Die angepeilte staatliche Rettung des Lufthansa-Konzerns in der Corona-Krise steht weiter auf der Kippe. Der Entscheid hat auch gravierende Folgen für die Rettung der Schweizer Tochter Swiss.
Drei Tage vor der ausserordentlichen Hauptversammlung blieb am Montag die Strategie des neuen Grossaktionärs Heinz Hermann Thiele unklar. Auch in den fortgesetzten Verhandlungen mit den Gewerkschaften um Sparbeiträge der Beschäftigten zeichnete sich zunächst keine Einigung ab. Laut Berichten mehrerer Medien wollten in Berlin die Bundesminister Olaf Scholz (Finanzen) und Peter Altmaier (Wirtschaft) mit dem Lufthansa-Grossaktionär Heinz Hermann Thiele und Vorstandschef Carsten Spohr zusammenkommen.
Grossaktionär mit Macht
Der 79 Jahre alte Milliardär und Industrielle Thiele hatte sich in den vergangenen Monaten mehr als 15 Prozent der Lufthansa-Aktien gesichert und anschliessend den angepeilten Staatseinfluss kritisiert. Da laut Spohr weniger als 38 Prozent der Stimmrechte bei der Hauptversammlung am Donnerstag vertreten sein werden, könnte Thiele allein die notwendige Zweidrittel-Mehrheit für den Staatseinstieg verhindern.
Das Unternehmen hat sich nach Spohrs Worten bereits auf das mögliche Scheitern des Rettungsplans vorbereitet. Man habe umfangreiche Vorbereitungen getroffen, um einen abrupten Stopp des Flugbetriebs zu verhindern, hatte er am Wochenende seiner Belegschaft schriftlich versichert. In der verbleibenden Zeit bis zur Anmeldung einer Insolvenz würde man dann mit der Bundesregierung weitere Optionen besprechen.
Die Gewerkschaft Verdi warnte vor einer Ablehnung des Rettungspakets. Der Lufthansa drohe in diesem Fall ein Insolvenzverfahren, erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle.
Milliarden für die Fluggesellschaften
Der neun Milliarden Euro umfassende Rettungsplan für die Lufthansa sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro geplant. Im Gegenzug für die Hilfe muss die Lufthansa 24 Start- und Landerechte an ihren wichtigen Flughäfen in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben.
Im Falle einer Ablehnung würde auch die Swiss vorerst keine staatliche Hilfe erhalten. Anfang Mai hatte das Parlament Staatshilfen in Höhe von 1,275 Milliarden Franken für die Fluggesellschaft zusammen mit ihrer Schwester Edelweiss bewilligt. Diese können sich damit Kredite von 1,5 Milliarden Franken bei den Banken besorgen.
Kampf gegen Stellenabbau
Bei der Lufthansa ging derweil auch das Ringen um Einsparungen beim Personal weiter. Unternehmen sowie Vertreter der Gewerkschaften bestätigten am Montag nur die Fortsetzung der Verhandlungen, wollten aber keinen Zeitpunkt für eine mögliche Einigung mehr nennen. Ursprünglich war dieser Montag als Termin avisiert worden.
Die von der Corona-Krise hart getroffene Lufthansa hat wegen der dauerhaft geringeren Nachfrage den weltweiten Personalüberhang auf 22'000 Stellen beziffert. Davon entfallen rund 11'000 Stellen auf Deutschland. Bei den Verhandlungen sollen nun Massnahmen vereinbart werden, um möglichst viele Mitarbeiter an Bord zu halten. Das sind zum Beispiel ausgeweitete Teilzeitmodelle und der Verzicht auf Gehaltssteigerungen und Zulagen. (awp sda dpa)