«Mir wird nie langweilig. Alle fünf Wochen ändert sich mein Rhythmus, da wieder ein neuer Fachkurs mit anderen Lernenden beginnt. Dabei kann ich den Unterricht so gestalten, dass er möglichst sinnvoll und lehrreich ist. Im Schulhotel Regina trennen wir die überbetrieblichen Kurse nicht vom Schulunterricht – Theorie und Praxis werden kombiniert. Das ist ein grosses Plus. Auch wenn ich seit 37 Jahren unterrichte, erfüllt mich mein Beruf heute noch genauso wie am Anfang. [RELATED]

Die Hauswirtschaft ist viel mehr als einfach nur Reinigung. Wir decken die Wäscherei ab, die Lingerie, den Frühstücksservice, die Grundlagen der Rezeption, den Umgang mit Mitarbeitenden und die Mitarbeiterführung. Es ist eine gute Grundausbildung und öffnet den Weg in viele Richtungen. Ich bin das beste Beispiel dafür: Ursprünglich lernte ich Hotelfachassistentin. Ich habe aber nie aufgehört, mich weiterzubilden, bis ich Berufsschullehrerin wurde.

Seit 1990 unterrichte ich im Schulhotel Regina – ich bin wohl die älteste Bewohnerin in diesem ehrenwerten Haus. Denn wie die Schülerinnen und Schüler wohne ich hier und fahre nur am Wochenende nach Hause. Seit Beginn miete ich dasselbe Zimmer mit einer wunderschönen Aussicht. Ich fühle mich sehr wohl hier. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen pendeln lieber, doch während sie Zeit im Zug oder Auto verbringen, bereite ich den Unterricht vor, gehe an den See oder spazieren. Und ich bekomme das Leben an der Schule mit, das Miteinander. In einer Gemeinschaft zu leben finde ich spannend. Ich bekomme viel mit, aber mich hat das nie gestört. Genau dieses Zusammenleben ist für die Entwicklung der Jugendlichen so wertvoll.

Nebst dem Schulstoff lernen sie viel fürs Leben. Einige müssen das erste Mal ein Zimmer mit einer oder mehreren Personen teilen. Sie lernen Sozialkompetenz, den Umgang miteinander, testen Grenzen aus, teilen Erfahrungen – die Zeit im Schulhotel öffnet ihren Horizont. Das prägt die Jugendlichen. Ich bin der Stiftung 
Tschumi sehr dankbar, dass sie dies als Eigentümerin der Liegenschaft ermöglicht und sich für die Bildung einsetzt. Denn ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen. Die Lernenden auf ihrem Werdegang zu begleiten, empfinde ich als Geschenk. Es ist schön zu sehen, wenn sie ihren ganz eigenen Weg finden.»

Julie Freudiger