Mobilität und Begegnung von Menschen – beides ist in Zeiten von Corona unerwünscht. Die Tourismusbranche war deshalb als erste von den Einschränkungen betroffen und «wird als eine der letzten wieder geöffnet», wie die beiden HSG-Professoren Christian Laesser und Thomas Bieger im «Report Tourismus Schweiz» schreiben.
Die Menschen wollten zwar reisen. Sie seien aber wegen der gesundheitlichen Risiken und wirtschaftlichen Unsicherheiten tendenziell noch zurückhaltend. Die Schweiz müsse sich vorerst auf den Binnentourismus einstellen. Dieser sei wegen der zurückhaltenden Gäste, kurzfristiger Reiseentscheidungen und kurzer Aufenthalte schwierig zu steuern.
Spontanere und kürzere Reisen
Das Reiseverhalten der inländischen Gäste dürfte dabei auch mit kürzeren Aufenthaltsdauern verbunden sein. So dürften oftmals etwa Wochenenden oder verlängerte Wochenenden genutzt werden, im «Extremfall» könnten viele Gäste auch lediglich Tagesreisen unternehmen. Da viele Gäste finanzielle angeschlagen aus der Krise kommen, dürften günstigere Angebote im Bereich der Parahotellerie sowie Camping profitieren.
Auch bezüglich der gewählten Destinationen werde dies eine Verschiebung bedeuten: Gesucht würden wohl eher abgelegene Gebiete mit generell weniger Menschen als die eigentlichen Tourismus-Hotspots. Gleichzeitig müssen wegen der Pandemie «Events» abgesagt werden, mit denen die Reiseziele in der Vergangenheit normalerweise Gäste anziehen konnten.
Flexible Preissysteme könnten helfen, Spitzenzeiten und -auslastungen auszugleichen. Darüber hinaus könnten lokal und regional gültige Gutscheine mit einem Nennwert, der über dem zu bezahlenden Preis liegt, die Nachfrage ankurbeln, heisst es in der Mitteilung der Universität St. Gallen vom Dienstag.
Unter Druck kommen dürften im Sommer und Herbst wohl besonders die Preise in der städtischen Ferien- und Geschäftshotellerie, so die Autoren. Eine gute Nachfrage und stabile Preise erwarten sie immerhin in der Parahotellerie wie auch in ländlichen Ferienhotels mit hohem Anteil von Schweizer Stammgästen.
Ringförmige Erholung des Tourismus erwartet
Insgesamt erwarten die Tourismus-Fachleute eine «ringförmige» Erholung des Tourismus. Während die Erholung derzeit von der Schweiz aus gehe, dürfte sie ab dem 3. Quartal 2020 auch Europa erfassen. Eine Erholung des Tourismus aus anderen Kontinenten dürfte erst ab dem 2. Quartal 2021 einsetzen.
Insgesamt werde sich der internationale Reiseverkehr erst nach drei Jahren «einigermassen erholt» haben, glauben die Experten der Universität St. Gallen. Die Leute würden aber wieder reisen wollen und auch Geschäftsreisen würden wieder anziehen, wenn auch auf tieferem Niveau.
Auch wenn Reisen dereinst international wieder frei möglich sein würden, müsse aber mit einer Verstärkung der «strukturbedingten Nachteile für die Schweiz» gerechnet werden: Das sind namentlich die starke Währung und die hohen Kosten. Die Krise könnte nun aber auch für Strukturreformen genutzt werden, wie etwa für die Zusammenlegung von Betrieben oder Destinationsgesellschaften. (awp sda)