umgesetzt wird, ist die gründliche Prüfung der Marktnachfrage und der Wettbewerbssituation unerlässlich. Denn je mehr Betriebe auf hybride Konzepte setzen, desto schneller entsteht wieder ein Überangebot an Apartments.

Konversionen als möglicher Ausweg aus der Krise
Im Zuge der Corona-Krise haben Investoren ihre Immobilien neu bewertet, und die Assetklasse Hotel scheint für manche nicht mehr so attraktiv. Deshalb werden vermehrt Umnutzungsmöglichkeiten geprüft. Die Spanne reicht dabei von der Konversion in eine Wohnimmobilie in Form von Micro Apartments oder Wohngemeinschaften bis hin zu einer Mixed-use-Immobilie mit mehreren Nutzungsarten, wie zum Beispiel Detailhandel, Gastronomie, Co-Working, Praxen oder Büros.

Einen zonenkonformen Nutzungsmix zu finden, der die Umbaukosten rechtfertigt und langfristig stabile Einnahmen generiert, ist aber nicht einfach. Daher beobachtet man Umnutzungen nur vereinzelt und manchmal lediglich als Pop-up-Nutzung, bis die endgültige Verwendung der Immobilie feststeht. Die Befürchtung, dass die Stadthotellerie auf breiter Front erodiert und dass damit wichtige Räume des sozialen Lebens wegbrechen, scheint sich jedoch nicht zu bewahrheiten. In Zukunft werden Investoren Hotelprojekte aber sehr viel zurückhaltender beurteilen und mehr Augenmerk auf die Drittverwendungsmöglichkeiten legen.

Egal ob betriebliche Optimierung ohne Bauszenario oder Konversionen mit mehr oder weniger aufwendigen Umbauten, die Handlungsoptionen sind vielfältig und nicht für jeden Betrieb gleich relevant. Es gibt verschiedene Wege, die Hoteleigentümer und -betreiber einschlagen können. Auf das Prinzip Hoffnung zu setzen und auf bessere Zeiten zu warten, scheint allerdings die falsche Strategie. Nötig ist ein mutiger Blick nach vorne. Im besten Fall arbeiten Eigentümer und Betreiber bei der Neuausrichtung eng zusammen und suchen gemeinsam nach Lösungen.

ist Prof. FH und stellvertretender Leiter Forschung & Dienstleistung am Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) der FH Graubünden und beschäftigt sich schwerpunktmässig mit Tourismusimmobilien und -infrastrukturen.