Daniel Küng, wo haben Sie Ihre letzten Ferien verbracht?
Vergangene Woche in Saanenmöser im Berner Oberland. Es zieht mich immer wieder in diese Region, nicht zuletzt, da ich einen Teil meiner Schulzeit dort verbracht habe. Auch ist es für mich eine der schönsten Regionen.
Sind Ferien im Ausland für Sie als Exportförderer auch ein Thema?
Selbstverständlich verbringe ich meine Ferien nicht ausschliesslich in der Schweiz. Vor einem Monat zum Beispiel befand ich mich mit Freunden in den USA auf einer Harley-Tour.
Sie verbrachten in Ihrem Berufsleben sehr viele Jahre im Ausland. Konnten Sie so eine nähere Beziehung zum Tourismus aufbauen?
Während meines rund 30-jährigen Aufenthalts im Ausland lernte ich die Schweiz aus der Optik einen Touristen kennen. Seither verspürte ich eine etwas intensivere Nähe zum Schweizer Tourismus.
Zur Person
Daniel Küng (66) ist seit Mitte 2004 CEO von Switzerland Global Enterprise. Von 1980 bis Mitte 2004 war Küng (lic. oec. HSG) in Brasilien und Portugal tätig. Von 1980 bis 1982 war er in São Paulo in führender Position für Mercedes do Brasil aktiv. In den Jahren 1982 bis 1987 war Daniel Küng zusammen mit einem Schweizer Geschäftspartner Gründer und Managing Partner von Agrosuisse Lda. in São Paulo. Von 1987 bis Mitte 2004 war er Gründer und Managing Partner der Response Group in Portugal. Daniel Küng hatte Wirtschaft und Business Administration an den Universitäten Bern, Quito (Ecuador) und St. Gallen studiert.
Hat sich Ihr Bild der Schweiz damit gegenüber früher verändert?
Man erhält eine andere Sicht, indem man Aspekte wahrnimmt, die Kurzbesucher sehen. Dagegen fehlen einem längerfristige Perspektiven. Generell stelle ich fest, dass sich der Tourismus in der Schweiz in den vergangenen Jahren enorm positiv entwickelt hat.
In welcher Hinsicht?
Ich stelle eine viel grössere Freundlichkeit und eine grössere Kundenorientierung fest, nicht wohl zuletzt aufgrund eines erfolgten Restrukturierungsprozesses. Als Tourist fühle ich mich in der Schweiz deutlich umsorgter und wohler, als es noch vor sechs oder zehn Jahren der Fall war.
Incoming-Tourismus ist eine Exportindustrie. Welche Rolle nimmt diesbezüglich Switzerland Global Enterprise ein?
Die Tourismuswirtschaft ist tatsächlich eine sehr wichtige Exportindustrie. Doch für die Promotion der Schweiz als Tourismusland ist die Marketing- organisation Schweiz Tourismus (ST) zuständig, welche einen guten Job macht. Der Bund beabsichtigt eine klare Arbeitsteilung. Deshalb gehört der Tourismus nicht in unseren Aufgabenbereich.
Switzerland Global Enterprise (S-GE) war mit Alberto Silini kürzlich am Hospitality Technology Forum by Milestone vertreten. Welche Bilanz ziehen Sie?
Es war beeindruckend, wie schnell und professionell das Hospitality Technology Forum by Milestone auf die Beine gestellt wurde. Der Anlass hat einmal mehr gezeigt, dass die Schweiz über zahlreiche Unternehmen und Startups verfügt, welche durch die digitale Transformation und mit Innovation gute Produkte für die Hotellerie entwickeln. Viele dieser Entwicklungen haben grosses Potenzial, auch für den Export.
Ihre Organisation hat eine besondere personelle Parallele zum Tourismus: S-GE-Präsidentin Ruth Metzler ist gleichzeitig auch Jury-Präsidentin des Tourismuspreises Milestone.
Die beiden Präsidien haben inhaltlich natürlich nichts miteinander zu tun. Bei beiden kann Ruth Metzler aber ihr grosses Fachwissen betreffend Inno- vation einbringen. Hinzu kommt, dass sowohl die Exportförderung als auch die Tourismuswirtschaft Themen des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung von Bundesrat Johann Schneider-Ammann sind. So betrachtet sind wir Schwesterorganisationen.
