Die Generalversammlung der Niesenbahn AG vom vergangenen Montag dauerte nur eine knappe halbe Stunde und fand ohne Aktionärinnen und Aktionäre statt. Aufgrund der Coronavirus-Massnahmen war es dem Verwaltungsrat vergönnt Gäste zu begrüssen. Entsprechend war es auch nicht möglich, dem Aktionariat die anspruchsvolle Statutenänderung mit der Reform der 100-jährigen Aktienstruktur zu erläutern. Die rund 850 Aktieninhabenden wurden durch den unabhängigen Stimmrechtsvertreter, Notar Ueli Brunner vertreten.
«Jahrhundertprojekt» kommt zum Abschluss
Wegen einer Gesetzesänderung müssen alle nicht börsenkotierten Aktiengesellschaften ihre Inhaberaktien bis am 1. Mai 2021 in Namenaktien umwandeln. Die Aktienträgerinnen und -träger der Niesenbahn AG wurden an der letzten Generalversammlung vom 18. August 2020 über das Vorhaben orientiert.
[IMG 2]Die Umwandlung der Inhaber- in Namenaktion hat die ordentliche Generalversammlung vom Montag dann bei einer Stimmbeteiligung von rund 60 Prozent mit 90 Prozent Ja (dies entspricht 467 Aktionärsstimmen, resp. 9923 Aktienstimmen) gutgeheissen.
Rechte von 1923 abgeschafft und flexible Dividende
Die Statuten von 2011 wurden vollständig erneuert und dem Zeitgeist angepasst. Nebst der von Gesetzes wegen nötigen Umwandlung von Inhaber- und Namenaktien haben die Aktionärinnen und Aktionäre der Einführung der Einheitsaktie zugestimmt. Damit werden zwei bisherige Rechte der Prioritätsaktionärinnen und -aktionäre von 1923 abgeschafft.
Die Prioritätsaktien wurden bisher mit fünf Prozent Dividende bevorzugt behandelt gegenüber vier Prozent Dividende der Stammaktien. Zudem besassen die Prioritätsaktieninhabenden ein Recht an einem allfälligen Liquidationsergebnis.
Neu ist auch, dass die Generalversammlung die Dividende auf Antrag des Verwaltungsrates flexibel festlegen kann. Mit der Reform bleibt die Anzahl Aktien von 13‘717 unverändert, ebenso der Nennwert von 100 Franken. Aktuell werden die Aktien der Niesenbahn in der Höhe von 600 bis 800 Franken gehandelt. Mit der Erneuerung der Aktienstruktur soll nebst anderen Vorteilen der Handel an der Berner Nebenbörse vereinfacht werden.
Aufwändiger Aktientausch steht bevor
In den nächsten Wochen werden die Aktionärinnen und Aktionäre der Niesenbahn AG über das Umtauschprozedere informiert. Die bisherigen historischen Aktien werden entwertet und in Buchwerte umgetauscht.[IMG 3]
Die kraftlos erklärten Aktien bleiben auf Wunsch im Besitz der Aktioninhabenden. Bis im Herbst 2024 können bisher unbekannte Niesenbahn-Aktien noch registriert werden, anschliessend ist die Umwandlung definitiv und von Gesetzes wegen abgeschlossen.
In den übrigen Traktanden folgten die Aktionäre den Anträgen des Verwaltungsrates. Décharge wurde mit 98,6 Prozent der Stimmen erteilt, was Verwaltungsrat und Geschäftsleitung mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen.
Verwaltungsratspräsident erstmals durch die Versammlung gewählt
Mit Annahme der neuen Statuten hatte die Generalversammlung erstmals in der 110-jährigen Geschichte die Gelegenheit, den Verwaltungsratspräsidenten direkt zu wählen – bisher konstituierte sich der Verwaltungsrat selbst.
Mit 97,9 Prozent der Stimmen wurde Daniel Fischer, seit 2002 im Verwaltungsrat und Präsident der Niesenbahn AG, im Amt bestätigt. Die Wahl der Verwaltungsräte Martin Andres (Vizepräsident), Marc Allenbach, Hans Martin Hadorn und Philipp Näpflin war ebenfalls unbestritten.
Neu sind die Wahlen des Präsidenten und der Verwaltungsräte jährlich vorgesehen. «Mit der jährlichen Wahlmöglichkeit von Verwaltungsrat und Präsident geben wir dem Aktionariat das weit gehende Recht, jedes Jahr direkt seine Zustimmung auszudrücken», so VR-Präsident Daniel Fischer. (htr/npa)