Kommentar von Christophe Hans, Leiter Public Affairs bei HotellerieSuisse.
Fernab der aktuellen Medienberichterstattung beschäftigt sich die kreative Schweiz seit Monaten mit Umsetzungsvarianten für die Landesausstellung 2027. Derzeit sind vier Projekte im Rennen, die zeigen, wie sehr die Idee einer Landesausstellung seit ihrer ersten Auflage 1883 in unserer DNA verankert ist. Allerdings haben es Grossprojekte immer schwerer, die Öffentlichkeit zu überzeugen: Nachhaltigkeitsaspekte, hohe Kosten oder Mobilitätseinschränkungen für Anwohnende werden oft kritisch ins Feld geführt.
Dennoch gibt es gute Gründe, eine nationale Ausstellung zu unterstützen.
-
Unser Land ist in wichtigen wirtschaftlichen und politischen Fragen zunehmend gespalten. Eine nationale Ausstellung bringt – nebst zahlreichen Besucherinnen und Besuchern (jeweils über 10 Millionen Eintritte bei den letzten drei Ausgaben) – Tausende von Designerinnen und Praktikern aus dem ganzen Land für ein Jahrzehnt zusammen. Das kittet den nationalen Zusammenhalt.
-
Die realisierten Projekte und Ausstellungen erlauben uns, über unsere Werte und Zukunftsszenarien in einem individuellen Prozess nachzudenken, der Teil unseres kollektiven Bewusstseins wird. Die Expo.02 etwa zeigte ihrem Publikum die Bedeutung unserer Umwelt, die Notwendigkeit einer vernetzten Welt und die Vielfalt unserer Werte.
-
Die vorgestellten Projekte stärken die interkantonale Zusammenarbeit und das Gefühl der regionalen Zusammengehörigkeit. Der Föderalismus wird den Herausforderungen eines modernen Staates nicht mehr immer gerecht: Neue Formen der Zusammenarbeit sind gefragt. Eine nationale Ausstellung gibt den kantonalen Akteuren neue Impulse.
-
Schliesslich ist auch der wirtschaftliche Aspekt nicht zu vernachlässigen. Die Realisierung eines fast zwei Milliarden Franken teuren Projekts bietet zahlreiche Aufträge für KMU. Neu geschaffene Infrastrukturen kommen der Bevölkerung langfristig zugute. Auch für den Tourismus ist eine Ausstellung ein nachhaltiger Segen. So entdeckte die deutschsprachige Schweiz etwa dank der Expo.02 das Drei-Seen-Land.
Sechs Jahre vor der Eröffnung der Expo ist es unabdingbar, dass der Bundesrat Farbe bekennt und seine Verantwortung wahrnimmt: Denn ohne ein klares Bekenntnis seinerseits kann ein solches Ereignis nicht organisiert werden. Insbesondere muss die Regierung entscheiden, ob der Bund Auftraggeber ist oder sich damit begnügt, als Unterstützer und Partner aufzutreten.
Dabei stellen sich viele Fragen: Wie soll im letzteren Fall die Governance geregelt werden, wenn bereits klar ist, dass die Hälfte des Budgets (1 Milliarde) aus der Bundeskasse kommen wird? Für ein Unternehmen wäre es undenkbar, sich zu solchen Beträgen zu verpflichten, ohne ein Mitspracherecht zu haben. Welche Rolle beabsichtigt der Bund bei der Auswahl der Projekte, bei der Begleitung des Umsetzungsprozesses, bei der Abdeckung der finanziellen Risiken und bei der Gesamtverantwortung für das Projekt zu übernehmen?
Diese Fragen sind entscheidend für die Glaubwürdigkeit der Landesausstellung und um die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen. Sie sollten bald geklärt werden.