Die Coronakrise hat dem Schweizer Tourismus enorm zugesetzt. Die Referenten am Branchentalk zeigten, wie stark die Pandemie auf die Geschäfte drückt: «Durch den Lockdown Mitte März bis Mitte Juni haben wir ein Viertel des Jahres verloren und damit auch fast ein Viertel unseres Jahresumsatzes», sagte Christoph Egger, Chef der Schilthornbahn und fasste damit die Situation aller Referenten gut zusammen.
Massive Umsatzrückgänge
Auch die anderen Branchenvertreter gaben Einblick in ihren Geschäftsgang: Im Wallis spürte man die fehlenden Touristen, vor allem aus dem Ausland, stark, wie Egon Gsponer, stellvertretender Unternehmensleiter der Matterhorn-Gotthardbahn (MGB) und der Gornergratbahn (GGB), sagte. Bei der BVZ Holding, der Muttergesellschaft der GGB und der MGB, resultierte im ersten Halbjahr auf der Ergebnisseite massive zweistellige Millioneneinbrüche und ein Einbruch der Kundenzahlen um 50 Prozent.
«Wir konnten durch den Lockdown erst zwei Monate zu spät in die Saison starten», sagte der Geschäftsführer der Niesenbahn, Urs Wohler. Aktuell operiere man noch immer mit 50 Prozent der üblichen Kapazität. Man werde deshalb mit einem Umsatz um 20 bis 30 Prozent unter Vorjahr abschliessen, so Wohler.
Die Spital- und Luxushotelbetreiberin Aevis Victoria hat schliesslich mit ihren Hotels laut dem Verwaltungsratsdelegierten Antoine Hubert organisch etwa 50 weniger umgesetzt hat als im letzten Jahr. Als Beispiel nannte Hubert das frisch renovierte Hotel Eden au Lac der Gruppe in Zürich: Nach einer sehr erfolgreichen Eröffnung im Januar habe man es von März bis Ende Mai bereits wieder geschlossen. Seit der Wiedereröffnung laufen laut Hubert zwar die Restaurants besser als budgetiert, «die Ausländer in den Zimmern fehlen allerdings nach wie vor stark.»
Schweizer, die in der Schweiz Ferien gemacht haben, zahlten zudem eher 4-Sterne-Preise, auch für Übernachtungen in 5-Sterne-Hotels, sagte Hubert. Deshalb sei der durchschnittlich erzielte Zimmerpreis dieses Jahr enorm niedrig.
Mit Innovation gegen die Krise
Die Referenten waren sich allerdings einig, dass es wichtig ist, auch in der Krise auf Innovationen zu setzen und an bereits geplanten Grossprojekten festzuhalten. Die Liquidität sicherten sie hingegen mit Hilfe der Kurzarbeit oder durch Einstellungsstopps, Innovation war bei allen auf dem Programm.
«Wir haben die Krise genutzt, um massiv in die Digitalisierung zu investieren», sagte Urs Wohler von der Niesenbahn AG. Gleichzeitig stelle man aber auch die eigenen Geschäftsmodelle auf den Prüfstand, um für die Zukunft – oder gar für kommende Krisen – gut aufgestellt zu sein.
Auf neue Ideen setzte auch die BVZ-Holding während der Krise. «Es braucht nicht immer Millionenbeträge, um innovativ zu sein», so Gsponer. Sein Unternehmen teste kleine Projekte, wie beispielsweise Pop-up-Bars oder geführte Wanderungen zu Schwarznasenschafen, direkt am Publikum und erhalte so sofort ein Feedback.
Doch auch die Langzeitprojekte, wie die Erneuerung des Rollmaterials bei der BVZ oder das Grossprojekt «Schilthorn 20XX» bei der Schilthornbahn haben für die Unternehmen nach wie vor Priorität. «Wir rechnen mit einer Entspannung der Lage bis 2021, dann wollen wir mit unseren Angeboten bereit sein», sagte Gsponer.
Leute wollen reisen
Dass es im nächsten Jahr wieder bergaufgeht mit dem Schweizer Bergtourimus glauben auch die anderen Referenten des Branchentalks. Im Frühling hätten noch viele Experten gesagt, es werde nicht mehr wie früher, sagte Christoph Egger von der Schilthornbahn. «Doch wir sind guten Mutes, dass in den nächsten Jahre eine Rückkehr in eine neue Normalität möglich ist.»
Man habe im Sommer nach den rückläufigen Fallzahlen beobachten können, wie sich die Leute wieder wie in alten Zeiten verhalten hätten. «Sobald ein Impfstoff gefunden ist, dürften sich die Reisemärkte wieder stabilisieren.» Sobald die Flugverbindungen wieder ein normales Niveau erreichten, sei man im Schweizer Bergtourismus für Gäste bereit. (awp/sda)