Damit ist fast ein Fünftel der Flotte von Lufthansa mit ihren Töchtern Swiss, Eurowings, Brussels und Austrian Airlines vorübergehend aus dem Verkehr gezogen. «Wir passen den Flugplan dynamisch den ausserordentlichen Umständen an», sagte der Sprecher.
Noch stünden erst wenige Jets am Boden, etwa bei vorgezogenen Wartungsintervallen. In den kommenden Wochen würden aber immer mehr Flugzeuge aus dem Dienst genommen, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Bei der Konzerntochter Swiss betrifft die Reduktion der Flugaktivitäten ab Zürich und Genf das gesamte Kurz- und Mittelstreckennetz sowie auf der Langstrecke die Ziele Tokio, Osaka und Singapur.
Die drei Langstreckenziele nach Fernost werden nun um je zwei wöchentliche Frequenzen reduziert. Beim Kurz- und Mittelstreckennetz werde dagegen der Flugplan über das gesamte Streckennetz ausgedünnt, erklärte eine Swiss-Sprecherin auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Damit will die Swiss der gesunkenen Nachfrage Rechnung tragen.
Keine Swiss-Flieger am Boden
Es stünden aber mit einer Ausnahme keine Flugzeuge am Boden, sagte die Sprecherin. Die Flugzeuge würden dynamisch eingesetzt. Damit seien die Abständen zwischen den Flügen grösser. Lediglich eine Boeing 777 sei nicht im Dienst. Diese werde als Reserve genutzt, wenn die Swiss beispielsweise Wartungsarbeiten vorziehe.
Die Anpassungen am Kurz- und Mittelstreckennetz gelten laut der Mitteilung bis zum 28. März, diejenigen auf der Langstrecke bis zum 24. April. Insgesamt seien damit die Kapazitäten wegen des Coronavirus auf der Kurzstrecke um rund 20 Prozent gegenüber der Planung reduziert. Auf der Langstrecke sind es laut der Mitteilung rund 10 Prozent.
Viele Stornierungen
Mit der Kapazitätsverringerung setze der Lufthansa-Konzern die schon bekannt gegebenen Flugstreichungen um. Es seien noch weitere Stornierungen seither hinzugekommen. Wie stark die Buchungen eingebrochen sind, wollte der Lufthansa-Sprecher mit Verweis auf die Bilanzmedienkonferenz am 19. März nicht sagen. Dann soll auch über die absehbare Ergebnisbelastung informiert werden. Die Luftfahrt weltweit befürchtet hohe Einbussen durch die Virusepidemie.
Zuletzt musste die Lufthansa noch mehr Asien-Verbindungen über die zum Festland von China hinaus sowie bis zu 25 Prozent der Kurz- und Mittelstrecken-Flüge in Europa streichen. Flüge nach Festland-China wurden bis 24. April ausgesetzt.
Die Epidemie breitet sich seit der zweiten Februar-Hälfte immer schneller in Europa aus. Unternehmen streichen Dienstreisen, deshalb dünnt die Kranich-Airline auch den innerdeutschen Flugplan im März aus. Viele Urlauber mit Reiseziel Italien, das am stärksten in Europa mit der Krankheitswelle kämpft, bleiben lieber zu Hause oder zögern mit Buchungen. Die Billigflugtochter Eurowings bedient Ziele in Norditalien bis 8. März weniger.
Sparpaket geschnürt
Die Lufthansa hat deshalb schon ein Sparpaket auf den Weg gebracht. Die Personalkosten sollen durch Teilzeit und unbezahlte Freistellung angepasst werden. Verwaltungs- und Sachkosten werden gesenkt.
Sorgen bereitet den Airlines auch die Frage, ob die Krise als «aussergewöhnlicher Umstand» zu bewerten ist. Falls nicht, müssten sie neben den nicht aufholbaren Umsatzverlusten auch noch Passagiere entschädigen, die bereits frühzeitig ein Ticket gebucht hatten.
Ziemlich sicher werden Fluggast-Portale diese Frage auch vor den Gerichten ausfechten, wie beispielsweise Lars Watermann von EUflight.de klargemacht hat. Er sieht die Flugplanstreichungen eindeutig als betriebswirtschaftliche Entscheidung der Airlines, die folglich zahlen müssten.
Milliardenschaden für Branche
Der internationale Airline-Verband Iata schätzte den Umsatzverlust noch vor der Eskalation der Krise in Italien auf rund 30 Milliarden Dollar. Der Konkurrent Air France/KLM rechnet wegen des Virus mit bis zu 200 Millionen Euro Gewinneinbusse im laufenden Geschäftsjahr. Den kompletten Überblick zu den wirtschaftlichen Folgen hat die Branche noch nicht. Es ist aber längst klar, dass das Coronavirus härtere Konsequenzen haben wird als die Sars-Epidemie im Jahr 2003 oder der aschereiche Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull sieben Jahre später.
Die Iata konnte am Mittwoch erste Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs mit den weltweiten Passagierzahlen für den Januar belegen. Danach wuchs die globale Nachfrage nach Passagierflügen zwar noch um 2,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die ersten massiven Eingriffe in den Flugverkehr nach China ab dem 23. Januar genügten aber, das nahezu schwächste Wachstum seit fast zehn Jahren zu zeigen.
Die bange Frage lautet längst, wie lange die Krise anhält und wie schnell sich anschliessend die Nachfrage erholen wird. Der Chef des Billigfliegers Ryanair, Michael O'Leary, gehört wohl noch zu den Optimisten, die im Sommer bei den Konsumenten eine gewisse Gewöhnung erwarten. Im Juni und Juli werde das «Paniklevel» sinken, vermutet der irische Lautsprecher der Branche. (awp sda reu dpa)