Der Schweizer Tourismus wurde stark von der Corona-Krise getroffen. Die Wintersaison wurde jäh unterbrochen und der Start in die Sommersaison war zögerlich. Seit Mitte Juni hat die touristische Nachfrage aber wieder angezogen. Ihre Sommerferien verbrachten die Schweizerinnen und Schweizer häufiger im Inland und viele holten ihre ausgefallenen Ferien vom Frühjahr nach.
Somit war die Nachfrage in den Sommermonaten äusserst kräftig. Dennoch konnte die inländische Nachfrage das Fernbleiben der ausländischen Touristen nicht kompensieren. Die Übernachtungszahlen der ausländischen Gäste lagen 40 Prozent unter denen des Vorjahres, schreibt die KOF in einer Mitteilung vom Dienstag zu der aktuellen Tourismusprognose, die im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) erstellt wurde.
Während Touristen aus den Nachbar- und Benelux-Ländern ab Juni wieder vermehrt Ferien in der Schweiz machten, blieb die Nachfrage aus anderen europäischen Ländern verhalten. Aufgrund der Reisebeschränkungen blieben Touristen aus den Fernmärkten weitgehend fern. Vor allem die Berggebiete, das Tessin und Regionen abseits der touristischen Hotspots konnten Gäste anziehen.
Wintersaison 2020/2021: Ein Drittel weniger Touristen aus Europa
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen und den damit verbundenen Quarantänevorschriften werde die Erholung der ausländischen Nachfrage derzeit gebremst, heisst es laut Mitteilung weiter. Die KOF gehe in ihrer Prognose davon aus, dass die Infektionszahlen während der Wintermonate hoch und Reisebeschränkungen innerhalb Europas zumindest vorerst bestehen bleiben würden.
Für die Fernmärkte nehmen die Konjunkturforschenden der ETH Zürich an, dass die Beschränkungen im Frühjahr 2021 schrittweise aufgehoben werden. Somit sei davon auszugehen, dass die Gäste aus diesen Märkten auch im Winter weitgehend ausbleiben.
In einem solchen Szenario würden die Übernachtungszahlen der europäischen Touristen in der Wintersaison rund einen Drittel unter dem Wert des Vorjahres liegen und rund die Hälfte des Vorkrisenniveaus betragen, heisst es weiter.
Die inländischen Gäste könnten dabei weiterhin eine Stütze für den Tourismus bleiben. Die Zahl ihrer Übernachtungen dürfte laut KOF-Prognose in der kommenden Wintersaison rund 8 Prozent über dem Vorkrisenniveau liegen. In der Summe aber würden die Logiernächte um 30 Prozent zurückgehen.
Allerdings sei nicht auszuschliessen, dass sich die Pandemie im Herbst und Winter deutlich heftiger zurückmeldet und länger anhält als derzeit angenommen. In einem solchen Negativszenario komme es zu einem stärkeren Rückgang der europäischen Nachfrage und zu einer empfindlichen Beeinträchtigung der inländischen Nachfrage in den Wintermonaten, halten die Forscher weiter fest. Die Logiernächte dürften in diesem Szenario in der kommenden Wintersaison gar um über 50 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegen.
Tourismusjahr 2020: Ein Drittel aller Logiernächte ist weggefallen
Im gesamten Tourismusjahr 2020 sinkt laut der aktuellsten Prognose die Zahl der Logiernächte im Vergleich zum Vorjahr um 33,7 Prozent. Während der Einbruch bei der inländischen Nachfrage dabei vergleichsweise gering ausfällt (-14%), sind die Verluste im internationalen Geschäft massiv (-50%).
Die Zahl der Logiernächte von Gästen aus den Fernmärkten sinkt dabei um über 70 Prozent. Insgesamt wird die Zahl der Logiernächte der ausländischen Gäste Ende 2021 bei knapp 80 Prozent, Ende 2022 dann bei 90 Prozent des Niveaus vor der Krise liegen. Dieses wird gemäss den KOF-Berechnungen erst Ende 2023 wieder erreicht.
Milliardenverlust für die Hotellerie
Die Konjunkuturforscher rechnen damit, dass die COVID-19-Pandemie in der Summe zu einem geschätzten Verlust von 13.3 Millionen Logiernächten im Tourismusjahr 2020 führen wird. Für die Hotellerie resultiert daraus ein Umsatzverlust von 1,6 Milliarden Franken in diesem Tourismusjahr.
Für den gesamten Tourismus liegt der Umsatzverlust im gleichen Zeitraum bei über 10 Milliarden Franken. Im nächsten Jahr dürfte der Nachfrageverlust gegenüber dem Tourismusjahr 2019 bei 6,2 Milliarden Franken liegen.
Die Preise in der Hotellerie, für Pauschalreisen und den Luftverkehr sind in diesem Jahr wegen der Pandemie gesunken. Sie werden erst 2022 wieder auf das Vorkrisenniveau zurückfinden, so die KOF weiter.
Im Gegensatz dazu sind die Preise im Gastgewerbe leicht angestiegen. Dieser Anstieg bewegte sich im Bereich der normalen Preissteigerungen der letzten Jahre. Somit scheinen sich Aufschläge wegen verminderter Kapazität und Nachlässe wegen geringerer Nachfrage in etwa die Waage zu halten. (htr)