Eine Delle wird die Schweizer Wirtschaft aber mit Sicherheit erfahren, darin sind sich Experten einig. Das Wachstum der Schweizer Wirtschaft werde definitiv negativ beeinflusst werden, erklärt etwa Thomas Stucki von der St. Galler Kantonalbank. Denn die Ausbreitung der Corona-Epidemie weit über China hinaus bedroht die internationalen Produktions- und Lieferketten, die sich im Zuge der Globalisierung gebildet haben. Auf der Nachfrageseite führt die Krise zu einer Konsum- und Investitionszurückhaltung.
Auch andere direkt betroffene Länder die wirtschaftlichen werden die Folgen des Virus zu spüren bekommen. «Länder wie China, Italien oder Südkorea werden eine Schrumpfung ihrer Wirtschaftsleistung erleben», prognostiziert der Pictet-Chefstratege Anastassios Frangulidis. «Für ein exportorientiertes Land wie die Schweiz sind dies keine guten Nachrichten.»
Messe-Absagen schlecht fü Hotellerie und Gastronomie
Zudem gilt es die direkten Folgen der Krise in der Schweiz zu beachten. So setzt etwa die Absage von wichtigen Messen wie dem Genfer Autosalon oder Baselworld der Wirtschaft ebenfalls zu. Davon betroffen sind dann nicht nur die Messebetreiber und Aussteller, sondern auch Dienstleister wie Gastronomie und Hotellerie.
«Hinzu kommen die Reisebeschränkungen, die den Tourismussektor noch weiter belasten», ergänzt der Ökonom Gianluigi Mandruzzato vom Vermögensverwalter EFG Asset.
V- oder U-förmige Erholung?
In der Regel spricht man dann von einer «Rezession», wenn die Wirtschaftsleistung, also das Bruttoinlandsprodukt (BIP), in zwei aufeinander folgenden Quartalen schrumpft. Die erste Frage ist also, wie schnell die Krise abgeschüttelt werden kann.
Derzeit gehen viele Ökonomen noch davon aus, dass es zu einem sogenannt «V-förmigen» Erholungsszenario kommt, sich die Wirtschaft also nach der Delle schnell wieder erholt. «Sollte allerdings das V-förmige Erholungsszenario in ein U-förmiges übergehen, wären Rezessionsängste gerechtfertigt», meint der ZKB-Chefstratege Manuel Ferreira. «Ein negatives Wachstum im ersten und/oder zweiten Quartal ist möglich», schliesst sich Thomas Stucki von der SGKB an.
Impfstoff wäre die beste Lösung
Bleibt die andere Frage, wie stark die Bremsspuren ausfallen werden. Die Ökonomen von BAK Economics und der Credit Suisse haben ihre BIP-Prognosen für die Schweiz wegen der Folgen des Coronavirus jedenfalls schon einmal gesenkt, Economiesuisse hat Ähnliches in Aussicht gestellt. Weitere Experten dürften nicht lange auf sich warten lassen.
Am Ende hängt aber alles davon ab, wie schnell die Ausbreitung des Virus eingedämmt werden kann. In dieser Kernaussage sind sich die Experten einig. Auf den Punkt bringt es der Chefökonom der Grossbank ING in Deutschland, Carsten Brzeski: «Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde ein Impfstoff definitiv mehr helfen als eine weitere Zinssenkung.» Denn Notenbanken können den Virus an sich nicht heilen.
Brzeski reagierte damit auf den Zinsschritt der US-Notenbank Fed von dieser Woche. Diese hatte am Dienstag überraschend ihren Leitzins gesenkt, um so den drohenden wirtschaftlichen Folgen des Virus entgegenzuwirken. Natürlich rücken damit auch die EZB und SNB ins Rampenlicht. Da aber sowohl in der Schweiz als auch in der EU die Zinsen bereits negativ sind, dürften Christine Lagarde und Thomas Jordan deutlich weniger Spielraum haben als Jerome Powell in den USA. (awp sda)