Als Michaela und Heinz Wehrle sowie Rustom Vickers von Horwath HTL die Publikation «Hotels & Hotelketten in der Schweiz 2021» zusammenstellten, fragten sie sich, wie sie die Daten von 2020 am besten interpretieren sollten. Die ganze Welt steckt immer noch mitten in der Pandemie, verschiedene europäische Länder sind im zigten Lockdown, die Impfstrategie zeigt sich vielerorts als mangelhaft. «Wir betrachten die im Report präsentierten Daten als Bestandsaufnahme der Situation Ende 2020», schreiben die Verfasserin und die Verfasser in der Einleitung zum Report. «Es wird sich erst in Zukunft zeigen, welche Auswirkungen die Pandemie langfristig auf die Beherbergungsbranche hat», ziehen sie Bilanz. Ihr kürzlich veröffentlichter Report entsteht jeweils in Zusammenarbeit mit HotellerieSuisse.

Im vergangenen Corona-Jahr zeigte sich der Schweizer Hotelmarkt im europäischen Vergleich am widerstandsfähigsten. Während Europa mit einem noch nie da gewesenen Einbruch des Logiserlöses pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) von über 70 Prozent aufgrund teils rigider Lockdowns und geschlossener Grenzen zu kämpfen hatte, pendelten sich die Einbussen in der Schweiz auf 59 Prozent ein. Diese Resilienz geht laut den Autoren des Reports hauptsächlich auf einen exzellenten Sommer in den Schweizer Bergdestinationen zurück, die von relativ entspannten Covid-19-Restriktionen und offenen Grenzen zu den Nachbarländern profitieren konnten.

Doch auch die Stadthotellerie, die insgesamt stark unter der Corona-Pandemie litt, kam im europäischen Vergleich noch glimpflich davon. Zürich und Genf waren in der oberen Hälfte der 35 wichtigsten europäischen Städtedestinationen angesiedelt, was den RevPAR anbelangte. Dabei mussten Zürich und Genf, die von den Schweizer Städten am stärksten vom internationalen Tourismus leben, einen Rückgang von 65 bis 71 Prozent verkraften. Im Gegensatz zur Stadthotellerie war die Nachfrage in einigen Regionen zeitweise grösser als das Angebot. So gehörte etwa Disentis zu den grössten Gewinnern der Corona-Krise und verzeichnete 60 Prozent mehr Ankünfte. Daneben wiesen auch Leytron VS, Gambarogno TI und Flims-Laax GR hohe Belegungen aus und gewannen zudem an internationaler Bedeutung.

Zwölf Kettenhotels kamen dazu, zehn verschwanden vom Markt
Obwohl 2020 ein insgesamt miserables Jahr für die Schweizer Hotels war, verzeichnete die Kettenhotellerie auch im letzten Jahr ein Wachstum, wenn auch auf sehr tiefem Niveau. Die Schweiz zählt mittlerweile 320 Kettenhotels – zwei mehr als noch 2019. Das Wachstum ist Neueröffnungen von internationalen Hotelketten zuzuschreiben. Zwölf internationale Kettenhotels gingen im Jahr 2020 an den Start. Zwei Drittel des Rückgangs an nationalen Kettenhotels ist darauf zurückzuführen, dass zwei heimische Ketten unter die von Horwath HTL vorgegebene Mindestzahl von fünf Betrieben und somit aus dem Ranking gefallen sind.

Die mit Abstand grösste Hotelkette ist immer noch Accor mit 73 Hotels und total 9211 Zimmern. Die ebenfalls international operierende Hotelkette Marriott rangiert mit 17 Hotels auf dem zweiten Platz, weist aber mit 2576 Zimmern nur gerade ein knappes Viertel des Marktführers aus. IHG ist im Vergleich zu 2019 vom zweiten auf den dritten Platz gerutscht und bietet zwölf Hotels sowie 2307 Zimmer.

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Die Entwicklung von neuen Brands stand ebenfalls unter dem Einfluss der Pandemie. Die Schweiz zählt mittlerweile 83 Marken – drei mehr als noch im Jahr 2019. So lancierte der Liechtensteiner Hotelbetreiber B_smart Selection seinen neuen Brand Flexymotel. Zudem ging das erste Prizeotel in Bern an den Start – der erste Standort in der Schweiz. Der heimische White-Label-Operator SV Hotels entwickelte seinen ersten eigenen Brand Stay Kooook – ein Serviced Apartment Concept – und eröffnete in Bern das erste Haus mit neuem Konzept. Bei der Marktdurchdringung bleibt die Anordnung bei den Spitzenplätzen ebenfalls unverändert. Genf behauptet mit 72 Prozent (zu 57 Prozent im Vorjahr) seine Vormachtstellung, Zürich verteidigt mit 55 Prozent (zu 52 Prozent im Vorjahr) den letztjährigen zweiten Platz. Basel belegt mit 53 Prozent den dritten Platz (zu 46 Prozent im Vorjahr).

Es wird sich zeigen, wie Investoren auf die Krise reagieren
Genf ist auch bei den geplanten Neueröffnungen führend. Hier sind acht Hotels mit 1430 Zimmern vorgesehen. In Zürich und Region sollen sieben Kettenhotels mit 1362 Zimmern entstehen. In der Region Bern sind fünf Hotels mit 558 Zimmern und in der Region Basel drei Häuser mit 469 Zimmern kurz vorm Start. Schweizweit befinden sich 37 Hotels mit rund 5 199 Zimmern in der Pipeline, die zwischen 2021 bis 2023 eröffnen sollten.

Wie die Corona-Krise die Investoren in ihrem Verhalten beeinflussen wird, lässt der Report offen. Deren bevorzugteste Objekte waren bis anhin Stadthotels. Gemäss den Verfassern wird es sich weisen, wie die Investoren ihre Strategie anpassen werden.

Die komplette Studie unter: https://bit.ly/3t4IImT

Bernadette Bissig