Anfang Sommer dreht sich im Vigilius Mountain Resort alles um Vernatsch. Dann lädt Hausherr Ulrich Ladurner eine internationale Fachjury in sein Hotel oberhalb von Lana bei Meran ein, einen markanten Bau, entworfen vom Südtiroler Architekten Matteo Thun. Zwanzig Mal fand der Vernatsch-Cup nun bereits statt.

Mit seiner Initiative will der Gründer und Präsident der Firma Dr. Schär, eines europaweit führenden Unternehmens für glutenfreie Produkte, der bedrängten Sorte unter die Arme greifen. «Wir brauchen Eigenständiges. Es muss den Charakter der Leute widerspiegeln, und ich finde, dieser Wein tut dies perfekt. Vernatsch ist nicht aufregend, er will sich nicht breitmachen. Einfachheit und Geselligkeit stehen im Vordergrund.»

Ladurners Initiative, mitorchestriert von Weinjournalist Othmar Kiem und Weinhändler Günther Hölzl, konnte den Niedergang des Vernatschs als populären Wein nicht verhindern. Es tönt paradox: Während die Weine fortlaufend besser wurden und heute Südtiroler Produzenten und Kellermeister in den meisten Fällen wieder stolz auf ihren Vernatsch sind, verkleinerte sich allein in den vergangenen zwanzig Jahren die Anbaufläche von 1880 auf 570 Hektaren, was bedeutet, dass der Anteil des Vernatschs an der gesamten Weinbau­fläche Südtirols von einem Drittel auf zehn Prozent eingebrochen ist.

Erzeuger von weissen Sorten in Spitzenlagen erhalten pro Kilo Weissburgunder oder Sauvignon blanc oft doppelt so viel wie für Vernatsch.

Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig, ein wesentlicher Faktor sind die Traubenpreise. Erzeuger von weissen Sorten in Spitzenlagen erhalten pro Kilo Weissburgunder oder Sauvignon blanc oft doppelt so viel wie für Vernatsch. Infolge der massiven Verkleinerung der Anbaufläche wird die Sorte heute fast ausschliesslich in den für sie am besten geeigneten Lagen kultiviert. Damit die grossen Trauben frei hängen können, wird beim Vernatsch an der traditionellen Erziehung auf dem Pergelgerüst festgehalten. Das Laubdach bietet Schutz vor Sonnenbrand und leichtem Hagel.

Während bei vielen Weintypen Ansehen und Preis steigen, je mehr in sie hinein-gepackt wird, ist es beim Vernatsch anders: Je puristischer er gekeltert ist, umso leichter lässt er sich trinken und findet so Anklang. Bei Tisch ist er auch eine valable Alternative zu Weisswein.


Kostproben

Je nachdem, aus welcher Anbauzone ein Vernatsch stammt, zeigt er einen leicht anderen Charakter. Meraner gilt als zartfruchtig und von guter Säure getragen, Vernatsch vom Kalterersee schmeckt mild, ist gerbstoffarm und zeigt oft einen feinen Mandelton. Weine aus Bozen, St. Magdalener etwa, sind kräftig und füllig, was sie auch einem Anteil Lagrein verdanken. In der Regel schmeckt Vernatsch in den ersten paar Jahren nach der Ernte am besten. Kühl und im mittelgrossen Glas serviert ist ideal.

 

[IMG 2] Chic

Meraner Graf Schickenburg 2022, Südtirol DOC

75 cl – 17.50 Franken, PUR Alps, St. Moritz


[IMG 3] Prachtskerl

Der Keil 2021, Manincor, Kaltern

75 cl – 22 Franken, Hofer Wine & Spirits, Zürich


[IMG 4] Reife Klasse

St. Magdalener Classico 2020, Ansitz Waldgries, Bozen

75 cl – 18.50 Franken, Dani Matter Weine, Samedan