S-GE vertritt auch die Interessen der Nahrungsmittelindustrie. Welche Rolle spielt diese für das touristische Image der Schweiz im Ausland?
Eine bedeutende. Denn mit Nahrungsmitteln wird oft Naturverbundenheit impliziert. Zwei wichtige Produkte sind diesbezüglich Schokolade und Käse. Allerdings haben diese nicht mehr die gleich wichtige Bedeutung wie früher. Inzwischen exportiert die Schweiz mehr Red Bull als Käse. Und die Schweiz ist mittlerweile einer der grössten Kaffee-Exporteure der Welt, notabene ohne eigenen Kaffeeanbau. Ich bin überzeugt, dass im Nahrungsmittel-Export noch einiges Potenzial brachliegt.
Switzerland Global Enterprise
Switzerland Global Enterprise (S-GE) wurde 1927 als Verein gegründet. S-GE ist vom Bund (Staatssekretariat für Wirtschaft Seco) mandatiert und offizieller Exportförderer. Als erste Anlaufstelle für Internationalisierung unterstützt S-GE im Auftrag des Seco Schweizer Unternehmen, insbesondere KMU, bei der weltweiten Ermittlung und Erschliessung von neuem Geschäftspotenzial. Dies durch laufende Orientierung über relevante Entwicklungen in den globalen Märkten. Eine weitere Aufgabe von S-GE ist die Standortpromotion für die Ansiedlung ausländischer Unternehmen in der Schweiz.
An welche Produkte denken Sie?
Ein Beispiel ist der Käse. Die Schweiz verfügt über eine enorme Vielfalt an qualitativ hervorragenden Käsen. Alleine die Ostschweiz hat rund 150 Sorten, eine besser als die andere. Dies zeigt, dass sich dem Export von verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten auf den Weltmärkten ein riesiges Potenzial eröffnet.
Was unternehmen Sie, um dieses Potenzial besser auszuschöpfen?
Im vergangenen Jahr führten wir zum Beispiel eine sogenannte «Food Challenge» durch. Dabei haben wir mit Fairway Market eine amerikanische Detailhandelskette in die Schweiz eingeladen und schweizerische Nahrungsmittelprodukte präsentiert. 16 Produzenten konnten ihre Produkte in die USA verschiffen und in über zehn amerikanischen Supermärkten verkaufen. Schweizer Käse etwa wurde mit schönen schweizerischen Landschaftsfotos auf riesigen Plakaten präsentiert. So verlieben sich die Kunden sowohl in das Produkt als auch in das Bild. Dies animiert die Kunden, das Land Schweiz auf einer Reise persönlich kennen zu lernen. Ich kenne verschiedene ausländische Investoren in der Schweiz, welche die Schweiz als Touristen kennen lernten. Und ich kenne verschiedene Personen, die aus beruflichen Gründen in die Schweiz kamen und dann beschlossen, hier einmal ihre Ferien zu verbringen. Dies zeigt die hohe Wechselwirkung zwischen Wirtschaftspromotion im Ausland und Tourismuspromotion.
Die nationale Fluggesellschaft Swiss, die auch ausländische Gäste in die Schweiz bringt, ist strategischer Partner von S-GE. Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Wir pflegen eine fruchtbare Zusammenarbeit, eine echte Symbiose. Beide verstehen sich als Träger der Marke Schweiz und transportieren teils gleiche, teils unterschiedliche Werte. Swiss zeigt die Schweiz als schönes Ferienland und als Innovationsstandort, wie wir auch. Für uns ist Swiss ein wichtiger Kanal für unsere Messages, und wir sind für die Swiss eine wichtige Quelle für ihre Messages. ST hat übrigens auch eine Zusammenarbeit mit der Swiss.
Zum nationalen Netzwerk von S-GE gehören als Partner auch ST und Präsenz Schweiz. Wie gestaltet sich konkret diese Partnerschaft?
