Das zuständige Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (Unesco) traf die Entscheidung am Mittwoch auf seiner laufenden 44. Sitzung in der chinesischen Stadt Fuzhou. Es ist erst das dritte Mal in der Geschichte der Welterbekonvention von 1972, dass einer Kultur- oder Naturstätte der angesehene Titel entzogen worden ist.
Das Komitee sieht den universellen Wert der Hafenstadt durch zahlreiche Bauprojekte beschädigt. Sechs Orte im historischen Zentrum und dem Hafengebiet Liverpools waren seit 2004 auf der Welterbeliste eingetragen. Sie zeugen von der Entwicklung der Stadt als eines der bedeutendsten Handelszentren der Welt im 18. und 19. Jahrhundert. Liverpool war wegweisend in der Entwicklung moderner Docktechnik, Transportsysteme und des Hafenmanagements. Die Stadt spielte eine grosse Rolle bei der Entwicklung des britischen Weltreichs.
Doch war der Welterbestatus seit 2012 «wegen substanzieller Eingriffe» im Rahmen des Bauprojekts «Liverpool Waters» gefährdet. Am Ende führte Liverpools Verzicht auf Änderungen an der Planung und neue Infrastrukturprojekte im historischen Hafengebiet sowie der bereits genehmigte Bau eines Fussballstadions am Bramley-Moore-Dock zur Aberkennung des Titels, wie die UN-Organisation mitteilte. In einem Unesco-Dokument hiesst es, Liverpool habe längst seinen Charakter verloren, der zur Einstufung als Welterbe geführt habe.
Entgegen ersten Erwartungen wurde dem Wildreservat Selous in Tansania, in dem ein Damm gebaut werden soll, nicht der Status als Welterbe entzogen. Allerdings bleibt es auf der Liste bedrohter Stätten. Zuletzt hatte 2009 das Dresdner Elbtal wegen der Errichtung der Waldschlösschenbrücke den Titel als Welterbe verloren. Die erste Streichung gab es 2007 für Oman wegen der Verkleinerung des Wildschutzgebiets für die seltenen Arabischen Oryx-Antilopen.
Mehr Zeit für Great Barrier Reef?
Australien bemüht sich derweil, eine vom Komitee geplante Aufnahme des vom Klimawandel bedrohten Great Barrier Reefs in die Liste der gefährdeten Naturstätten aufzuschieben, um einen Imageschaden zumindest vorerst abzuwenden. Um die Freitag geplante Entscheidung auf 2023 hinauszuzögern, hat Australien einen Änderungsvorschlag eingebracht, der von 12 der 21 Mitglieder des Komitees unterstützt wird. Die Abstimmung steht noch aus. Auch könnte es Änderungen geben.
Als Folge des Klimawandels ist das Great Barrier Reef vor der Nordostküste Australiens durch warmes Wasser und Korallenbleiche bedroht. Das weltgrösste Riff dehnt sich über mehr als 340 000 Quadratkilometer aus und kann mit blossem Auge vom Weltraum aus gesehen werden. Die Unesco hat das Kohleland Australien eindringlich aufgefordert, Massnahmen gegen den Klimawandel zu treffen. Auch geht es um die Qualität des Wassers. Die langfristigen Aussichten für das Naturwunder hätten sich von «schlecht» zu «sehr schlecht» entwickelt.
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Das Welterbekomitee beschloss auch, den Nationalpark Salonga in der Demokratischen Republik Kongo aus der Liste der gefährdeten Stätten zu nehmen, weil er «dank erfolgreicher Schutzmassnahmen» nicht mehr als bedroht gilt. Salonga ist das grösste Schutzgebiet tropischen Regenwalds in Afrika und Lebensraum vieler bedrohter Arten. Bonobos und Waldelefanten kommen hier ebenso vor wie der Kongo-Pfau.
Salonga war unter anderem wegen Wilderei und Ölförderplänen seit 1999 auf der Roten Liste. Die Demokratische Republik Kongo hat aber zugesichert, künftig kein Erdöl auf dem Gebiet zu fördern. Zugleich fordert das Unesco-Komitee, die Bemühungen zur Bekämpfung der Wilderei fortzusetzen, eine bessere Überwachung sicherzustellen und die lokale Bevölkerung stärker in das Management einzubeziehen.
Das Welterbekomitee tagt noch bis zum 31. Juli online und vor Ort. Es setzt sich aus 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammen. Es entscheidet in der Regel jährlich über die Einschreibung neuer Kultur- und Naturstätten in die Welterbeliste und befasst sich mit dem Zustand eingeschriebener Stätten. Wegen der Pandemie war die Tagung im vergangenen Jahr verschoben worden. Auf der Welterbeliste stehen aktuell 1120 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern. 51 davon gelten als bedroht. (sda/dp/npa)