Dank der positiven Entwicklung der Pandemie könne die Schweiz auch an der Grenze einen weiteren Schritt zur Normalität machen, erklärte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), am Mittwoch vor den Bundeshausmedien in Bern. «Die schrittweise Lockerung ist äusserst erfreulich.»
Insbesondere können Schweizer Unternehmen ab dem 8. Juni wieder dringend benötigte Arbeitskräfte aus dem EU/Efta-Raum rekrutieren. Zudem wird die vorübergehend ausgesetzte Stellenmeldepflicht wieder aktiviert, damit inländische Stellensuchende bei der Bewerbung einen zeitlichen Vorsprung haben.
Die Lockerung erlaube es den Unternehmen, den Kontakt zu Kunden und Lieferanten im Ausland zu normalisieren und Arbeitskräfte zu finden, sagte Keller-Sutter. Dies sei entscheidend für die Wahrung des Wohlstands in der Schweiz.
Wie bereits angekündigt, wird der Bundesrat die Grenzöffnungen zwischen der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Österreich am 15. Juni veranlassen, wie die Justizministerin weiter sagte. Damit werde die Reisefreiheit und die Personenfreizügigkeit zwischen diesen vier Ländern wieder vollständig hergestellt. Schweizer, die zum Beispiel ein Haus in Frankreich besitzen, können laut Keller-Sutter «selbstverständlich» nach Frankreich reisen.
Grenzöffnung nach Italien noch offen
Für eine Aufhebung der Grenzkontrollen mit Italien am 3. Juni sei es zu früh, sagte Keller-Sutter. «Die Schweiz wird am 3. Juni nicht öffnen.» Keller-Sutter deutete den Wunsch der Schweiz an, die Grenze nach Italien analog Deutschland, Frankreich und Österreich auf den 15. Juni zu öffnen.
Man respektiere zwar den souveränen Entscheid Italiens. Der Bundesrat wolle diesen Schritt sowie allfällige begleitende grenzsanitarische Massnahmen in den kommenden Wochen mit Italien sowie weiteren Nachbarländern koordinieren. Darauf habe sie sich mit ihrer italienischen Amtskollegin verständigt, sagte Keller-Sutter.
Auch das Tessin wird miteinbezogen. Es gelte zu verhindern, dass es bei einer einseitigen Grenzöffnung zu einer übermässigen Mobilität im Tessin komme. Die Schweiz will laut Keller-Sutter schauen, wie sich die Situation ab dem 3. Juni auswirkt, und allenfalls Massnahmen treffen. Ihr Rat sei aber, bis auf weiteres nicht nach Italien zu reisen.
«Schrittweise zur Normalität zurückkehren»
Sofern es die epidemische Lage zulässt, beabsichtigt der Bundesrat, die Einschränkungen bei der Einreise in die Schweiz und bei der Zulassung zum Arbeitsmarkt und zum Aufenthalt ab Mitte Juni bis spätestens 6. Juli für alle Schengen-Staaten aufzuheben.
«Wir wollen mit allen EU- und Efta-Ländern schrittweise zur Normalität zurückkehren und sie sukzessive von der Liste der Risikoländer streichen», erklärte die Justizministerin. Für Drittstaaten könne die Öffnung in diesem Zeitraum noch nicht erfolgen.
Familiennachzug wieder vollständig möglich
Zahlreiche Lockerungen hat der Bundesrat ab dem 8. Juni auch für den Migrationsbereich beschlossen. Die Kantone können neu auch wieder alle Gesuche um eine Aufenthalts- oder Grenzgängerbewilligung von Erwerbstätigen aus einem EU- oder Efta-Staat bearbeiten, die nach dem 27. März gestellt wurden.
Auch Gesuche für Arbeitskräfte aus Drittstaaten werden neu wieder bearbeitet, allerdings nur, wenn ein öffentliches Interesse im Sinne der wirtschaftlichen Landesversorgung bestehe, sagte Keller-Sutter.
Alle Personen mit Wohnsitz in der Schweiz mit einer Niederlassungs-, Aufenthalts- oder Kurzaufenthaltsbewilligung sowie vorläufig Aufgenommene dürfen wieder Familienmitglieder nachziehen.
Auch ausländische Schüler und Studierende dürfen ab dem 8. Juni wieder einreisen.
Quarantänemassnahmen möglich
Die Kantone bearbeiten auch wieder Gesuche um eine Kurzaufenthaltsbewilligung von Personen, die eine Ehe oder eingetragene Partnerschaft eingehen wollen mit einer Schweizer Staatsangehörigen oder mit einem ausländischen Staatsangehörigen mit Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung.
Für bestimmte Personengruppen, die aus Risikostaaten einreisen, kann das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) grenzsanitarische Massnahmen wie Temperaturmessungen, Gesundheitsfragebögen oder Quarantänemassnahmen anordnen. Die Kanalisierung von Passagierflügen aus dem Ausland an den Flughäfen Zürich, Genf und Basel wird aufgehoben. (sda)