Stoff für die Inszenierung liefert die dramatische Erstbesteigung von 1865 gleich selber. Es geht um Leben und Tod, Konkurrenz und Rache, Herren und arme Bauern, Glaube und Aberglaube.

Im Juli 1865 war der Kampf um die Erstbesteigung des Matterhorns voll entbrannt. Der Engländer Edward Whymper sah sich durch seinen italienischen Bergführer düpiert, der ohne den Engländer aufgebrochen war.

Whymper reist nach Zermatt und schliesst sich einer grossen Seilschaft an mit Engländern und einheimischen Führern. Die Engländer kommen als erste auf den Gipfel, doch beim Abstieg reisst das Seil und von der siebenköpfigen Seilschaft kommen nur noch Whymper und die beiden Walliser Führer, Vater und Sohn Taugwalder, heim.

Sofort beginnt die Suche nach einem Schuldigen. Whymper beschuldigt die Führer Taugwalder – diese weisen die Anschuldigungen zurück. Eine jahrelange, zermürbende Angelegenheit.

«Gespürt, wo die Wahrheit liegt»
Autorin und Regisseurin des Freilichttheaters ist die Bernerin Livia Anne Richard, bekannt unter anderem vom Theater auf dem Gurten und den Produktionen Dällebach Kari, Einstein oder Paradies. Am Dienstag vor den Medien in Bern sagte sie: «Ich habe gespürt, wo die Wahrheit liegt».

Der elitäre, eloquente Whymper habe seine Version der Geschichte überall in der Welt verbreitet, die schweigsamen, ungebildeten Taugwalders hätten dies nicht gekonnt. «Ich mache den Versuch, diese einheimischen Bergführer zu rehabilitieren», sagte Richard.

Im Freilichttheater, das am 9. Juli auf dem Gornergrat mit Blick auf das Matterhorn Premiere feiert, spielen Laien- und Profischauspieler gemeinsam. Die beiden Führer, Vater und Sohn Taugwalder, werden von den Ururenkeln der realen Protagonisten verkörpert.

Für sie ist es eine Herausforderung und spannend, etwas Neues zu entdecken, wie beide sagten. Wichtig sei ihnen auch, dass die Geschichte in einem etwas anderen Licht dargestellt werde.

Das Freilichttheater ist nicht der einzige Anlass, mit dem im Sommer in Zermatt und auf der italienischen Seite der Erstbesteigung gedacht wird.

Am Tag der Erstbesteigung selber hingegen soll der Berg Ruhe haben, wie der Zermatter Kurdirektor Daniel Luggen sagte. Dann wolle man der dramatischen Ereignisse vor 150 Jahren gedenken und der mittlerweile rund 500 Toten, die der Berg auf Schweizer Seite im Lauf der Jahre gefordert habe. (sda/npa)