Die Jungfraubahnen sind bei der Suche nach einer Nachfolge für den langjährigen Firmenchef Urs Kessler fündig geworden: Oliver Hammel wird der neue CEO des Unternehmens. 

Der 41-jährige Basler wird Kessler im Juni 2025 beerben, wie die Jungfraubahnen mitteilen. Der langjährige Firmenchef hatte bereits vor einem Jahr seinen Rücktritt angekündigt und wird nach der Übergabe in den Ruhestand treten.

«Ich freue mich sehr, dass wir mit Oliver Hammel eine junge, dynamische und international erfahrene Persönlichkeit für diese Aufgabe gewinnen konnten», so Heinz Karrer, Verwaltungsratspräsident der Jungfraubahnen.

Nach über zehn Jahre zurück ins Heimatland
Hammel lebt mit seiner Frau und seiner 9-jährigen Tochter derzeit in Thailand und leitet beim Schweizer Vertriebsspezialist DKSH den Geschäftsbereich Technologie für die Märkte Thailand, Laos, Kambodscha und Myanmar. Zuvor leitete er den Technologiebereich für den chinesischen Markt mit Sitz in Shanghai. Davor war er für das Schweizer Unternehmen Erowa in China tätig.

Für die neue Aufgabe kehrt der designierte Chef mit seiner Familie nun nach über zehnjähriger Tätigkeit im Ausland in sein Heimatland zurück. «In das gut etablierte Unternehmen werde ich einen Blick von aussen einbringen», sagt Hammel gemäss der Mitteilung.

Unter Kessler verdoppelte sich Belegschaft
Der abtretende Kessler ist seit 37 Jahren bei den Jungfraubahnen tätig. Nach 15 Jahren als Geschäftsführer sei die Zeit reif für einen Spitzenwechsel, hatte er vor einem Jahr mitgeteilt. Er blickt in seiner Karriere auf einige Meilensteine zurück: Dazu zählt die Ende 2020 eröffnete V-Bahn, wie er zuletzt betonte.

Als weiteren Meilenstein seiner Tätigkeit für die Gruppe bezeichnete er den Aufbau des asiatischen Marktes. «Als ich beim Unternehmen anfing, hatten wir japanische Gäste, aber sonst waren wir nirgends. Heute sind wir Markt-Leader in sämtlichen asiatischen Märkten», sagte er. Die Entwicklung der Jungfraubahnen während seiner Ära lässt sich auch anhand der Zahl der Mitarbeitenden illustrieren: Diese verdoppelte sich bis vor der Pandemie auf 1000 Angestellte.

Corona als grösste Herausforderung
Der grösste Prüfstein seiner Karriere war derweil die Corona-Krise. «Für mich war das eine noch grössere Herausforderung als die V-Bahn», sagte Kessler.

Sein Rücktritt kam vor einem Jahr nicht ganz überraschend: «Mein Ziel war es, die V-Bahn zu eröffnen und das Unternehmen schuldenfrei zu machen. Zum Drehbuch hätte gehört, dass ich dann 2022 zurücktrete», so der Konzernchef. Während der Pandemie habe er das Unternehmen aber durch die Krise führen wollen. (keystone-sda)


Bilanz

Jungfraubahnen befördern mehr Gäste im ersten Halbjahr

Die Jungfraubahnen-Gruppe hat im ersten Halbjahr fast wieder so viele Gäste aufs Jungfraujoch befördert wie vor der Corona-Pandemie. Das Rekordergebnis aus dem Vorjahr konnte das Unternehmen aber nicht übertreffen.

460'500 Besucherinnen und Besucher kamen von Januar bis Juni auf den Hausberg der Bahn. Das sind knapp 10 Prozent mehr als im Vorjahr und es fehlen nur noch 3 Prozent zum letzten Vor-Corona-Jahr 2019, wie der Konzern mitteilte.

Der Betriebsertrag stieg derweil um 7 Prozent auf 142 Millionen. Dennoch blieb der Bergbahnbetreiber beim Gewinn hinter den Rekordwerten des Vorjahres zurück. Das Betriebsergebnis (EBITDA) sank um 2 Prozent auf 62 Millionen. Unter dem Strich blieb mit 35 Millionen ebenfalls ein etwas geringerer Gewinn.

Noch immer wenig Gäste aus China
Deutlich weniger Gäste kamen nach wie vor aus China und Japan. «Sie sind nicht wie erwartet zurückgekehrt», räumt Jungfraubahnen-Chef Urs Kessler im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP ein. Im Frühling sei er in dieser Hinsicht noch optimistischer gewesen.

«Uns fehlen noch rund 100'000 Gäste aus Japan und China», so der CEO weiter. Sollten diese aber zurückkehren, rechnet er mit so vielen Gästen wie noch nie in einem Jahr auf dem Jungfraujoch: «Dann kratzen wir an der 1,2-Millionen-Grenze». Der bisherige Rekord aus dem Jahr 2018 liegt bei 1,07 Millionen.

Rekord bei US-Gästen
Dass die Gästezahlen trotzdem wieder annähernd auf dem Vor-Corona-Niveau liegen, ist nicht zuletzt den Gästen aus den USA zu verdanken. Diese kommen so zahlreich wie noch nie auf das Jungfraujoch.

«Für ein Wahljahr ist das erstaunlich.» Normalerweise würden in Wahljahren keine Spitzenwerte bei den amerikanischen Gästen erreicht. Deutlich über den Erwartungen liege auch Indien. Auch Südostasien entwickle sich weiterhin sehr stark. «Gerade in Asien ist unsere Marke sehr stark», sagte Kessler. Er zeigte sich überzeugt, dass das Wachstum in Asien und insbesondere in Südostasien auch in Zukunft anhalten werde.

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Stabiler Ausblick
Für das zweite Halbjahr erwartet der CEO eine stabile Entwicklung. In den Sommermonaten Juli und August hätten sich die Trends des ersten Halbjahres bisher fortgesetzt.

Als Unsicherheitsfaktoren sieht er nach wie vor den Krieg in der Ukraine und den Nahostkonflikt. «Den grössten Einfluss auf unser Geschäft hätte aber ein Ausbruch des Konflikts zwischen Taiwan und China.»

Börse reagiert leicht positiv
Mit den Zahlen übertraf das Unternehmen zwar beim Betriebsertrag leicht die Erwartungen. Betriebs- und Reingewinn blieben aber hinter den Prognosen der Analysten zurück. «Wären China und Japan wie erwartet zurückgegangen, hätte der Gewinn deutlich über dem Vorjahr gelegen», sagte Kessler dazu.

Die Börse reagierte unterdessen leicht positiv. Die Aktie gewann 0,3 Prozent auf 201 Franken. Damit knüpfen die Papiere an die bisherigen Kursgewinne von 25 Prozent im laufenden Jahr an. (keystone-sda)