Mit ST haben wir diverse gemeinsame Aktivitäten. In gewissen Ländern führen wir Bürogemeinschaften. Teilweise bespielen wir auch Events gemeinsam. Viel läuft auch hinter den Kulissen ab. Wenn wir etwa ein neues CRM-System benötigen, klären wir mit ST ab, welches System sie haben und welche Erfahrungen sie damit gemacht haben. Generell findet ein reger Austausch statt.
Sie sind an internationalen Messen und Weltausstellungen präsent. Wie bestreiten Sie diese Auftritte?
Messen führen wir durch, und dies gehört seit über 90 Jahren zu einer Kernkompetenz von uns. Weltausstellungen sind hingegen Sache von Präsenz Schweiz, wobei wir auch mit ihnen eng zusammenarbeiten und wir diese Plattformen aktiv für unsere Kunden nutzen. Zurzeit diskutieren wir den gemeinsamen Auftritt an der Expo 2020 in Dubai. Für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Japan führen wir mit Präsenz Schweiz ebenfalls Gespräche zu möglichen Partnerschaften. Wir treten nächstens an der Consumer-Technologie-Messe in Las Vegas auf, wo wir mit Präsenz Schweiz zusammen im Lead sind. Die Schweiz verfügt im internationalen Vergleich über relativ kleine Promotionsbudgets. Um eine gewisse Wirkung zu erzielen, ist es unabdingbar, dass wir gemeinsam den Brand Switzerland bewerben. Es bringt nichts, wenn jede Organisation für sich ihr eigenes Süpplein kocht.
Werden Besucher von Messen auch auf das Tourismusland Schweiz aufmerksam gemacht?
Im vergangenen Jahr war ich auf einer der grossen Lebensmittelmessen in Deutschland. In der obereren Etage unseres zweistöckigen Messestandes betrieben wir eine Cafeteria mit einem riesengrossen Matterhorn. Wir versuchen jeweils, die USP Schönheit, Natur und Bio in Wert zu setzen.
Wie prägt die Exportförderung das wirtschaftliche Image der Schweiz im Ausland?
Es gibt viele erfolgreiche Schweizer Unternehmen im Ausland. Das Image der Schweiz im Ausland ist viel gewichtiger als die 0,1 Prozent, welche die Schweizer Bevölkerung an der Weltbevölkerung ausmachen. Das hat damit zu tun, dass wir unsere Werte und USPs relativ konzentriert und qualitativ hochstehend rüberbringen, dies in Form von Produkten, Messages, touristischer Schönheit usw.
Können Sie Beispiele besonders erfolgreicher Schweizer Prozessinnovationen nennen?
Google Maps wurde in Zürich entwickelt und brachte enorme Impulse weltweit. Ein anderes Beispiel ist Nespresso, welches einen globalen Wandel angestossen hat. Dann die Digitalisierung in der Fotografie durch das Schweizer Unternehmen Ifolor oder die Fortschritte in der Robotik oder in Sachen Blockchain oder künst- liche Intelligenz. Wir sind eindeutig ein Powerhouse an Innovationen.
Laut Ihrer Umfrage ist die Exportstimmung der Schweizer KMU weiterhin gut. Wirken sich die drohenden Handelszölle und der Brexit denn nicht negativ aus?
Der Brexit wirkt sich noch nicht gross auf die Schweizer Wirtschaft aus. Die zunehmenden protektionistischen Massnahmen verunsichern derzeit eher. Einzelne Automobilzulieferer könnten darunter leiden, sollten die USA 25 Prozent Importzölle auf deutsche Fahrzeuge erheben.
Etliche Schweizer Firmen setzten vor drei Jahren vermehrt auf Iran. Macht sich wegen der US-Sanktionen nun Ernüchterung breit?
Wir beobachten, dass sich bereits in Iran tätige Firmen im Moment nicht zurückziehen. Und grundsätzlich ist das Interesse von anderen Unternehmen an Iran nach wie vor vorhanden. Aber zurzeit ist alles «on hold». Man wartet die Liste der US-Sanktionen ab, von denen ein Teil vor wenigen Tagen in Kraft getreten ist und der andere Teil im November erfolgen soll.
Daniel Stampfli