Die Kreuzfahrtanbieter wollen zum Beginn des dritten Pandemie-Jahres ihren neu gewonnenen Optimismus nicht gleich wieder aufgeben. Für 2022 plant die einst erfolgsverwöhnte Branche mit der Hoffnung, dass sich die Corona-Lage im Jahresverlauf entspannt. Eine schrittweise Rückkehr zum Geschäft früherer Boomjahre dürfte indes frühestens für 2023 wieder Thema werden. Denn das beispiellose Ausbreitungstempo der neuen Coronavariante Omikron macht praktisch alle Lebensbereiche wieder unkalkulierbar - und hat schon zum Jahreswechsel die ein oder andere Kreuzfahrt ausgebremst.
Schiffe nicht voll ausgelastet
Konkrete Zahlen zum Buchungsverhalten der Kreuzfahrtfans lassen sich den Anbietern nicht entlocken. Tui Cruises, ein Gemeinschaftsunternehmen des weltgrössten Reiseanbieters Tui und des Kreuzfahrtkonzerns Royal Caribbean, spricht von einer erfreulichen Vorausbuchungslage für die Saison 2022/23, merkt allerdings auch, «bedingt durch die aktuelle Lage, dass unsere Gäste für die laufende Wintersaison eher kurzfristig buchen». Im Moment ist Tui mit fünf von sieben Schiffen der «Mein Schiff»-Flotte unterwegs und peilt im Laufe des Jahres 2022 schrittweise eine reguläre Auslastung an.
Auch MSC Cruises berichtet von einer Unsicherheit der Kundschaft und einem anhaltenden Trend zu Last-Minute-Buchungen, will aber im Sommer 2022 wieder die gesamte Flotte von 19 Schiffen auf See haben. Die Reederei versucht wie die Konkurrenz, Gäste mit flexiblen Buchungsbedingungen zurückzulocken - und bei der Stange zu halten. Dazu gehören grosszügige Konditionen bei kostenfreien Umbuchungen auf spätere Reisetermine oder auch Frühbucher-Rabatte sowie «Bordguthaben», wie sie Aida Cruises für den Fall von frühen Neubuchungen nach Reiseabsagen offeriert. Die Tochter des Kreuzfahrtriesen Carnival ist derzeit mit 10 von 13 Schiffen unterwegs, die immer noch mit einer «angepassten Passagierkapazität» fahren. Sprich: Es kommen weiter längst nicht so viele Menschen an Bord, wie möglich wären.
Klassische Ziele im Programm
Die Programme der Unternehmen lesen sich wie Fahrpläne in die Normalität - und enthalten alle klassischen Zielgebiete wie Norwegens Fjorde, die Ostsee und die wärmeren Gefilde des Mittelmeeres und der Kanarischen Inseln. Wie schnell Planungen Makulatur werden können, zeigen indes Beispiele aus jüngster Zeit. So musste MSC in dieser Woche Abfahrten der «MSC Magnifica» bis Mitte Januar aussetzen, die auf winterlichen Reisen ab Hamburg europäische Metropolen ansteuert. Begründet wurde die Absage mit dem Lockdown in den Niederlanden und scharfen Omikron-Massnahmen in Grossbritannien, die für EU-Gäste einen Landgang ausschliessen.
Und wegen mehrerer Corona-Fälle an Bord der «Mein Schiff 4» mussten Passagiere vorzeitig ihre Reise auf Gran Canaria beenden. Dort gingen alle 1600 Passagiere am Sonntag von Bord, obwohl rund 300 von ihnen eigentlich noch sieben Tage auf dem Schiff verbringen sollten. Die Reedereien verweisen indes auf ihre ständig angepassten Hygienekonzepte, die nach Branchenaussagen grössere Corona-Ausbrüche an Bord von Kreuzfahrtschiffen flächendeckend verhindert haben. Dazu gehören engmaschige Tests, feste Protokolle zur Isolation infizierter Passagiere, Abstandsregeln und - abhängig von den Zielländern - zunehmend 2G- oder sogar 1G- oder 1G-plus-Regeln. Das heisst: Nur Geimpfte und Genesene oder aber nur Geimpfte kommen noch an Bord. Zum Teil wird zusätzlich ein Testzertifikat verlangt. (dpa/sda/lm)