Im Mai 2019 eröffnete das SEM gegen die Swiss ein Verfahren wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht. Grund dafür waren 42 im Jahr 2018 beförderte Passagiere, die nicht über die erforderlichen Dokumente für eine Ein- oder Durchreise des Schengen-Raums verfügt hatten.
Die Fluggesellschaft beantragte die Sistierung der Untersuchung, weil damals bereits ein ähnlicher Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig war. Das SEM wies das Gesuch ab und verhängte im Dezember 2019 eine Sanktion von 168'000 Franken gegen die Swiss.
Im Januar 2020 hob das Bundesverwaltungsgericht die erste Sanktion des SEM gegen die Swiss auf. Der Sachverhalt war ungenügend abgeklärt worden. Im nun vorliegenden aktuellen Fall kommt das Bundesverwaltungsgericht zum gleichen Schluss.
Entlastungsgründe möglich
Das Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) verpflichtet die Fluggesellschaften unter Androhung einer Busse, vor dem Einsteigen zu überprüfen, ob die Passagiere über die erforderlichen Dokumente verfügen.
Eine Fluggesellschaft hat jedoch die Möglichkeit nachzuweisen, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen ist und alle vernünftigerweise möglichen Vorkehrungen getroffen hat. Zu diesem Zweck muss sie mit dem SEM zusammenarbeiten.
Wie im ersten Sanktions-Fall vertrat das SEM auf der Grundlage der Erklärungen der Swiss die Auffassung, die Swiss habe nicht nachgewiesen, dass sie ihren Verpflichtungen nachgekommen sei.
Anstatt das Unternehmen über diese Feststellung zu informieren und ihm die Möglichkeit zu geben, seinen Standpunkt zu ergänzen, hatte das Staatssekretariat die Busse verhängt.
Dieses Vorgehen ist gemäss Bundesverwaltungsgericht nicht zulässig und verletzt die Pflicht der Behörde, den Sachverhalt abzuklären. Mit der Einreichung von Dokumenten habe die Swiss ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit gezeigt. Das SEM hätte aufzeigen müssen, warum es die Unterlagen als unzureichend erachtete und welche Ergänzungen es erwarte.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt weiter fest, das SEM habe nicht angegeben, inwiefern die Fluggesellschaft ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sei. Dies sei eine Verletzung der Begründungspflicht. Wegen dieses Mangels hat das Gericht den Fall zur Neubeurteilung ans Staatssekretariat zurückgewiesen.
Gesetzliche Verpflichtung
Prüfen die Fluggesellschaften nicht, ob ihre Passagiere über die erforderlichen Reisedokumente verfügen, können sie mit einer Sanktion von 4000 Franken pro Reisendem und in schweren Fällen mit 16'000 Franken pro Person belegt werden.
Im November 2016 und Januar 2018 machte das SEM die Swiss darauf aufmerksam, dass von den Flughäfen Boston, Los Angeles, San Francisco (USA) und São Paulo (Brasilien) überdurchschnittlich viele Passagiere ohne die erforderlichen Dokumente anreisten. Dieses erste Verfahren führte zu einer Sanktion von 196'000 Franken.
Das zweite Verfahren wurde aufgrund einen ähnlichen Sachlage eingeleitet; nämlich der Ankunft von 42 Passagieren ohne gültige Reisedokumente aus Boston, Los Angeles, San Francisco und Miami zwischen Januar und Dezember 2018. (sda/npa)