An der Spitze eines vierköpfigen Forschungstrupps ist der aus Triest stammende Paolo Rumiz losgezogen, um zu Fuss von Anfang bis zum Ende die 540 Kilometer lange Strasse wieder zu entdecken, die in Römerzeiten Soldaten, Händler und später Kreuzritter und Pilger beschritten, um von Rom nach Süditalien und von dort zum Herzen des Mittelmeers zu gelangen.
29 Tage dauerte der Marsch, insgesamt eine Million Schritte. Sein Abenteuer auf den Spuren von Horaz und dem Heiligen Petrus, der Langobarden, Sarazenen und Normannen beschreibt Rumiz in seinem Werk «Via Appia – Auf der Suche nach einer verlorenen Strasse», das am Dienstag im Folio-Verlag auf deutsch erscheint.
Während ihrer Reise haben Rumiz, seine Lebensgefährtin Irene Zambon und zwei weitere Freunde die Trasse der «Mutter aller Strassen Europas» in ihrem ganzen Verlauf nachgezeichnet, die in den Jahrhunderten zuvor demoliert, verwahrlost und vergessen worden ist. «Wir haben die Via Appia von den Spinnweben befreit, unter denen sie begraben war. Jetzt gibt es die grosse Strasse wieder, sie ist sichtbar», berichtet Rumiz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA in Rom.
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Viel älter als der Jakobsweg
Die erste Strasse Roms ist an einigen Stellen mit Parkplätzen und Supermärkten zugepflastert, sie versteckt sich zwischen Feldern, Steinbrüchen und Stahlwerken, sie trägt inzwischen unterschiedliche Namen. Dort, wo die antike Trasse nicht durch die moderne Strasse überbaut ist, ist oft noch die antike Pflasterung erhalten oder ausgegraben. Die Via Appia war in der Antike von Grabmälern, Gutshöfen und Thermen gesäumt.
Rumiz, der schon mit dem Velo von Triest bis Istanbul reiste oder den ganzen Fluss Po mit dem Boot befahren hat, spürte die Lust, eine lange Reise zu Fuss zu unternehmen. «Die Via Appia, die 1000 Jahre älter als der Jakobsweg ist, hat mich schon seit meiner Schulzeit fasziniert. Sie ist eine Strasse der Soldaten, der Handelsleute, aber auch der Pilger, der Geistlichen und der Kultur. Vom Hafen Brindisi aus sind das orientalische Gedankengut und das Christentum nach Rom gelangt», sagt Rumiz.
Eine Wundertüte für Entdecker
Auf seiner Wanderung von Rom durch Süditalien stiess Rumiz auf antike Villen und überwucherte Baudenkmäler. Er besuchte mittelalterliche Kirchen und Burgen und erlebte viel Gastfreundschaft. «Bis in die 60er-Jahre gab es noch viele Spuren der Via Appia in Süditalien, die dann immer mehr wegen der wilden Zementierung und der Industrialisierung gelöscht wurden». [IMG 4]
Sein Anliegen ist jetzt, dass die Via Appia, dieses «auf skandalöse Weise vernachlässigte Gut Italiens», zu neuem Leben erwacht. «Ich will, dass diese Strasse wieder beschritten wird, das ist mein innigster Wunsch. Dabei hoffe ich stark auf Ausländer, die oft mehr als wir Italiener die Schönheit dieses Landes zu schätzen wissen».
Seit der Veröffentlichung von Rumiz' Buch 2016 haben Menschen begonnen, Wanderungen auf der Via Appia zu unternehmen. «Erst kürzlich habe ich nahe Rom eine Gruppe norwegischer Wanderer getroffen. Sie haben mein Buch gelesen und wollen jetzt ein Drittel der Via Appia gehen», sagt Rumiz.
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Auch die Politik macht mit
Mit seiner Lebensgefährtin hat er eine Ausstellung mit Fotos, Videos und Dokumenten zum Thema «Die wiedergefundene Via Appia» organisiert, die in mehreren Städten entlang der legendären Strasse gezeigt wurde. «Inzwischen ist eine Bewegung entstanden, die sich für die Wiederverwertung der Via Appia als grossem, europäischen Weg einsetzen will», meint Rumiz.
Auch mit dem italienischen Kulturministerium, das 20 Millionen Euro für die Wiederbelebung der antiken Strasse zur Verfügung gestellt hat, arbeitet Rumiz zusammen. «Das Wichtigste ist, dass die Menschen wieder auf dieser Strasse gehen. Es ist unbegreiflich, dass diese Strecke voller verborgener Wunder, viel älter als der Jakobsweg und gewiss abwechslungsreicher, in Vergessenheit geraten konnte», sagt Rumiz. (sda/apa)